Massenvertreibung aus Bergkarabach: Ist Armeniens ESC-Teilnahme 2024 in Gefahr?

Bild: Instagram @brunette_e_

Achtung, es wird politisch! Vor wenigen Tagen startete Aserbaidschan eine Militäroffensive und hat die, fast ausschließlich armenische, Bevölkerung der Region Bergkarabach vertrieben. Auch wenn Armenien selbst bislang von Angriffen verschont blieb, muss das Land dadurch aktuell mit knapp 100.000 Flüchtlingen klarkommen, die ihre Heimat Bergkarabach verlassen mussten. Könnte sich diese dramatische Lage im Kaukasus kommendes Jahr auch auf den ESC auswirken?

Immer wieder kommt es zu Angriffen in der Region, denn Aserbaidschan will die, von Armeniern selbsternannte, Republik Arzach bzw. Bergkarabach für sich beanspruchen. Mit dem erneuten Angriff auf Bergkarabach, der bereits vor Monaten mit einer Blockade der einzigen Zugangsstraße zu Armenien begann, wurden mittlerweile alle in Bergkarabach lebenden Armenier vertrieben. Dadurch hört der De-facto-Staat “am 1. Januar 2024 auf, zu existieren”, heißt es von offizieller Seite. Eine “erzwungene Einigung”, damit die Situation nicht noch weiter eskaliert.

Auch weitere Angriffe auf armenische Gebiete werden befürchtet. Dass Armenien aktuell also grundsätzlich andere Sorgen hat, als die Teilnahme am ESC zu planen, ist logisch und dieser Artikel soll keinesfalls als Verharmlosung der Situation verstanden werden. In der ESC-Fancommunity wird nun jedoch – verständlicherweise – über Armeniens mögliche Absage der Teilnahme am kommenden ESC spekuliert, der im Mai 2024 in Malmö ausgetragen wird. Noch unsicherer scheint die JESC-Teilnahme zu sein, da dieser Wettbewerb schon im kommenden Monat stattfindet.

Auf einer Pressekonferenz für den kommenden Junior ESC konnte EBU-Supervisor Martin Österdahl dementsprechend auch noch kein grünes Licht geben. Auf die Frage, ob Armenien tatsächlich, wie bislang geplant, Teil des kommenden Wettbewerbs in Nizza sein werde, gab es von Österdahl eine uneindeutige Antwort:

“Im Moment gibt es keine definitive Antwort auf diese Frage. Die EBU wird die Entwicklung der wirklich besorgniserregenden Situation [in Bergkarabach] im Auge behalten.“

Dass ein Rückzug vom JESC nicht ausgeschlossen ist, lässt natürlich ebenfalls vermuten, dass Armenien auch beim ESC in Schweden nächstes Jahr fehlen könnte. Inwiefern Rundfunkanstalten tatsächlich von politischen Ereignissen in der eigenen Region betroffen sind, lässt sich nicht verallgemeinernd beantworten. Im Falle Armeniens ist eine Teilnahme in Malmö aufgrund der aktuellen Geschehnisse aber durchaus gefährdet, denn das Land setzte auch schon 2021  – ebenfalls wegen des Krieges um Bergkarabach – aus. Insbesondere der Fakt, dass alle ESC-Auftritte bei allen teilnehmenden TV-Sendern ausgestrahlt werden müssen, könnte 2024 ein Grund sein, nicht in Schweden dabei zu sein. Abgesehen davon gibt es in Armenien, wie oben bereits erwähnt, sicherlich wichtigere Themen als die kommende ESC-Teilnahme.

Bisher hat der armenische Fernsehsender ARMTV seine Teilnahme 2024 ohnehin noch nicht öffentlich bestätigt, jedoch wartet der Sender fast jedes Jahr sehr lange mit der öffentlichen Zusage. Aserbaidschan hingegen hat bereits vor mehreren Monaten bestätigt, am ESC in Malmö teilzunehmen. Gestern verkündete der Sender ictimaiTV sogar offiziell den Annahmestopp von potentiellen ESC-2024-Beiträgen und postete dazu, dass nun “spannende Zeiten bevorstehen”.

