Irland: Vorentscheid-Desaster soll sich nicht wiederholen – 2023 hat Studio-Jury kein Mitspracherecht mehr

Bild: Instagram @bandwildyouth

Die irische Jury der Vorentscheidung Eurosong 2022 war wohl ähnlich unnötig wie die, immer wieder künstlich erzeugte, Spannung der zyprischen ESC-Punktesprecher:innen, wenn es um die vergebenen zwölf Punkte geht. Das war zumindest die Meinung vieler Fans und Zuschauer:innen, als im Februar der irische Beitrag für Turin gesucht wurde. Die Kommentare der Studio-Jury rund um ESC-1994-Gewinner Paul Harrington waren so weichgespült, dass man sie nur schwer ertragen konnte. Wiederholen soll sich das Ganze kommendes Jahr auf gar keinen Fall…

Michael Kealy, der Delegationsleiter aus Irland, hat jetzt im Podcast Éirevision verraten, dass es einige Änderungen bei der kommenden ESC-Vorentscheidung geben soll. Zwar wird erneut eine Studiojury vor Ort sein, allerdings ohne Stimmrecht. Die Studiojury-Mitglieder sind 2022 mehr als gnädig mit den irischen Acts gewesen und lobten wirklich ALLES über den grünen Klee. Dass das Ganze weder konstruktiv noch spannend war, sieht Kealy auch so und verspricht für kommendes Jahr grundsätzliche Besserungen, was die Jury betrifft:

„Ich finde, die Leute im Studio [die Juror:innen, Anm.] sollten in der Lage sein, etwas mehr als einen harmlosen Kommentar abzugeben. Ich finde, sie sollten Flagge zeigen. Das ist interessanter, als nur zu sagen, dass alles großartig ist. […] Das sorgt auch für bessere Fernsehunterhaltung.“

Es soll demnach zwar immernoch eine nationale Jury geben, welche dann allerdings andere Mitglieder haben soll als die Studio-Jury. Die soll alleine dafür zuständig sein, jeden Auftritt zu kommentieren – ohne am Ende ein Stimmrecht zu haben. Wahrscheinlich wird also erneut ein Mix aus Televoting, nationaler Jury und internationaler Jury über den Sieger-Beitrag für Irland entscheiden. Laut Kealy sind rund 330 Songs von Acts beim Sender RTÉ eingegangen, die am Eurosong kommendes Jahr teilnehmen wollen. Mittlerweile konnte man diese Einsendungen auf 60 herunterbrechen. Eine Jury aus der RTÉ-Unterhaltungsredaktion, Musikexpert:innen und Fans soll jetzt ihre zehn Favotiten bestimmen, von denen es am Ende die besten sechs Beiträge ins irische Finale schaffen.

Man plane aktuell mit dem 3. Februar als Vorentscheidungs-Datum, so Kealy. Wie bereits mehrmals in der Vergangenheit, wird der irische Eurosong 2023 wieder in den TV-Studios der Late Late Show produziert. In den letzten Ausgaben hat die Show Irland zwar sehr selten ESC-Erfolg verschafft, das soll sich nächstes Jahr aber endlich wieder ändern. Kealy weist im selben Atemzug die Unterstellung zurück, dass nur ältere Menschen die Late Late Show verfolgen und erklärt, dass über 40% des Publikums zur jüngeren Zielgruppe gehört.

Auch auf die Frage, welche Songs für den irischne Eurosong 2023 gesucht werden, gibt Kealy sehr detaillierte Antworten. Er habe seelenlose, „plastic pop“-Songs satt, die klingen, als seien sie von einem PC erschaffen worden. Ein kleiner Seitenhieb gegenüber Schweden, wie er selbst zugibt. Mittlerweile habe er das Gefühl, beim ESC zählen Originalität und Authentizität mehr, als alles andere. Gerne würde er auch Songs in irischer Sprache im Vorentscheid sehen, allerdings gab es für kommendes Jahr lediglich einen einzigen Song auf irisch. Wir berichteten bereits, dass sich die Folk-Metalband Cruachan öffentlich für den Vorentscheid angemeldet hat – auf welcher Sprache ist allerdings unklar. Auch eine weitere Band bekundet jetzt großes Interesse am ESC.

