Operacíon-Triunfo-Comebacks Favoriten und eine Deutsch-Spanierin, die durchstartet: Bereits im Oktober wurden die 18 Kandidat*innen für das Benidorm Fest 2023 vorgestellt, dem spanischen Vorentscheid für den kommenden ESC in Liverpool. Überraschend war nicht nur die frühe Ankündigung der Acts, sondern auch die aufgestockte Teilnehmerzahl, die statt den zuvor festgelegten 16 – zwei mehr als noch im ersten Benidorm-Jahr – nun 18 beträgt, also 9 für jedes Halbfinale am 31. Januar und 2. Februar 2023.

Eine Woche nach der Veröffentlichung stellte RTVE, die spanische Rundfunkanstalt, die teilnehmenden Kandidat*innen in einer großen Spezial-Show etwas genauer vor. Neben den Benidorm Acts waren auch ESC-Künstler wie Pastora Soler mit von der Partie. Die Anwärter auf das Ticket für Liverpool gaben auch jeweils einen Song aus ihrem Repertoire zum Besten. Die Song-Titel der Benidorm-Beiträge wurden nur wenige Tage danach bekanntgegeben.

Kandidaten näher vorgestellt

Aber wer sind die Teilnehmer des Benidorm Fest 2023? Mittlerweile liegen mehr Informationen zu den Acts und den noch nicht veröffentlichten Songs vor. Machen wir den Anfang mit den ersten neun Teilnehmer*innen und einer Deutsch-Spanierin, die nun dank Benidorm mit ihren älteren Liedern viral geht.

Sofia Martín wohnt zwischen Alicante und Berlin, schreibt und produziert Songs in drei Sprachen und lässt dieser Tage die spanischen ESC-Fans tanzen. Ihre Lieder „Vamos a Bailar“ – mit dem Sofia bereits im ZDF-Fernsehgarten aufgetreten ist – und „Tóxica“ haben in den letzten Wochen einen enormen Push bekommen und erfreuen sich tausender Klicks und Abrufe. Ihr Benidorm-Beitrag „Tuki“ soll Sofias Stil treu bleiben und Pop sowie Dance/Club-Music mit spanischen Klängen verbinden.

Die Leute tanzen lassen will auch Aritz, der als eine Art zweite Chanel gehandelt wird und dies aber ganz und gar nicht gut findet. Tatsächlich kommt der Vergleich nicht von ungefähr: Der Valencianer ist wie Chanel eigentlich ein Vollblut-Tänzer, der zwar schon mit den ganz großen gearbeitet hat, aber selbst bislang nie ins Rampenlicht getreten ist. Einzig durch seinen TikTok-Kanal und seine freizügigeren Videos hat er einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt.

Wie Chanel wurde auch Aritz direkt von einem Team aus Songwritern und Produzenten angesprochen um gemeinsam bei Benidorm anzutreten. Man munkelt, dass dieselben Leute hinter beiden Acts stecken. Sein Lied „Flamenco“ soll „SloMo“ jedoch nicht wirklich ähneln und anders als der Titel suggeriert auch nicht wirklich nach dem traditionellen spanischen Musikstil klingen.

@aritzaren

Ra rauuu #loco

♬ Loco por Perrearte – Remix – De La Ghetto & Rauw Alejandro

Traditionell und spanisch wird jedoch der Beitrag der Wiederholungstäterin Blanca Paloma klingen. Ihr Songtitel „Ea ea“ erinnert an spanische Wiegenlieder, sogenannte „Nanas“. Blanca Paloma gibt sich jedoch was den Stil angeht ziemlich mysteriös und gibt in Interviews zu verstehen, dass der Musikstil einige überraschen könnte. Blanca hatte zunächst nicht vor, sofort wieder bei Beindorm teilzunehmen, jedoch sei sie vom Lied überzeugt gewesen.

Blanca Paloma ist kein unbekanntes Gesicht beim Sender RTVE. Ihr Lied „Secreto de Agua“ diente bereits als Soundtrack für eine hauseigene Serie und die ESC-kompakt-Second-Chance-Contest-Finalistin hat wohl auch Erfahrung in Sachen Bühnenshow-Design bei der spanischen Rundfunkanstalt sammeln können. Ein Schelm, wer da gute Connections wittert..

Etwas, das bei der ersten Ausgabe von Benidorm gefehlt hat, ist eine Rockband. Und genau das soll die Band Megara aus Madrid liefern. Die vierköpfige Band mischt gerne rockige Klänge mit Pop- und Electro-Elementen. Die Mitglieder kleiden sich ausschließlich in pink und schwarz, haben eine sehr charismatische Frontsängerin und wollen Benidorm ihren Stempel aufdrücken.

Megara wurde im Jahr 2015 gegründet und hat bisher ein Album veröffentlicht. In der Szene ist die Band jedoch bekannt, füllt regelmäßig Konzerthallen und erntet gute Kritiken. Besonders der visuelle Auftritt der Gruppe wird immer wieder hervorgehoben.

Falls Megara mit ihrem Beitrag „Arcadia“ Benidorm Fest gewinnen, wäre es der erste richtige Rock-Beitrag für Spanien. Ewas Neues wäre es hingegen nicht, wenn Famous für sein Land nach Liverpool fährt. Das würde nämlich bedeuten, dass ein Gewinner der spanischen Kult-Casting-Sendung „Operación Triunfo“ (OT) beim ESC antritt – und dies war ja bereits bei Rosa im Jahr 2002 oder Amaia im Jahr 2018 der Fall. Und genau nach dem Contest in Lissabon begann auch die OT-Staffel von Famous.