Doch auch im Falle Aserbaidschans scheint ein Rückzug oder Ausschluss vom ESC 2024 nicht unwahrscheinlich. Viele Politiker:innen – vor allem aus EU-Staaten – kritisieren mittlerweile Aserbaidschans Vorgehen, das zur Vertreibung und zum Tod vieler Armenier führte. Genauso verurteilen natürlich auch viele armenische Künstler:innen das Geschehen. Brunette, Armeniens ESC-Vertreterin aus diesem Jahr, teilte kürzlich beispielsweise ihren Song “Little Home” aus gegebenen Anlass (siehe unten). Wie die EBU mit dem Aserbaidschan umgehen wird, bleibt abzuwarten. Eine Analyse dazu gibt es auch von Dr. Irving “Eurovision” Wolther auf eurovision.de.

Auch wenn es von Seiten der EBU immer wieder heißt, der Wettbewerb habe nichts mit Politik zu tun, schwingen politische Gegebenheiten, zumindest unterschwellig, beim ESC immer mit. Beispielsweise geriet Iveta Mukuchyan, Armeniens Vertreterin beim ESC 2016, in die Kritik, weil sie die Flagge der Republik Arzach in die Kamera hielt. Ähnlich auch der Fall Hatari: Die isländische Band hielt bei der Punktevergabe – in Israel – einen Palästina-Schal in die Kamera. Und in diesem Jahr hat die Flaggenparade für einigen Diskussionsstoff gesorgt.

Denkst Du, Armenien und Aserbaidschan werden 2024 am ESC teilnehmen? Ist es möglich, Politisches beim Wettbewerb komplett zu ignorieren? Lass uns gerne Deine Meinung da.


50 Kommentare

  1. Azerbaijan sollte rausgeschmissen werden, das ist sogenannte ethnische Säuberung. Den Schwedenschrott, den sie meistens schicken, braucht auch kein Mensch.

    • Das ist aber nicht das gleiche. Russland hat die Ukraine überfallen. Aserbaidschan hat aber nicht Armenien überfallen sondern quasi sein Land verteidigt. Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan. Ich finde es auch blöd das man jetzt die Lösung mit aller Gewalt gesucht hat und auch wenn Assrbaidschan auch ein Schurkenstaat ist, das mit Russland gleichzusetzen wäre ich vorsichtig. Ich muss Aserbaidschan nicht unbedingt beim ESC haben aber man sollte das trotzdem differenzieren

      • ich bin grundsätzlich der Meinung, das diktatorisch regierte Länder nix beim ESC zu suchen haben. Schade das bei der EBU Geld über Moral geht und die es nicht genauso sehen.

      • Es gibt keine Rechtfertigung dafür, was den Armeniern angetan wird, auch nicht die völkerrechtliche Zugehörigkeit zu Aserbaidschan! Streng genommen ist es eher eine stalinrechtliche Zugehörigkeit, wenn man die Geschichte betrachtet, aber ESC Kompakt ist nicht der richtige Ort, um dieses Thema auszudiskutieren, eine Diskussion darüber wäre sowieso eine abendfüllende Veranstaltung.

        Es hat schon einen Grund, warum alle aus Arzach geflüchtet sind, nämlich um nicht abgeschlachtet zu werden. Es ist bekannt, wie wertlos Aserbaidschans Versprechen sind. Aber ich befürchte, dass man es so auslegen wird, dass es die freie Entscheidung der Arzacher war, die ja auch “hätten mit dem aserbaidschanischen Volk koexistieren können” und dass diese Schande ungestraft bleibt.

