Replay Rotterdam (11): FreeESC vs. ESC

Auch in diesem Jahr gab es wieder ein Duell zwischen dem FreeESC von ProSieben und dem ESC in Rotterdam – wenn gleich auch als Fernduell und nicht mehr in direkter Konkurrenz wie noch im Vorjahr. Da wir beide Shows eng verfolgt und begleitet haben, blicken wir heute zurück auf die beiden Wettbewerbe und ziehen ein Fazit – wer hatte in diesem Jahr die Nase vorn?

Am 15. Mai, also eine Woche vor dem Eurovision Song Contest, fand in diesem Jahr die zweite Ausgabe des Free European Song Contest – kurz FreeESC – statt. Erneut wurde die Show zur besten Sendezeit am Samstagabend auf ProSieben übertragen. Das Interesse an der Show war wohl recht groß, schließlich erreichte unser Live-Blog fast 600 Kommentare. Insgesamt hat der FreeESC in diesem Jahr jedoch an Zuschauern verloren und das obwohl es keinen direkten Showdown mit dem (Ersatz-)ESC-Programm gab wie noch im letzten Jahr.

Doch kommen wir noch einmal zur Show selbst: Grundsätzlich gab es keine großen Änderungen, wie im letzten Jahr gab es ausgewählte Juroren, die die Punkte vergaben. Für Deutschland, Österreich und die Schweiz wurden die Punkte per Zuschauervoting ermittelt. Auch die Künstlerauswahl lief ähnlich wie im letzten Jahr, sodass vor allem deutsche Acts für diverse Länder antraten, die gerade neue Musik veröffentlicht haben und den FreeESC als Promostation nutzen, was natürlich auch absolut legitim ist. Dass es jedoch auch Statements beim FreeESC geben kann, zeigte Elif, die für die Türkei mit ihrem Song „Alles Helal“ ein Zeichen gegen Gewalt, vor allem vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in der Türkei, setzte. Unnötig waren die immer wieder eingebauten Seitenhiebe gegen den NDR in Bezug auf Ben Dolic, dessen FreeESC-Teilnahme mit „Stuck In My Mind“ durchaus dafür genutzt wurde, um an dieser Stelle auszuteilen.

Was lernen wir also aus dem FreeESC 2021: Die Grundidee von Stefan Raab ist sicherlich nicht verkehrt, noch immer finden sich da draußen bestimmt zahlreiche Sympathisanten des Bundesvision Song Contest. Doch hier und da wirkt die Show unprofessionell, sei es bei den Moderationsansagen oder den teilweise enttäuschenden Bühnenbildern und -performances der Acts. Auch das Abstimmungsverfahren könnte überdacht werden. Andererseits mag die Intention der Show auch mehr auf dem Entertainmentcharakter liegen als darin, ein repräsentatives Votum von Jurys und Publikum abzubilden.

Besser bei den Zuschauern, zumindest in absoluten Zahlen, punktete damit eindeutig der ESC aus Rotterdam. Bereits bei den beiden Semifinalen auf ONE konnten die Zuschauerzahlen gesteigert werden. Nicht zuletzt auch der Erfolg von Måneskin in den deutschen Charts zeigt das weiterhin andauernde Interesse an den diesjährigen ESC-Teilnehmern. Auch insgesamt waren die Shows aus Rotterdam deutlich professioneller, was natürlich auch am höheren Budget und der immens großen Produktion liegt. Und dennoch wurde hier wohl eindeutig mehr Herzblut aufgewandt als für die Produktion des FreeESC.

Schlussendlich können wir uns aber auch freuen, dass es im Showbusiness offensichtlich Platz für einen weiteren Musik-Wettbewerb gibt. Und solange der FreeESC terminlich nicht mit dem eigentlichen ESC kollidiert, spricht nichts gegen eine weitere Sendung zur Primetime am Samstagabend, oder? Jedenfalls haben Conchita und Steven Gätjen bereits während der Show verkündet, dass der FreeESC auch im nächsten Jahr stattfinden wird und uns somit wieder genügend Stoff liefern wird, um über den FreeESC und den ESC zu sprechen.

Habt Ihr den FreeESC 2021 geschaut und wie hat Euch die Show im Vergleich zum ESC gefallen? Welche Veränderungen würdet Ihr Euch für die Show im kommenden Jahr wünschen? Schreibt uns gerne Eure Meinung zum Vergleich von FreeESC und ESC in die Kommentare!

Bereits in der Serie „Replay Rotterdam“ erschienen:

Unser Rückblick auf den ESC 2021
(1) Das waren die Fan Favourite Fails und Dark Horses des ESC 2021
(2) Måneskin aus Italien waren mit „Zitti e buoni“ auch die Televoting-Sieger
(3) Live-Blogs, Live-Blogs, Live-Blogs
(4) Der Corona-ESC
(5) Das Moderatoren-Team unter die Lupe genommen
(6) Wie der WWF mit dem ESC die Welt retten will
(7) Wie geht’s weiter in und mit Österreich?
(8) So war die Arbeit im Online-Pressezentrum
(9) Täglich ESC kompakt LIVE – mehr als ein Zuckerschock
(10) Erfolgsfaktor Band – Waren Bands in diesem Jahr besonders erfolgreich?