Ein Mitglied der irischen Gruppe Wild Youth tweetete schon im Sommer, dass er gerne einen Beitrag für den Eurosong 2023 schreiben möchte. Nun will die Band selbst für Irland zum ESC, wie Bandmitglied David Whelan gegenüber der SUN bestätigt. Auf eine mögliche Direktnominierung angesprochen, sagt David allerdings, dass es besser sei, vom Volk gewählt zu werden und die Band dafür durchaus offen wäre:

„Wenn RTE jetzt sagen würde ‚Wir möchten euch gerne direkt einladen und ihr könnt uns vertreten‘, dann wäre es natürlich schwer, das abzulehnen. Aber wir wollen keine Sonderbehandlung. Wenn du die Unterstützung deines Landes willst, sollte die Öffentlichkeit entscheiden, wen sie schickt. Das ist die fairste Art, es zu tun.“

Grundsätzlich sei man definitiv bereit für das Abenteuer Eurovision und Gespräche mit RTÉ bzw. Michael Kealy gab es auch schon. Entschieden sei offiziell bislang nichts und generell sei die Band auch nur bereit, zum ESC zu fahren, wenn sie sich selbst treu bleiben dürfe, so Whelan. „Kreative Freiheit“ wäre die wohl wichtigste Bedingung, um dem ESC-Publikum authentisch gegenübertreten zu können. Wild Youth tourten bereits mit Größen wie Westlife und Sänger Lewis Capaldi.

Was sagst Du zu den Änderungen im irischen Vorentscheid? Wären Wild Youth würdige Vertreter in Liverpool beim ESC 2023? Lass gerne Deine Meinung in den Kommentaren da.


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27 Comments
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JoBi
JoBi
1 Jahr zuvor

Bin gespannt wie es wird.

togravus ceterum
Mitglied
togravus ceterum
1 Jahr zuvor

Für Irland kann es ja nur besser werden, weil keiner der Kandidaten, die 2022 zur Wahl standen, eine Chance auf das ESC-Finale gehabt hätte. Außerdem hat man in den letzten 10 Jahren nur 2 x das Finale erreicht und dort einen 26. (letzten) und einen 16. Platz geholt. Das hat schon Andorraniveau … Persönlich hätte ich allerdings 2015 gerne „Playing with Numbers“ im Finale gesehen. Die Erkenntnis, dass sich beim ESC momentan Originalität und Authentizität auszahlen, kommt zwar etwas spät (Jamala hat 2016 gewonnen, Salvador 2017 …), ist aber ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Viel Glück, Irland!

tomudu
tomudu
1 Jahr zuvor

„Playing With Numbers“ war so toll, einer meiner Lieblingsbeiträge 2015. 😍
Zum Thema Originalität und Authentizität: Irgendwie lustig, von einem Delegationsleiter zu hören, dass er keinen „Plastik-Pop“ mehr haben möchte, während die letzte VE eigentlich ausschließlich genau daraus bestand…

Nils
Nils
1 Jahr zuvor

Ich fand den irischen Vorentscheid jetzt wirklich nicht so schlecht, wie er von allen gemacht wird – vor allem nicht, wenn man ihn mit dem finnischen vergleicht. Miles Graham und die „Matratze Typ Dublin“ Patrick O’Sullivan waren wirklich gut und wären mit Sicherheit mehr aufgefallen.

Auch Brooke Scullions Song war ja nicht grundlegend falsch, nur legte sie in Turin am Ende eine ziemlich uninspirierte Larifari-Performance hin – und das eben mit einem Dance-Pop-Song, wie man ihn in der Vergangenheit auch schon sehr oft präsentiert bekam.

togravus ceterum
Mitglied
togravus ceterum
1 Jahr zuvor
Reply to  Nils

Struktur und Instrumentierung von Brookes Liedbeitrag gehören für mich zum nervtötendsten, das meine Ohren und mein Gehirn je durchstehen mussten. Unerträglich laut und aufdringlich trat das Machwerk 3 Minuten lang auf der Stelle. Da gab es keinerlei Entwicklung und nicht einmal den kleinsten Ansatz von Kreativität. Das klang wie drei Minuten Ohrfeigen …

Wie Goethe einst schrieb: Getretener Quark wird breit, nicht stark.

ESC1994
ESC1994
1 Jahr zuvor
Reply to  Nils

ceterum

Du hast ihre ebenso nervtötende Stimme vergessen.