    • Das ist ein zu komplizierter Konflikt für so unbedachte Äußerungen. Historisch gesehen, gab es lange kein eigenes Land Armenien. Bekannt ist ja der Völkermord an den Armeniern in der Türkei vor hundert Jahren. In der UdSSR wurde erstmals in der Kernregion eine Republik Armenien gegründet, schon damals war das mit vielen Konflikten und Umsiedelungen verknüpft, eben mit den Turkvölkern, die dann Aserbaidschan wurden. Bergkarabach wurde damals geteilt, ein größerer Teil, in dem die Aserbaidschaner die Mehrheit bildeten wurden direkt diesem zugeschlagen, der Rest, in dem die Armenier die Mehrheit waren, wurde eine autonome Region in Aserbaidschan. Das war bis heute der große Fehler, denn während unter der Herrschaft der Russen es friedlich blieb kam es bei der Autonomie von Aserbaidschan zu Pogromen gegen Armeniern. Deswegen kam es zu dem militärischen Einsatz Armeniens, der zu der Republik Bergkarabach führte. Dabei wurden aber auch Gebiete besetzt, in denen viele Aserbaidschaner lebten, die dann diese verließen. Ein Fehler Armeniens war es, in 30 Jahren keine Friedensverhandlungen zu führen, es wäre durchaus möglich gewesen, dass Aserbaidschan mit der Rückgabe dieser Gebiete zufrieden gewesen wäre.
      Dass Aserbaidschan nun auf Gewalt gesetzt hat, obwohl klar war, dass Armeninen nun für solche Gespräche bereit war, wirft kein gutes Licht auf dieses Land. Völkerechtlich ist da aber nichts zu machen, daher wird die EBU sich raus halten.

      • Vielen Dank, lieber Luomubanaanai (komplizierte Nickname) für die detaillierte und neutrale Zusammenfassung des Problems…

      • Vielleicht sollte mal aufhören hier mit Geschichte zu kommen, um die Verbrechen der Diktatoren dieser Zeit zu rechtfertigen. Fakt ist, es gibt Armenien. Fakt ist, es gibt Berg Karabach, die Autonom sein wollen. Fakt ist, das es einfach verbrecherisch ist, Menschen zu vertreiben, nur weil sie eine gewisse Ethnie haben. Das gilt für die Ukraine und das gilt auch für Berg Karabach.

  2. Nicht das ich gut heiße was Aserbaidschan gemacht hat aber man muss doch sagen das die Region Bergkarabach zu Aserbaidschan gehört. Die Armenier die mehrheitlich das Gebiet bewohnen hätten gern die Unabhängigkeit. Das will natürlich Aserbaidschan auf keinen Fall. Ein ähnlicher Fall ist Kosovo. Eine serbische Provinz die mehrheitlich von Albanern bewohnt ist. Mittlerweile de Fakto von Serbien unabhängig aber nur von wenigen Staaten anerkannt. Aktuell droht dort wieder Krieg

    • Serbien ist leider nur ein Satellitenstaat Russlands. Kosovo ist unabhängig. Das wird durch die EU und Nato geschützt. Serbien sollte es sich lieber zweimal überlegen den Kosovo anzugreifen. Sonst ergeht es ihnen wie damals in den neunzigern. Und da haben sie haushoch verloren.

      • Kosovo ist weder in der EU noch in der NATO noch in der UNO und nur von 115 Nationen anerkannt und daher nur de fakto unabhängig. Und ja Russland hat sich da seine Hand im Spiel und will den Krieg. Ich wollte da gäbe es eine andere friedliche Lösung aber Serben und Albaner sind sehr zerstritten.

      • Wow, was für eine super-plumpe Aussage mit Null Differenzierung. Und dafür gibt’s dann auch noch zwei Likes (bestimmt werden’s nach diesem Kommentar hier noch einige mehr).

