ABBAs „Waterloo“ jetzt in Ultra 4K! Und Måneskin sind „kinky ABBA“

Ach Twitter! In Deutschlands Social-Media-Kosmos eher unterrepräsentiert, bekräftigt Twitter immer wieder seine Fähigkeit als Verstärker von News, die nicht wirklich welche sind. Das gilt sogar für ABBA. Die Wiederveröffentlichung in 4K ihres ESC-Siegertitels 1974 aus Brighton „Waterloo“ hat in diesen Wochen die ABBA-Community via Twitter in eine neuerliche Euphorie versetzt. Mehr braucht es nicht.

4K-restauriert ist nicht nur der klassische Videoclip sondern auch der legendäre Breakthrough-Auftritt beim ESC 1974 im wunderschönen Seeort Brighton.

ABBA 1974 in Brighton jetzt auch in 4K

Auf Twitter hat auch der zweite aktuelle ABBA-Trend seinen Ursprung, den heißesten und kommerziell erfolgreichsten ESC-Act des neuen Jahrtausends, Måneskin, in die unmittelbare Erbfolge von ABBA zu stellen:

Die „Bildredaktion“ des Tweets ist wirklich überzeugend. In Kombi mit diesen Bildmotiven aus 2021 vs. 1976 wirken Måneskin tatsächlich wie eine „kinky rock version of ABBA“. Mal ganz abgesehen davon, dass die Wortwahl „kinky“ (in der Tradition von „camp“ eine der schönsten und am meisten unterschätzten englischen Vokabeln) brilliant ist: einige Gemeinsamkeiten gibt es ja tatsächlich: Beide Bands sind ESC-Sieger, beiden Bands hat der ESC zum internationalen Durchbruch verholfen, bei beiden Bands spielt die Optik (angefangen von den Posen bis zu den Klamotten) eine entscheidende Rolle, beide Bands haben skandinavische Wurzeln. Vor allem ist es aber schön, dass ABBA einmal mehr als Echtzeit-Referenz in der ESC-Bubble hochgejazzt werden.

ABBA goes Insta, Twitter, TikTok. Alba Wilczek hat sich in einem Kommentar zum „ABBA Hype auf TikTok“ auf Bayern2 mit der Durchschlagskraft von ABBA auf TikTok auseinandergesetzt (auf ich die hier bereits hingewiesen hatte):

„Ich sitze am Handy und scrolle durch TikTok. Jedes fünfte Video: Irgendwas mit ABBA. Ja, richtig. Wie so viele andere Generationen vor ihr, hat nun auch die Generation Social Media, die Gen Z die vier Schwed:innen für sich entdeckt. Gefühlt waren ABBA ja nie weg (…) Einmal das Schlagwort bei Instagram oder eben TikTok reingeworfen und da sind sie schon: Die Fan-Seiten, die Memes, die Reanactements. (…)

Mit ihrem Lebenswerk haben ABBA etwas geschafft, das Gold wert ist: Eine generationsübergreifende Einigkeit guter Laune. (…) In Zeiten von Pandemie, von Umweltkatastrophen und Homofeindlichkeit mitten in der EU. Da ist diese bunte, fröhliche und vor allem unanfechtbare Band das Beste, was uns wohl momentan passieren konnte. Wir brauchen ABBA.“

Alba W. zitiert auch einen aktuellen TikTok-Comment, der in jedem Jahr seit 1974 Gültigkeit besitzt: „ABBA made me feel normal aus a gay person.“

Und die „Völkerverständigung“ via ABBA funktioniert international – auf fünf Kontinenten. Die Olympiade in Tokio hat in der globalen Erinnerung auch wieder Kylies Adaption von „Dancing Queen“ bei der Schlussfeier der olympischen Spiele in Sydney hervorgeholt. Auch Miley Cyrus hat den Song gerade bei ihrem diesjährigen Pride-Concert „Stand by you“ gecovert.