Nils
Nils
1 Jahr zuvor
Reply to  Nils

@ Toggie

Darf ich mir deine Erklärung borgen, falls mich mal jemand zu meiner Meinung nach Emmys „Boom boom“ fragt? 😀

togravus ceterum
Mitglied
togravus ceterum
1 Jahr zuvor
Reply to  Nils

@ Nils, klar doch. 🙂
Lässt sich ja auch tatsächlich 1 zu 1 auf „Boom Boom“ übertragen …

Thomas O.
Thomas O.
1 Jahr zuvor

Jurys sollten am besten gar nichts sagen und nur werten.
Und eine Jury die nicht wertet ist beim VE überflüssig.

Das irische Problem waren die Songs, mit Brooke ist eh noch die beste zum ESC gefahren

Festivalknüller
Festivalknüller
1 Jahr zuvor
Reply to  Thomas O.

Für mich ist die Aussage der Headline des Artikels in dieser Form nicht haltbar.
Ein Desaster sehe ich bei der letzten irischen VE nicht. Man entschied sich letztendlich für den einzigen international tauglichen Titel, was bei der schwachen Auswahl eigentlich positiv zu bewerten ist.
Dass die Jurys nicht immer mit ihren Aussagen konform liegen, kommt vor.

Ulrich
Ulrich
1 Jahr zuvor

Wild Youth gefällt mir ziemlich gut. Aber ob das für die ESC-Bühne taugt?? „Radiotauglich“ ist ja diesbezüglich inzwischen fast ein Manko, fast ein Schimpfwort – nicht ganz zu unrecht, wenn wir jetzt mal Rosa Linn weglassen (..und das habe ich von Anfang an geliebt). Und genau das sind sie – richtig netter Radio-Pop. Schau’n wa ma‘. Vermeintliche Experten oder gar eine internationale Jury haben für mich ohnehin nix bei nationalen Vorentscheidungen verloren. Das sollen doch bitte diejenigen (aus dem VE-Land) selbst entscheiden, die gerade zuhören/zusehen und mitgenommen, gepackt oder sehr berührt sind – oder eben nicht.

Thilo mit Bobby
Mitglied
Thilo mit Bobby
1 Jahr zuvor

Das was Irland zum JESC schickt wünsche ich mir in etwa mit einer erwachsenen Sängerin für den ESC für Irland. Das wäre wunderschön

Timo1986
Timo1986
1 Jahr zuvor

Musikalisch beweist es Irland doch jahrzehntelang dass die Iren (m/w/d) Musik können. The Dubliners, U2, Sinéad O’Connor, The Cranberries, Westlife, Chris de Burgh, Enya u.s.w. Von Irish Folk Music über Rock- und Popmusik bis hin zu wirklich mitfühlende Balladen ist doch wirklich alles dabei.

Irland scheint dasselbe Problem zu haben wie Deutschland und der NDR. Kein Künstler (m/w/d) und keine Band – egal ob nun chartmäßig gerade angesagt oder sich bereits im Legendenstatus befindend – möchte mit dem öffentlich-rechtlichen irischen Rundfunk kooperieren, sobald es irgendwie um den ESC geht.

Erschwerend kommt da noch hinzu, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk aus Irland im Gegensatz zur ARD / NDR einen Überehrgeiz hat was den ESC betrifft. Der fast schon krankhafte Überehrgeiz unbedingt Rekord-ESC-Sieger bleiben zu wollen ist da nicht zielführend in neue erfolgreiche ESC-Zeiten. Etwas lockerer an den ESC ranzugehen täte Irland glaube ich ganz gut.

floppy1992
Mitglied
floppy1992
1 Jahr zuvor
Reply to  Timo1986

Die irischen Larifari-Songs der letzten Jahre und dass man den VE seit längerem, wenn überhaupt, nur noch im Rahmen einer Late-Night-Show abfrühstückt zeugen für mich jetzt nicht gerade von großen Ehrgeiz.

Rainer Knuth
Rainer Knuth
1 Jahr zuvor

Da sie ja Rekordsieger sind, haben sie damals ja nicht viel falsch gemacht. Was hat sich bei der Auswahl des irischen Beitrags geändert oder hat sich der ESC so gewandelt? Tippe eher auf zweites.
Ganz früher hat halt ein schöner Song mit einem guten Interpreten gereicht. Inzwischen ist alles rundherum auch wichtig geworden. Auch das mehr Länder und mit anderen Musikgeschmack abstimmen lässt einen Sieg immer weniger wahrscheinlich werden.