        Es scheint wieder wie in den 90ern: Die Serben sind ganz allein die Bösen, alle anderen die Guten, so kam es einem zumindest in den meisten deutschen Medien vor (womit ich keineswegs schlimme Menschenrechtsverletzungen von serbischer Seite abstreiten will). Und Thilo mit Bobby hat recht, der Kosovo ist nur de facto unabhängig. Kosovo hat völkerrechtlich zu Serbien gehört, im Unterschied zur Loslösung der jugoslawischen Teilrepubliken von Jugoslawien gab es da kein völkerrechtliches Mandat. Katalonien hat sich übrigens auch mal für unabhängig erklärt, die “Republik Transnistrien” ebenso.

        Selbstverständlich hoffe ich, dass im Kosovo und in Serbien die Eskalationsspirale so schnell wie möglich gestoppt werden kann.

        Nationalismus ist überall zum Kotzen, erst recht, wenn er aggressiv daher kommt, egal ob in Serbien, in Albanien, im Kosovo, in Aserbaidschan, in Russland oder sonstigen ehemaligen Sowjetrepubliken.
        Tut mir leid, dass das alles in einem einzigen langen Absatz steht, ich weiß nicht, ob’s an der Tastatur oder der neuen Kommentarfunktion (wozu eigentlich diese Änderung?) liegt, die Return-Taste bleibt ohne Wirkung.

      • Oh, die Absätze sind jetzt doch (fast) so rausgekommen, wie ich sie wollte, die Return-Taste hat doch ihre Wirkung gezeigt! Im Editierfenster waren aber echt keine Absätze zu erkennen.

        Mein erster Satz in meinem ersten Kommentar bezieht sich übrigens nicht auf Thilo mit Bobby, sondern auf disneyfan5000s Kommentar von 19:35 Uhr.

    • Richtig. Unterstützt bzw. sagt man, dass die Bergkarabach Region/die Republil Arzach unabhängig ist oder sein soll, muss man gleichzeitig Abchasien, Südossetien nicht mehr als Teil Georgiens sehen und Lukhansk und Donezk nicht mehr als Teil der Ukraine. Die Bevölkerung der Bergkarabach Region sieht das nämlich genau so und ist Teil einer Gemeinschaft von De-Fakto-Staaten, die sich gegenseitig in ihrer Unabhängigkeitsbemühung unterstützt. Finde es dementsprechend auch sehr verstörend, wenn z.B. Georgier sich mit “Armenien” solidarisieren obwohl das gar nicht Armenien ist

  3. Ich sehe Armenien sowohl beim JESC als auch beim ESC nicht. Das Land hat mit Stand 2021 knapp 2,8 Millionen Einwohner und innerhalb von wenigen Tagen kamen 100.000 Flüchtlinge dazu. Die Ressourcen werden jetzt an anderer Stelle gebraucht, gerade wenn es bis zum Winter nicht mehr lang hin ist.
    Man kann jetzt nur Hoffen das in der Region nicht noch mehr passiert, ansonsten sollte es wirklich zu Krieg kommen (egal ob Aserbaidschan Armenien angreift oder umgekehrt Armenien Aserbaidschan) dann wird hoffentlich ähnlich durchgegriffen wie bei Russland.

    Bezüglich Serbien und Kosovo hoffe ich das nix schlimmeres passiert, auch wenn die Meldungen bezüglich Grenzbewegungen mir wieder die Meldungen von Anfang 2022 als Russland an der Grenze der Ukraine auffuhr in den Kopf rufen.
    Das ganze könnte im schlimmsten Fall sich zu einen Flächenbrand zwischen NATO (Kosovo) und Russland (Serbien) entwickeln.

  4. Der einseitige Angreifer war und ist seit Jahrzehnten Aserbeidschan. Warum will niemand diesen Fakt sehen. Unter diesen Aspekten ist Aserbeidschan (trotz insgesamt schönerer Beiträge als Armeniens) keine ESC-Bereicherung und sollte sofort von allen musikalischen und sportlichen Wettbewerben ausgeschlossen sowie gegen Alijew ein internationaler Haftbefehl ausgestellt werden!!!