Wie bereits im Vorjahr diente OT damals als zwar Vorentscheid, allerdings setzte sich dort Katalane Miki in der ESC-Show durch und vertrat dann Spanien in Tel Aviv im Jahr 2019. Der Staffel-Sieger Famous bekam in der Folge weniger Aufmerksamkeit als Miki und es war für ihn tatsächlich schwer, sich im Musik-Business zu behaupten.

Mittlerweile spielt er im Musical „König der Löwen“ in Madrid mit. Mit seiner Benidorm-Teilnahme will er jedoch seiner Gesangskarriere wieder einen Schub verpassen.

Ein etwas kontroverses Thema in Spanien sind noch immer die regionalen Sprachen, die häufig von der Politik instrumentalisiert werden. So war dann auch die Spannung im Vorfeld des ersten Benidorm-Fest groß, ob denn eine dieser Sprachen vertreten sein werde. Mit dem Lied „Terra“ der Tanxugueiras, waren gleich alle Sprachen vertreten, das Lied wurde jedoch zum Großteil auf Galizisch gesungen. Mit dem Beitrag der katalanischen Band Siderland wird nun erstmals ein Lied komplett auf Katalanisch bei einem spanischen Vorentscheid vertreten sein.

Das Trio aus Barcelona besteht seit dem Jahr 2018 und konnte in Katalonien einige kleine Hits verbuchen. Trotz ihrer Lieder auf Katalanisch wurden sie jedoch nie zu einer der ganz großen Nummern in ihrer Heimatregion. Sie waren jedoch bereits im vergangenen Jahr kurz davor beim spanischen Vorentscheid anzutreten – damals wurden sie als Back-Up-Act ausgewählt. Der Rücktritt des ebenfalls katalanischen Acts Luna Ki war dann allerdings doch zu kurzfristig, um Siderland noch einspringen zu lassen.

Auch in Spanien hat man erkannt, dass TikTok DIE Plattform der Jugend ist. Und so wurden die mit erfolgreichsten spanischen TikTokerinnen für das Benidorm Fest verpflichtet: die baskischen Zwillinge Paula und Aitana Etxeberria, auch Twin Melody genannt. Mittlerweile zählen die Schwestern über 18 Millionen Follower auf der Video-Plattform. Ihren Bekanntheitsgrad haben sie TikTok-typisch mit synchronisierten Tänzen und freizügigeren Inhalten erlangt.

@twinmelody

Temazo de Carlos para Eurovision Junior 🥰🎉 A por todas Carlos! Haced este baile 💃🏻

♬ sonido original – Eurovisión TVE

Kurioserweise sind die beiden jedoch trotz Bikini-Videos und knappen Outfits ziemlich religiös, konservativ und ernten aufgrund dessen nicht selten Kritik. Bei Benidorm wollen sie „Sayonara“ zum Besten geben. Der Titel ist zwar japanisch, das Lied wird jedoch komplett auf Spanisch gesungen werden. Das klingt zwar einleuchtend, aber die Zwillinge wollten dies in einigen Interviews klarstellen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Twins ihren enormen TikTok-Bekanntheitsgrad tatsächlich beim Vorentscheid ausspielen können. Genauso wird man sehen, ob Sharonne die Drag-Fans in Spanien mobilisieren kann. Die 46-jährige Drag Queen kommt wie Siderland aus Katalonien und gewann in diesem Jahr die zweite Staffel des spanischen Ablegers von RuPaul’s Drag Race. Die Staffel war wie bereits die erste ein großer Hit und Sharonne konnte sich seitdem einen Namen in Spanien machen.

Es ist nach der Australierin Courtney Act die zweite Teilnehmerin einer Drag-Race-Staffel, die sich bei einem ESC-Vorentscheid versucht. Sharonne bestach bereits beim Drag-Wettbewerb durch ihre besondere Stimme, die sie auch bei der Benidorm-Fest-Vorstellungs-Show in Szene setzte. Ihr Song „Aire“ soll eine Hommage an ihre Lieblings-Genre Disco sein.

Übrigens ist es nicht Sharonnes erster Versuch, für Spanien beim ESC anzutreten. Im Jahr 2001 wollte sie bereits mit ihrer Drag-Gruppe „Trans-X“ nach Kopenhagen fahren – Ein ganz dunkles Kapitel der spanischen VE-Geschichte, sei an dieser Stelle gesagt. Die Gruppe scheiterte zum Glück an David Civeras „Dile que la quiero“.

Die erste Runde unserer Benidorm-Teilnehmer-Vorstellung schließt der Kanare José Otero ab. Der 32-Jährige ist ziemlich unbekannt in Spanien, nahm jedoch in Mexiko an einer The-Voice-Staffel teil und sang dort das spanische ESC-Lied „Dancing In The Rain“ (Kopenhagen 2014) bei den Blind Auditions. Beim Benidorm Fest will er mit dem Lied „Inviernos en Marte“ (Winter auf dem Mars) Jury und Publikum überzeugen.

Das waren die ersten neun Benidorm-Teilnehmer, die wir etwas näher vorgestellt haben. Habt Ihr schon einen Lieblings-Act? Schreibt es uns in den Kommentaren!