„Dancing Queen“ ist bislang die einzige No. One von ABBA in den USA, aber wer weiß, was noch kommt, bekanntlich haben Björn und Benny neue Songs angekündigt. Tatsächlich sind ABBA in den USA heute populärer als in ihrer aktiven Zeit in den 70er-Jahren. Der Grund dafür sind die beiden erfolgreichen Filmadaptionen des „Mamma Mia“ Musicals mit (u.a.) Meryl Streep und Cher.

Es ist nicht so, dass ABBA nicht schon in den 70ern richtig Gas gegeben hätten, den Durchbruch in den USA zu schaffen. Hätte es den Begriff „Promo“ nicht auch schon Mitte der 70er-Jahre gegeben, er wäre für ABBA erfunden worden. ABBAs USA-TV-Gigs in dieser Zeit sind für mich der Anlass, zum Abschluss des Social-Media-Hype-Beitrags eine Zeitreise in die Jahre 1977/1978 zu wagen.

 

Mit Abstand erfolgreichste Sängerin dieser Jahre war Olivia Newton-John (ESC UK 1974). In Ihrem US-TV-Special aus 1978 namens „Olivia“ waren ABBA zu Gast, und dabei ist dieses Hit-Medley entstanden, in dem Olivia, ABBA und Andy Gibb (der zu dieser Zeit erfolgreichste Sänger in den USA) ihre jeweils größten Hits gemeinsam gesungen haben.

Es ist ein überaus genialer Schachzug der Produzenten von ABC, die beiden erfolgreichsten US-Solisten aus dieser Zeit und Europas populärste Band in einer Show zu versammeln. Ich weiß nicht, wie der Clip auf diejenigen wirkt, die – anders als der Autor dieser Zeiten – diese Zeit nicht als Teenager erlebt haben? Sagt es mir. Zu viel „old school“?

Bei mir erzeugt der Clip die vielzitierten Gefühle bis zum Anschlag. Speziell Andy Gibb (der jüngere Bruder der Bee Gees) war zu dieser Zeit ganz großes Kino. Nie zuvor und nie danach hat jemand mit seinen ersten drei Singles in Folge die Spitze der US-Charts erreicht.

Die europäischen Charts wurden in den 70ern aus dem UK geprägt (gilt ein wenig ja auch für den damaligen „Grand Prix“), aber ich verbinde persönlich genauso viel mit den US-Hits dieser musikalisch großartigen Zeit. Andy Gibb ist ein exzellentes Beispiel, dazu kommen die Schnulzen von David Soul (Hutch aus der quotenstarken TV-Serie „Starsky & Hutch), dann „Undercover Angel“, „Don’t leave me this way“, „Don’t go breaking my heart“ oder das geniale „Right back where we started from“ (auch letzerer Track erlebt gerade ein TikTok-Revival).

Aber der größte Popsong jenseits von ABBA aus 77/78 ist definitiv Chrystal Gayles Grammy-prämierter Titel „Don’t it make my brown eyes blue“, der in diesem Clip übrigens von Andy Gibb angesagt wird. „brown eyes blue“ ist von dem US Songwriter ud Songverleger-Verband ASCAP (die US GEMA sozusagen) zu einem der zehn meistgecoverten und meistaufgeführten Songs der 20. Jahrhunderts ausgezeichnet wurde. Gecovert haben „brown eyes blue“ auch diverse Künstler mit ESC Bezug, die deutsche Version kommt übrigens von Mireille Matthieu.

Damit sei diese ABBA-influenced Zeitreise harmonisch abgeschlossen. Es wird sicher nicht das letzte ABBA-Stück in diesem Jahr sein, warten wir doch fieberhaft auf Neuigkeiten zur Veröffentlichung der „Schubladensongs“ von Björn und Benny.


Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

15 Comments
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
murzel2003
Mitglied
murzel2003
2 Jahre zuvor

Was ist tiefer ? Der Marianengraben oder das diesjährige Sommerloch ?

Thomas O.
Thomas O.
2 Jahre zuvor
Reply to  murzel2003

Eher das Niveau dieses Kommentars 😀
Auf diesem Blog kann es niemals genug Artikel zu ABBA oder neuerdings Maneskin geben

chris
chris
2 Jahre zuvor

Mir ist lieber, dass die Gen Z ABBA wiederentdeckt, anstatt den Bubble Tea. Was soll das auch?