    • Stell dir mal vor, die Russen erobern und besetzen den Donbass, wo ja viele Russen leben und die dort ansässigen erklären sich für unabhängig. Jetzt versucht die Ukraine über Jahre hinweg das Gebiet zurückzuerobern. Würdest du in diesem Fall auch sagen, dass die Ukraine ausgeschlossen gehört?

      • Ich wäre im Falle eines Rückzugs von Armenien für den Ausschluss Aserbaidschans vom ESC. Sind es dann halt nur 36, falls Rumänien doch noch den Sprung schafft 37 Länder. Wäre unter den Umständen aber für mich ok.

    • Was EBU und EU mit Aserbaidschan aus ethischer Sicht tun müsste ist eigentlich klar, es wird aber nicht passieren.
      Unglaublich das so etwas ohne nennenswerte internationale Konsequenzen bleibt.

      Ich wünsche allen Opfern dieser Vertreibung alle Kraft die sie jetzt brauchen um das durchzustehen.

      Schmeißt diese mordende Öldiktatur jetzt endlich aus der EBU raus!

  5. Aserbaidschan sollte rausgeschmissen werden, sie betreiben hier ethnische Säuberungen und sind jetzt nicht nur mit Erdogan, sondern auch mit Putin – sonst Armeniens Schutzmacht – assoziiert.

    • Das Lied hört sich irgendwie an, wie eine Fortsetzung von dem hier – nur etwas schneller und der gute DJ Bobo schaffte ja noch nicht mal den Einzug ins Finale.

    • moin!

      da ist ja ein ganzer baukastenlaster drin verbaut! 🤡
      helene fischer & alcazar als hauptbestandteile aber auch spuren von wind,andrea berg,dschinghis khan😇 u.v.m. feststellbar – na wenn das mal gut geht.
      meine baustelle ist das jedenfalls nicht aber beim NDR dürfte das seine freunde finden.

      p.s. das postingformular macht derzeit keine umbrüche…? auch nicht mit chrome anstatt firefox.

    • Positiv: Der Beat ist gut und es ist keine Heulballade. Negativ: Gehts nur mir so, mir gehen die Stimmen schon nach sehr kurzer Zeit total auf die Nerven und mir tun dabei die Ohren weh. Grausam. Für mich ist also der Nervfaktor bei diesem Song sehr hoch. Oh mein Gott, es bleibt zu hoffen, das sich da noch andere, viel bessere Acts beworben haben. Also wenn das das beste ist, was Musikdeutschland zu bieten hat. Na dann, gute Nacht. Ich habe noch kein Act gesehen bis jetzt, den ich wirklich in der VE haben möchte. Also der Rückzug liebe ARD ist immer noch eine Option.

    • Ich stimme zu. Das Snippet war interessant, das geht im Song aber nur wenige Sekunden. Danach kommt die Eintönigkeit “Feel the love on the dance floor uh la la la” und das immer wiederholen. OUT!

      • @Tobiz

        Bin allgemein kein Fan von Chören als Hauptact da die Stimmen finde ich auf Dauer in einen einzigen undefinierbaren Klangbrei übergehen, was ich persönlich eher nervig finde.

  6. Wenn man schon über Minderheiten spricht, die ihre Eigenständigkeit suchen, dann sollte man das Thema Bayern nicht verschweigen. Ich weiß, ein heikles Thema (zumal die wichtigsten Schlüsselindustrien dort ansässig sind — aber eigentlich zählt Bayern ja zu Norditalien.
    Nicht ohne Grund gibt es ja den Begriff “Weißwurstäquator”. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass Bayern seine Abspaltung verkündet.
    Nun aber zu Armenien und Aserbaidschan. Es ist nicht nur der Faktor, dass Armenier jahrzehntelang auf dem Grund der Aserbaidschaner gelebt haben, sondern in meinen Augen auch der jahrtausendealte Konflikt zwischen Moslems und Christen. Die Armenier tun mir wirklich sehr leid – ein Volk, dass vertrieben wurde und einen Genozid hinter sich hat. Ob es irgendwann einmal einen beständigen Frieden zwischen den beiden Völkern geben wird …ich wage es zu bezweifeln. Dazu sind die Gräben einfach zu tief.
    Ich rechne auch mit einer Absage Armeniens beim JESC dieses Jahr ….aber sie werden am ESC teilnehmen, alleine schon deshalb, um Flagge gegenüber dem Aggressor zu zeigen.

