Es ist da. Seit Mitternacht. ABBA Voyage! Das erste ABBA seit 40 Jahren, mit zehn neuen Songs, von denen uns drei bereits seit einigen Wochen bekannt sind.

Das Begleitrauschen ist spektakulär. Universal meldete bereits wenige Tage nach der Ankündigung des Albums Vorbestellrekorde und entfachte in einem eigenen ABBA-Shop, in dem man das Album in 25 (!) verschiedenen Versionen und Bundles kaufen kann, ein einzigartiges Marketing-Feuerwerk.

Sowohl die etablierten als auch die Fan-Medien zelebrieren den Album-Release mit ungeahnter Wucht. Am Morgen des Erscheinungstags (5. November 2021) macht die führende deutsche Nachrichtenseite SPIEGEL.DE mit gleich drei ABBA-Stücken auf. Als gebe es derzeit kein anderes Feuilleton-Thema.

Sowohl den neuerlichen kommerziellen ABBA-Boom, als auch das Presse-Echo werden wir – wie Ihr es von uns kennt – mit eigenen Stücken würdigen, wie wir es auch nach dem Erscheinen der ersten beiden Songs „Don´t Shut Me Down“ und „I Still Have Faith In You“ getan haben.

Aber vorher erwartet Ihr vom Autor dieser Zeilen, der Euch in den letzten Wochen hier ein knappes Dutzend an ABBA-Beiträgen serviert hat, sicher eine Art Rezension des Albums. Aber genau das kann ich jetzt noch nicht – und bitte um etwas Geduld. Ich werde es so halten, wie bei den beiden neuen Songs, wo ich auch ein paar Tage gewartet habe, um nicht von Hardcore-Fan-Emotionen überwältigt zu werden.

Zwar bin ich nicht so geflasht wie bei der Premiere von „Shut“ und „Faith“, weil man sich inzwischen doch auf das Erscheinen des Albums eingrooven konnte und mit „Just A Notion“ zwischendurch auch noch eine Zwischenmahlzeit serviert wurde.

Aber überwältigend klingt „ABBA Voyage“ beim ersten Durchhören vor allem deshalb, weil so viele Signature-ABBA-Mucke-Zitate darauf enthalten sind. Das „S.O.S.„-Phaseout von meinem Tagesfavoriten „Keep An Eye On Dan“ hat mich direkt in die ABBA-Aktiv-Zeit zurückversetzt, als ich Stunden mit dem Mikro in der Hand vor dem Radiorekorder hockte und ewig darauf wartete, dass WDR 2 noch einmal „S.O.S.“ spielt und niemand reinquatscht.

„ABBA Voyage“ ist genau das, was Björn und Benny versprochen haben; es ist „more of the same“ im besten Sinne – das Album hätte auch 1981/82 erscheinen können. „Wir können gar keine moderne Musik produzieren, die Zutaten sind uns fremd“, hat Björn entwaffnend ehrlich beim Livestream aus London gesagt, als die ersten beiden Songs sowie die gewöhnungsbedürftige ABBA-Avatar-Konzertshow erstmals präsentiert wurden.

Björn und Benny sind übrigens integraler, wenn nicht sogar treibender Faktor der Universal-Marketingmaschine. In allen wichtigen ABBA-Märkten sind sie unermüdlich auf Voyage-Promo-Tour und wie berichtet ja sogar beim Revival von „Wetten, dass…?“ dabei.

Nicht in jedem dieser B&B-Interviews gibt es Neuheiten zu erfahren, aber Ihr Auftritt im Frühstücksfernsehen der BBC entwickelte starke Eurovisionsbezüge. BBC-Korrespondent Connor Paterson begleitete B&B auf einem „ABBA-City-Walk“ durch Stockholm (den kann man tatsächlich vor Ort buchen und dazu gibt es sogar einen passenden Reiseführer) und brachte das Gespräch auf den ESC.

Ob sich B&B denn vorstellen könnten, für das UK einen ESC-Song zu komponieren, wenn sie aufrichtig und herzlich darum gebeten werden? Wie unsere Freunde von Wiwibloggs schreiben, war die entwaffnende Antwort von Benny: “What’s the risk? You can’t be worse than last.” („Wo ist das Risiko? Man kann ja maximal Letzter werden.“)

Ein Motto, mit dem auch die deutschen ESC-Verantwortlichen (ARD-Unterhaltungskoordinator Frank Beckmann: „Hauptsache nicht Erster!“) lernen könnten, entspannter und gleichzeitig leidenschaftlich an ein nationales Finale heranzutreten.

Björn, der dem BBC-Ansinnen zunächst distanzierter gegenüberstand, griff dann Bennys lakonische Antwort auf und brachte mit den einführenden Worten „it needs to be a really good act“ Dua Lipa ins Gespräch, die gerade gemeinsam mit Elton John mit dem Duett „Cold Heart“ einen Welthit am Start hat, einmal mehr, weil dieser maximal auf TikTok trendet.

Da trifft es sich gut, das die BBC jüngst für den ESC 2022 eine Zusammenarbeit mit dem erfolgreichen Branchenplayer TaP Music angekündigt hat – denn die haben unter anderem Dua Lipa unter Vertrag.

Wenn sich da was anbahnt, wäre es nicht die erste Songwriter-Rückkehr von Björn und Benny zum ESC. Zuletzt haben die beiden gemeinsam mit Avicii den Eröffnungssong des Eurovision Song Contests 2013 in Malmö geschrieben. Und der heißt „We Write The Story“ und diese vier Worte beschreiben exakt das, was sich derzeit rund um das spektakuläre ABBA Comeback weltweit abspielt!

Hier gibt es die ABBA Lieblingssongs des ESC kompakt Teams.

Hier gibt es eine sehr fundierte Rangreihung (fast) aller 104 ABBA Songs, die vor Erscheinen von „ABBA Voyage“ veröffentlicht waren.

Und wer die „Story Behind The Story“ hinter allen ABBA Songs kennenlernen möchte, dem sei unbedingt dieses gut recherchierte und mitreissende Kompendium von Robert Scott empfohlen.

„ABBA – Alle Songs und ihre Geschichten“ zeichnet die faszinierende Karriere der erfolgreichsten ESC-Band aller Zeiten Song für Song nach, von den preisgekrönten Platin-Hits bis hin zu kaum bekannten Titeln – unterhaltsam, mitunter ironisch und stets getränkt von Sympathie. Komplettiert wird diese Zeitreise durch viele, teils bisher unbekannte Fotos. Erhältlich im Kombipack mit ABBA Voyage unter anderem hier.