Man denkt, ABBA haben inzwischen alle Rekorde erreicht, die man erreichen kann. Aber die erste Juliwoche 2021 markiert eine weitere Bestmarke, die man ohne Übertreibung „breathtaking“ nennen darf, weil so etwas in der schnell-lebigen Chartswelt unvorstellbar war: 1.000 (in Worten: eintausend) Wochen ist die ABBA-Compilation „ABBA Gold“ nunmehr in den offiziellen britischen Charts notiert.

Thriller? Rumours? Dark Side Of The Moon? Bat Out Of Hell? Sgt. Pepper? Bridge Over Troubled Water? Das sind die naheliegenden Tipps, wenn es um die Frage nach den Alben geht, welche sich als kontinuierliche Absatzerfolge erwiesen haben.

Aber (Abba) die „Greatest Hits“-Compilations „ABBA Gold“ schlägt sie alle. Die Gründe für diesen „long tail“ Erfolg sind vielfältig und dürften vor allem in der zigfachen Revitalisierung von ABBA, u.a. durch den Musicalerfolg „Mamma Mia“ und die daran anknüpfenden Hollywood-Filmproduktionen, liegen.

1.000 Wochen Top 100 in 40 Jahren! Nicht alle Chronisten feiern dies als einzigartigen einmaligen Erfolg. Diverse Statistiken weisen „ABBA Gold“ derzeit noch an zweiter Stelle in der All Time Bestenliste der UK aus – hinter Queens „Greatest Hits“ aus 1981. Für diesen Best-Of-Sampler werden 1.056 Wochen dokumentiert, darin enthalten sind aber gut 100 Wochen von „The Platinum Collection“, hier werden also zwei Best-Of-The-Best-Compilations zusammengezählt.

Whatever, was ABBA erreicht haben, ist unerreicht und unerreichbar. Und sich (noch) hinter Queen einzureihen, wäre auch nicht schlimm, denn mit „Bohemian Rhapsody“ haben Queen (nach der unmaßgeblichen Meinung des Autors dieser Zeilen) die beste Hitsingle des Universums ever ever ever vorgelegt, höchstens noch erreicht von „Sunglasses At Night“ (Corey Hart) und „Never too much“ (Luther Vandross). (Ich war verführt, hier noch Adams Ricketts „I breath again“ hinzuzufügen, weil sein jüngst wiederentdeckter TOTP-Auftritt so mega-mega-mega-mega-camp ist.)

Und „ABBA Gold“ läuft und läuft und läuft. Selbst nach der Queen-Kombi-Zählung dürfte ABBA absehbar auch den 1+1-Queen-Rekord übertreffen. Denn ABBA rangieren auch tagesaktuell in den britischen Albumcharts weit oben, in dieser Woche sogar auf Platz 17 (Vorwoche: Platz 23).

Die Gründe dafür sind vielfältig, mir fallen spontan gleich ein halbes Dutzend für den Evergreen-Erfolg ein:

• Der Buzz, den Benny und Björn mit der Ankündigung von neuen Songs immer wieder entfachen.
• Der Vinyl-Boom, der viele Baby Boomer die Musik ihrer Jugend ein weiteres Mal „back on Vinyl“ kaufen lässt (und von „ABBA Gold“ gibt es eine exzellent editierte Vinyl-Edition).
• Die ungebrochene Beliebtheit einiger ABBA-Klassiker (v.a. „Gimme Gimme Gimme“ und „Lay All Your Love On Me“) auf TikTok.
• Der (trotz Pandemie-Pause) fortgesetzte Erfolg des Musicals „Mamma Mia“ incl. des Recyclings der Spielfilme auf den gängigen Streamingplattformen.
• Gefühlt sind – glaubt man den Konzert-Ankündigungen via Suchmaschine – im  Herbst 2021 ff. europaweit ein knappes Dutzend ABBA-Coverbands auf Tour.
• ABBA haben in ihrer Hochzeit in den 70ern nie die Credibility bekommen wie andere Megaseller-Bands (The Beatles, Rolling Stones, Pink Floyd), das kam erst viel später durch viele Filmzitate (Priscilla, Muriels Wedding!!!!) und „Verbeugungen“ von Musiker-Folge-Generationen (von Erasure bis U2). Oder wie ABBA Biograf Carl Magnus Palm es formuliert: „Today they are taken more seriously because they went away and then they came back and they never went away again.”

Auch von Perpetuum Jazzile, die zuletzt bei Anas Soklics „Amen“ mitwirkten, gibt es ein fancy ABBA-Medley.

ABBA Gold ist die Quintessenz von ABBA, die Compilation versammelt exakt jene (alle) Songs, die bei einer ungestützten Befragung in jeder Fußgängerzone als erste genannt werden würden, wenn es um ABBA-Schlager geht. Ursprünglich ist die Compilation im September 1992 erschienen, nachdem Polygram die von Polar Music Schweden (ABBA-Manager Stig Andersson, nicht verwandt mit Benny) erworbenen Rechte melken wollte, um den Kaufpreis zu refinanzieren.

Die Compilation erreichte nach der Erstveröffentlichung sowohl in UK als auch in Deutschland die Spitze der Charts (in Deutschland elf Wochen!!!!) und hatte in UK mindestens (bis heute) vier Leben und kehrte bislang zweimal an die Spitze der UK-Charts zurück. Das war zum einen anlässlich der Premiere des Musicals „Mamma Mia“ im Londoner Westend in 1999 und dann noch einmal 2008, als „Mamma Mia“ als Verfilmung mit Meryl Streep weltweit Box-Office-Rekorde feierte.

„ABBA Gold“ chartete in den offiziellen britischen Charts nicht 1.000 Wochen nonstop, ist aber seit Juli 2017 dort ununterbrochen vertreten (höchste Platzierung seit 2017 war Platz 6). Selbstverständlich ist auch Ihr ESC-Siegersong 1974 „Waterloo“ Teil des Goldprogramms. Etwa 30 Mio. Exemplare sind von „ABBA Gold“ bis dato verkauft, davon allein 2,5 Mio in Deutschland. Auf dem ABBA-crazy-Kontinent Australien gab es 17x Platin, in UK sogar 19x (für knapp 6 Mio. verkaufte Tonträger).

Soooo sexy – und das Beste am britischen VE 2018: Monz (nie seit „Cara Mia“ sah er besser aus) präsentiert zusammen mit Lucie Jones ein ABBA-Medley

Wer die ABBA-Lieblingssongs der ESC-kompakt-Blogger kennenlernen möchte, mag bitte hier nachschlagen. Spoiler: Douze Points und Suzanne von wiwibloggs haben den gleichen ABBA-Songfavoriten.

Und wer die (derzeit aktuellste) Liste der besten ABBA-Songs aller Zeiten mit der eigenen Wahrnehmung abgleichen möchte, kann dies hier erfahren. Der rbb hatte dazu eine kompetent besetzte ABBA-Fangirls/Fanboys-Jury befragt.

Jenseits von „ABBA Gold“ gibt es so viele unterschätzte ABBA-Songs, hier ist einer davon: „That’s me“ aus 1976, die 45 (Vinyl Single) Flipsite von „Dancing Queen“. Meine erste und beste Erinnerung an eine Fahrt mit der „Raupe“ auf der Kirmes in Dorsten (beim Schützenfest).

Was verbindet Ihr mit „ABBA Gold“? Und was Eure Mamas und Papas? Lasst es uns wissen.