  7. Gewalt, Krieg und Vertreibung sind immer furchtbar, und ich wünsche den Armeniern ganz viel Kraft. Auch, wenn sie sicher im Moment andere Sorgen haben, würde ich mich dennoch
    sehr darüber freuen, wenn Armenien in Malmö dabei sein könnte.

    Was den Konflikt um Bergkarabach angeht: Hierzu möchte ich nicht viel dazu sagen, da ich mich zu wenig mit der Materie bisher befaßt habe. Ich weiss nur, dass Gewalt natürlich keine Lösung ist. Hoffentlich schaffen die beiden Länder es, sich auf diplomatischem Wege zu einigen.

    • Vergiss es!

      Leider kann ich da absolut nichts Positiveres schreiben. Auch wenn es banal ist, das zeigt sich ja sogar in den ESC-Reaktionen, wo automatische der “Feind” immer auf den letzten Platz gesetzt wurde. Oder man erinnere sich, als Aserbaidschan schon einmal vor mehr als 10 Jahren (das genaue Jahr weiß ich nicht mehr) Aserbaidschan bewußt den Armenischen Beitrag nicht ausgestrahlt hat (der Libanon wurde zurecht gesperrt, als er ankündigte, den Israelischen Beitrag nicht auszustrahlen). Aus Protest hatten dann 20 bis 30 Asrbaidschaner für Armenien gestimmt, was zur Folge hatte, dass der Staatsschutz vor jedem einzelnen von denen vor der Tür stand (über das hochnotpeinliche Nichteingreifen der EBU, die nur sagte: “Du, du, du” will ich hier erst gar nicht reden)…

    • Das wird in 100 Jahren noch nichts, Gaby. Bergkarabach wird in drei Monaten ganz offiziell aserbaidschanisches Staatsgebiet und die Armenier, die tatsächlich den Schneid haben, dort zu bleiben, werden dann in nächster Zeit “verschwinden” und alle Hinweise auf die christlich-armenische Kultur dort beseitigt. Mein Tipp: Armenien wird sich erstmal konsolidieren, darauf warten, dass Erdogan schwächelt, die russischen Streitkräfte nicht mehr komplett in der Ukraine benötigt werden und dann in paar Jahren in Aserbaidschan einmarschieren. Traurig, aber nicht zu verhindern!

      • Wie ich das verstehe, muss Armenien momentan hoffen, dass sich Alijew nicht noch weitere Teile des Landes einverleiben will. Der hat die aserbaidschanische Armee so hochgezüchtet, dass die Armenier dem einfach nichts entgegensetzen können.

        Aserbaidschan macht mit seinen Öl- und Gasvorkommen einen Riesenreibach – und unseretwegen gerade mehr denn je.
        Armenien hingegen hat gar nichts. Keine Ressourcen, keine Industrie, nicht mal Tourismus. Wenn die Pech haben, werden die jetzt erst recht zum Prügelknaben.