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24 Comments
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Gaby
Gaby
2 Jahre zuvor

Na ja, ich bin da etwas zwiegespalten: Mir hat die Musikauswahl beim FreeESC sehr gut gefallen, aber die Show war mir dann doch etwas zu … wie soll ich sagen … reißerisch. Irgendwie typisch Privatfernsehen, musisch ich sagen, ohne allzu arrogant klingen zu wollen. Besonders die Postkarten bzw. die Kommentare waren mir zu klischeebehaftet. Aber okay, ich habe versucht, es mit Humor zu sehen und nicht allzu ernst zu nehmen, was mir weiß Gott nicht immer leicht fiel.
Auch die Wertung fand ich eher nicht wirklich nachvollziehbar. Schlußendlich kann ich aber sagen, dass ich mich trotzdem gut unterhalten gefühlt habe, einfach wegen der (meiner Meinung nach) guten musikalischen Qualität. Das Konzept der Sendung ist schon eine gute Idee, finde ich, aber bei der Umsetzung ist noch viel Luft nach oben.😉

ag9
ag9
2 Jahre zuvor

Ich fand den „Free“ ESC überflüssig wie einen Kropf, tatschlich mit Ausnahme von Elif. Auch die von mir eigentlich geschätzte Conchita war äh, naja…

Das fand ich schon wärend der Sendung. Als dann anschließend die drei Shows aus Rotterdam kamen, die ja – nochmal Kompliment an die Niederländer – so grandios professionell, teuer und wertig, aber nicht protzig waren, hab ich kein einziges Mal mehr an die doch recht billige (nicht wegen des Budgets) Pro7-Sendung gedacht – bis ihr mich heute wieder dran erinnert habt. Ich brauch diese Sendung nicht nochmal, aber egal, wer es sehen will, soll…

escfan05
escfan05
2 Jahre zuvor

Tut mir leid, bis auf die Musik, und das auch nur zum Teil positiv, fand ich die Show echt zum fremdschämen. Die sogenannten Postkartenfilmchen waren eine Frechheit und nicht witzig. Absolut verarscht habe ich mich gefühlt, als der Helge Schneider wieder auftrat. Nicht das ich was gegen Helge Schneider hätte, aber wenn Pro Sieben mit seinem Wettbewerb ernst genommen will, das sollten sie solche Aktionen tunlichst in Zukunft vermeiden. Ne dritte Sendung werde ich mir sparen.

Thilo mit Bobby
Mitglied
2 Jahre zuvor

Also ganz ehrlich ich hatte mir viel mehr vom Free ESC erhofft. Aber das war ja ein Unterschied wie Tag und Nacht. Rein musikalisch war das nur zum Teil radiotauglicher aber ansonsten gleichwertig. Alles andere war unterirdisch

ESCFan2009
ESCFan2009
2 Jahre zuvor

Richtig vergleichen möchte ich die beiden Shows eigentlich gar nicht, aber musikalisch werde ich den FreeESC auf jeden Fall weiter verfolgen. Einspielfilmchen könnten anders gemacht werden, „Späße“ a la Helge Schneider müssen nicht sein, Voting war zumindest ganz okay. So große Namen wie Milow und Amy McDonald würde ich auch gerne in den nächsten Jahren in einer solchen Musikshow sehen 🙂

Stefanie Heinzmann mit ihrem Popbanger im Pyroregen aus dem letzten Jahr bleibt jedoch erstmal an der Spitze meiner schönsten FreeESC-Momente 😀

inga
inga
2 Jahre zuvor

Elifs Auftritt war großartig! Lied, Gesang, Choreo, Inszenierung, einfach top! Der Sprachenwechsel ab Minute 1:45, das Kopfschütteln gefolgt von „und ich hoff, du liebst mich so, wie ich bin“ erzeugt bei mir mit jedem Schauen erneut Gänsehaut. Allein dafür danke ich dem Spaß-Event „Free ESC“. Mehr als ein Spaß-Event ähnlich der Wok-WM u.ä. ist es eben nicht.

Amüsant sind zumindest teilweise die Kommentare unter dem Youtube Video. Dort regen sich viele User darüber auf, wie die Türkei es denn wagen kann, so einen Song zum ESC zu schicken. Wenn die wüssten. Die Betonung liegt auf teilweise. Viele Kommentare sind sehr grenzwertig.

Gaby
Gaby
2 Jahre zuvor
Reply to  inga

Elif ist großartig. Dem kann ich nur zustimmen.🙂

Porsteinn
Mitglied
Porsteinn
2 Jahre zuvor

Ja, Elif war das Beste an dieser Veranstaltung. Die Postkarten hingegen zum Fremdschämen.