Matty
Matty
1 Jahr zuvor

Heute wurde bekanntgegeben, daß das Veranstaltungszentrum Camp and Furnace in Liverpool die Heimat des Euroclubs wird:

https://eurovoix.com/2022/12/06/eurovision-2023-euroclub-location/

https://campandfurnace.com/

Die Veranstaltung findet vom 5. bis 13. Mai 2023 statt. Organisiert wird der Euroclub von der OGAE, deren Mitglieder bereits vor dem offiziellen Verkaufsstart Anfang 2023 Tickets erwerben dürfen.

aufrechtgehn (@aufrechtgehn)

Jetzt hatte mich der vielversprechende Gruppenname und das Aufmacherfoto ja neugierig gemacht auf die Wilde Jugend. Und so höre ich mir den verlinkten Song an… was für eine Enttäuschung! Im Falsett gejammerte Mello-Ausschussware der allerharmlosesten Art. Selten so eine Mogelpackung gesehen!

Schlippschlapp71 (Ex-Mariposa)
Schlippschlapp71 (Ex-Mariposa)
1 Jahr zuvor

Ähem… Dem stimme ich mal vollumfänglich zu !

Florian Christoph
Mitglied
1 Jahr zuvor

Das unter dem Banner der Late Later wieder zu machen kann nur in die Hose gehen. Das ist schon lange nicht mehr das richtige Medium hierfür, guckt doch kein junger Mensch mehr hier. Die Einschaltquoten gehen auch stetig zurück. Aber klar, RTE muß ihr Zugpferd RT nutzen wo es nur geht, egal ob das Sinn ergibt oder nicht.

ESChris
ESChris
1 Jahr zuvor

Ich fand den letztjährigen Beitrag gar nicht schlecht. Das war moderner Pop und besser als vieles andere in den letzten Jahren Irlands.

Aber ich muss togravus ceterum Recht geben: Playing with Numbers war nochmals viel schöner…immer noch auf meiner Playlist und eines der schönsten Lieder der letzten zehn Jahre.

Ich war echt schockiert, dass es so unter Wert geschlagen worden ist.

Auch ein guter Song muss beim ESC keine Garantie für ein gutes Ergebnis sein 🤷

Schlippschlapp71
Schlippschlapp71
1 Jahr zuvor

Sorry, Irland hatte neben Albanien und Österreich den schlimmsten Beitrag in Turin. Wenn sich „moderner Pop“ lediglich wie ein Abklatsch von irgendwas anhört, ist das auch nicht gerade innovativ. Brooke hat einfach nur unheimlich genervt, das war auf sehr infantilem Niveau.

ESChris
ESChris
1 Jahr zuvor

Nun ja, innovativ sind nun die wenigsten Songs beim ESC. Aber der Song von Brooke passt schon in den Style, den die jüngeren Generation aktuell konsumieren.

Genauso wie der Beitrag von Österreich. Solche Songs sind oft ganz oben in den Charts. Ich persönlich fand das Lied sogar richtig stark.

Extrem schlecht war aber der Gesang und die Inszenierung. Dass Österreich trotzdem noch so nah dran war ins Finale einzuziehen, spricht für, nicht gegen den Song.

Aber ich verstehe, dass DJ-Tracks nicht jedermanns Geschmack sind.

Schlippschlapp71 (Ex-Mariposa)
Schlippschlapp71 (Ex-Mariposa)
1 Jahr zuvor
Reply to  ESChris

Sorry, Österreich wäre selbst bei reinem Televoting nicht in die Finalplätze gekommen, es gab lediglich 36 Punkte. Von wegen „nah dran“.

Tobiz
Mitglied
Tobiz
1 Jahr zuvor

Traurig, dass der irische VE immer noch besser als der deutsche VE war.

Matty
Matty
1 Jahr zuvor

Es gibt Neuigkeiten aus Slowenien! Morgen findet um 11 Uhr MEZ eine Pressekonferenz statt, auf welcher der für den ESC zuständige Sender RTVSLO Details zum nationalen ESC-Vorentscheid EMA bekanntgeben wird:

https://eurovoix.com/2022/12/07/%f0%9f%87%b8%f0%9f%87%ae-slovenia-ema-2023-details-to-be-revealed-tomorrow/

Das Ganze findet auf der Anlage des Botanischen Gartens in der Hauptstadt Ljubljana statt und wird auf dem Sender MMC TV live übertragen.

Schlippschlapp71 (Ex-Mariposa)
Schlippschlapp71 (Ex-Mariposa)
1 Jahr zuvor

RTE sollte besser dieses VE-Format absagen und gleich Cruachan direkt nominieren. So einen Act hatte Irland nämlich noch nie.