Gaby
Gaby
2 Jahre zuvor
Reply to  chris

Ist auf jeden Fall gesünder als Bubble Tea.😆

escfan05
escfan05
2 Jahre zuvor
Reply to  Gaby

Und ich dachte immer Bubble Tea wäre gesund, weil es halt ein Tee ist.

Gaby
Gaby
2 Jahre zuvor
Reply to  Gaby

Also, dieses Getränk war vor einiger Zeit schon mal in Mode, und da stand er ziemlich in der Kritik wegen dieser Kügelchen, und er soll ziemlich überzuckert sein. Mag sein, dass sie was an der Rezeptur verändert haben.(Off Tonic, sorry🙂)

Der Thorsten von der Küste
Der Thorsten von der Küste
2 Jahre zuvor
Reply to  chris

Bubble Tea macht schwanger – verweise da auf meine Tochter ^^ – von ABBA ist aber noch nie jemand schwanger geworden.

escfan05
escfan05
2 Jahre zuvor

Das Lied von Abba wäre wohl auch heute noch erfolgreich. Es ist schlicht zeitlos.

Matty
Matty
2 Jahre zuvor

Litauen hat heute offiziell seine Teilnahme am ESC im kommenden Jahr bekanntgegeben:

https://eurovoix.com/2021/08/16/lithuania-participation-eurovision-2022/

Ich finde es merkwürdig, daß Peter im Zusammenhang mit ABBA die Gruppe Måneskin als „Kinky ABBA“ beschreibt. Das englische Wort „Kinky“ bedeutet u. a. übersetzt abartig, pervers, schrullig und abnorm.

Nilsilaus
Nilsilaus
2 Jahre zuvor

Tolle Technik. Aber man sieht doch, dass die Natürlichkeit verloren gegangen ist. Das wird die modernste Technik nicht hinbekommen…noch (!) nicht 😉😉😉

lasse braun
lasse braun
2 Jahre zuvor

Für alle die nix besonderes zu tun haben,vielleicht mal (wieder) die vielleicht schönste tragikkomödie aller Zeiten gucken. 🙂
waterloo in 4k tue ich mir derzeit nicht an denn mein älterer PC bekommt dann wieder schluck auf.

chris
chris
2 Jahre zuvor

Hab mir mal den 4k-Cut am PC angeschaut… naja aus der Ferne sehen manche Gesichter fast schon unheimlich aus. Aber das war halt 1974, die Technik hat halt ihre Grenzen, auch wenn das, was die KI inzwischen kann, absolut erstaunlich ist.

Thomas O.
Thomas O.
2 Jahre zuvor

Wenn ich mir das Outfit gerade von Björn und Benny bei manchen Auftritten so ansehe, waren die damals auch schon kinky unterwegs….über die Vorzüge von hochhakigen Lederschuhen könnten die beiden sicher Fachgespräche mit Damiano führen

AlexESC
AlexESC
2 Jahre zuvor

Wäre interessant zu wissen, wie die den ESC damals aufgenommen haben? Wenn das Kameras waren, welche einen Film (35mm) beinhalten, dann ist es eigentlich sehr leicht daraus dann ein „4k“-Video für digitale Medien zu machen. Ich will nicht zu technisch werden, aber ihr müsst bedenken, dass es bei der analogen Filmaufnahme keine Pixel wie im digitalen gibt. Dies ist auch der Grund weshalb man alte Filme (z.B. Sound of Music) in HD oder 4k sehen kann! Also wenn du einen 35mm Film direkt über einen analogen Projektor siehst, dann ist das eigentlich noch besser als wie das digitale 4k.

ESC1975
ESC1975
2 Jahre zuvor
Reply to  AlexESC

Das waren normale Studiokameras, es war ja Live. Also nix HD oder sonst was. Wird wohl elektronisch aufgeblasen sein. Und parallel noch Filmkameras aufzustellen macht nicht wirklich Sinn.