  8. In Bergkarabach gibt es aktuell -soweit die Infos stimmen welche ich aus den Medien habe- so gut wie keine Armenier mehr, da diese in den letzten Tagen alle geflohen sind. Das bedeutet, dass sich dieser Konflikt eigentlich jetzt, nach so vielen Jahren, dem Ende zu neigt. Man muss hier auch auf die Länder schauen, welche diese beiden Länder unterstützen bzw. unterstützt haben. Armenien wurde nur oder zumidnest hauptsächlich von Russland unterstützt, wobei es jetzt in der letzten Zeit hier, laut Medienberichten, keine richtige Unterstützung mehr gegeben hat. Aserbaidschan hat dagegen mehrere Länder als Unterstützer. Armenien konnte also in dieser aktuellen Konstellation sowie in der aktuellen “Zeit” diesen Konflikt nur verlieren.

    Der Bergkarabach-Konflikt ist so komplex, so dass ich mir nicht anmaßen möchte genau darüber Bescheid zu wissen um damit dann zu entscheiden, ob jetzt hier Aserbaidschan -welchen laut Völkerrrecht Bergkarabach ja eigentlich gehört- vom ESC ausgeschlossen werden soll oder nicht. Außerdem ist ein Unterstützer von Aserbaidschan in diesem Konflikt auch noch ein anderes EBU-Land, nämlich Israel. Wenn jetzt Aserbaidschan vom ESC ausgeschlossen werden soll, sollten dies dann auch die EBU-Länder sein, welche Aserbaidschan unterstützen? Ich weiß jetzt nicht ob die Türkei Aserbaidschan in diesem Konflikt auch unterstützt, aber hier stellt sich die Frage eines ESC-Ausschlusses wohl gerade nicht, da die Türkei wahrscheinlich sowieso nicht vor hat beim ESC 2024 dabei zu sein.

  9. Wer sich in die Materie einlesen will, dem sei auch ein Blick auf die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan innerhalb Armeniens empfohlen. Zitat aus Wikipedia: „Zwischen 1997 und 2011 wurden auf dem Gebiet Nachitschewans planmäßig insgesamt 108 armenische Kirchen, Klöster und Friedhöfe zerstört – 98 Prozent des armenischen kulturellen Erbes in der Region.“

    Wobei ja ohnehin seit längerem klar sein dürfte, dass man kein Historiker sein muss, wer hier eigentlich im Unrecht ist.

    „Europe is watching you“ – ja, aber mehr auch nicht. Im Gegenteil: Jetzt, da wir uns, um das eine Übel durch ein leichter zu ignorierendes Übel zu ersetzen, vom aserbaidschanische Gas abhängig gemacht haben, bleibt sogar der mahnende Zeigefinger aus.

    Ich weiß nicht, ob ich für einen generellen, dauerhaften Ausschluss Aserbaidschans à la Weißrussland wäre. Aber die leider ja nicht ganz unwahrscheinliche Möglichkeit, dass Armenien erneut aussetzen könnte, während sich Aserbaidschan fröhlich und munter mit irgendwelchen schwedischen Importen als modernes, liberales 08/15-Land präsentieren darf, macht mich krank. Wie weiter oben schon jemand schrieb: Falls sich Armenien gegen eine Teilnahme entscheidet, sollte auch Aserbaidschan für das Jahr ausgeschlossen werden. Das wäre wohl das Mindeste.

  10. @Thomas M.: Du scheinst ja auch vor jedem Diktator zu kuschen. Warum die Serben damals die bösen waren? Weil sie den Krieg angefangen haben, weil sie das Massaker von Srebenica zu verantworten haben Bestimmt nicht, weil sie mit den Kroaten und Slowenen friedliche Kaffeekränzchen verantstaltet haben. Und weil sie Marionetten des Massenmörders Putin sind. Aber wem sage ich das. Ich sage noch mal: Diktaturen wie Aserbaidschan haben beim ESC nix zu suchen. Aber der EBU geht wohl da Geld vor Moral. Russland und Weißrussland haben sie ja auch lange hofiert.

    • So so, in Serbien ist also aktuell ein Diktator an der Macht? Und in den 90ern gab’s also keine Kriegsverbrechen von anderer Seite AN Serben? Ich wusste übrigens noch gar nicht, dass Putin schon in den 90ern an der Macht war.

      Nun ja, manchen Menschen scheint eine klare Gut-und-Böse-Einteilung der Welt offenbar Struktur zu geben.

      • Was den Ausschluss Aserbaidschans angeht, würde ich Dir nicht unbedingt widersprechen. Es ist furchtbar, dass die überwältigende Mehrheit der armenischen Bevölkerung sich gezwungen sah, aus Berg-Karabach zu fliehen.

        Danke für all die sachlichen Informationen hier zum Hintergrund des Konfliktes.

  11. Vieles weist darauf hin, dass Armenien den Weg der Ukraine gehen wird. D. h., zunächst werden sie erst mal den ESC gewinnen.

  12. Ich persönlich habe null Bezug zu Armenien, aber trotzdem emotionalisiert mich das Thema Arzach ungemein. Ich muss wirklich versuchen, nicht zu viel darüber nachzudenken, weil ich mich sonst vergesse. In zwei Wochen werden einfach mal so zwei Jahrtausende Geschichte einer einzigartigen Kultur, der ältesten christlichen Nation der Welt, in Arzach/Bergkarabach weggewischt und die Welt schaut zu, teilweise wird es sogar bejubelt, auch in Deutschland.
    Natürlich sehe ich keine Rechtfertigung mehr dafür, dass Aserbaidschan weiterhin teilnehmen darf. Auch wenn das betroffene Gebiet laut UN zu Aserbaidschan gehört, besteht meiner Ansicht nach kein Unterschied zum russischen Versuch, die Ukraine zu vernichten. Aber man darf sich in Baku der Gleichgültigkeit gewiss sein, auch weil fast die gesamte Bevölkerung Arzachs geflüchtet ist, obwohl sie ja “die Wahl gehabt hätte, ein Teil der aserbaidschanischen Nation” zu sein, obwohl im Krieg vor drei Jahren klar wurde, dass eher Mord und Totschlag als Koexistenz bevorstehen würden. Und diese Gleichgültigkeit wird man eines Tages noch bitter bereuen, schließlich soll die ausbleibende Bestrafung des Völkermordes 1915 bekanntlich Adolf Hitler im Glauben bestärkt haben, ungestraft ganze Völker auszurotten.

  13. Ach mensch, bin da echt zwiegespalten. Mein Kopf und mein Gerechtigkeitssinn sagen mir: Man darf hier keine Ausnahme machen. Russland und Belarus dürfen ja auch nicht mehr teilnehmen, eben weil sie alles mißachten, wofür die EBU steht – nämlich friedliche Völkerverständigung. U. a. deshalb wurde ja auch der ESC 1956 ins Leben gerufen. Weil Aserbaidschan aber genau das Gegenteil macht, müßten sie auch disqualifiziert werden.
    Mein Herz sagt mir aber: Dort wohnen bestimmt aber auch Menschen, die einfach nur in Frieden leben wollen, ich denke, wie in Russland und Belarus auch. Möchte nicht wissen, wie viele Leute auf einmal “verschwinden”, weil sie sich gegen die Herrscher auflehnen. Jetzt werden sie noch zusätzlich isoliert. Das ist schon bitter.

    Nun, ich denke aber, wenn ich es nüchtern betrachte: Der teilnehmende Sender ist ja staatlich gelenkt, also bleibt der EBU eigentlich keine andere Wahl, als Aserbaidschan zu suspendieren, wenn sie nicht massiv an Glaubwürdigkeit verlieren wollen.

    P. S.  Will natürlich in keinster Weise das Elend der armenischen Bevölkerung kleinreden, und schon gar nicht gutheißen, was der aserbaischanische Staat macht, um Himmels Willen, nein. Nur meine Zerrissenheit in Fragen einer Suspendierung Aserbaidschans zum Ausdruck bringen. Schlimm, dass man überhaupt darüber nachdenken muss.🙁

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