SanomiKedvesem
SanomiKedvesem
2 Jahre zuvor

Ich muss den Kommentator:innen vor mir beipflichten, die Show war allenfalls mäßig. Mittelmäßig, um genau zu sein. Einige Titel waren gut, andere hingegen verschwanden schnell wieder aus meinem Kopf. Und Rea Garvey hatte vielleicht auch den Vorteil, dass man sein Lied schon lange aus dem Radio kannte. Die anderen Songs drohen wohl früher oder später im Nirgendwo zu verschwinden. Außer dem niederländischen Beitrag, der wurde ja im eigenen Lande noch ein Hit.

Wenn also wirklich eine dritte Ausgabe kommen sollte, dann bitte mit grundlegenden Änderungen und etwas mehr Herzblut. Vielleicht kommt es aber nicht mehr zur dritten Show – so wie bei mancher ProSieben-Show, bei der man eine Fortsetzung vor laufenden Kameras versprach, diese aber nie kam…

PS: Ein interessanter Fund in den deutschen Single-Charts: Auf Platz 16 steht ein Song namens „Ti Amo“ von Pietro Lombardi. Das ist aber nicht das Gleiche wie der letztjährige FreeESC-Beitrag „Te Amo Mi Amor“ von seiner Ex, die sich mittlerweile wieder offiziell Sarah Engels nennt. Aber sehr interessant, die Wahl der Titel…

inga
inga
2 Jahre zuvor
Reply to  SanomiKedvesem

„Ti Amo“ ist als Titel doch recht beliebt, gab’s u.a. schon in den 70ern von Howie C.

4porcelli - Danish dynamite all the way!
4porcelli - Danish dynamite all the way!
2 Jahre zuvor
Reply to  inga

Einer der wenigen Songs, bei denen ich die deutsche Cover-Version besser finde, als das Original.

ItaloJeck
ItaloJeck
2 Jahre zuvor
Reply to  inga

Wie meinst du das, 4porcelli?
Den surrealen Text von Umberto Tozzi finde ich einfach unschlagbar.
Was die Stimme angeht… ok, das ist eine andere Geschichte… 🙂

4porcelli - Danish dynamite all the way!
4porcelli - Danish dynamite all the way!
2 Jahre zuvor
Reply to  inga

@Italojeck – ich hab da stimmlich einfach immer eine Schwäche für Howard Carpendale (und der Akzent schadet bei Worten wie „sinnlieschey“ natürlich auch nicht ;-)).

Gaby
Gaby
2 Jahre zuvor
Reply to  inga

Die deutsche Version von „Ti Amo“ gefällt mir auch viel besser. Es gibt nur wenige deutsche Covers, die mir wirklich gefallen. Neben „Ti Amo“ mag ich auch noch die deutsche Version von „Take A Look of my face“ (Freu Dich bloß nicht zu früh“) von Gitte viel, viel lieber.🙂

Nilsilaus
Nilsilaus
2 Jahre zuvor

Ich gebe dem FreeESC noch 2 oder 3 Ausgaben und das war’s dann auch.

Cedric
2 Jahre zuvor

So sehr ich den FreeESC 2020 geliebt habe, so sehr habe ich ihn 2021 gehasst. Da war bis auf Elif und einige Einspieler nichts Gutes dabei.

Tobiz
Mitglied
Tobiz
2 Jahre zuvor

Nachdem ja schon letztes Jahr klar war, in welche Richtung der FreeESC gehen will, habe ich keine positiven Änderungen erwartet.
Die Musik war noch mehr 0815 als im letzten Jahr (außer Elif). Besonders einen Beitrag fand ich im Nachhinein besonders traurig. Ich habe vor einigen Wochen die Gruppe „Eisblume“ auf Youtube entdeckt. Die Musik fand ich sehr interessant (ähnlich wie Unheilig) und die Sängerin wirkte sehr sympathisch, allerdings gibt es die Band nicht mehr. Tja. Dann erfuhr ich, dass die Sängerin anscheinend beim FreeESC mitgemacht haben soll. Ok. Habe ich nicht mitbekommen. Der Grund: Sie sang einen furchtbaren Schlager. Das ist auch mal ein musikalischer Werdegang. Sehr schade.
Steht aber für mich stellvertretend für die ganze Musik dort. 16 Songs, die „Vergiss mich!“ schreien.
Dann die Moderation. Ich mag Conchita und Steven sehr, aber sie wirken einfach nicht gut zusammen. Besonders Conchita. Ich hab das Gefühl, dass sie vertraglich dazu verpflichtet ist, dass sie immer eine Bemerkung macht, wenn von Österreich die Rede ist, damit auch ja alle verstehen, dass sie aus Österreich kommt. Österreich bekommt Punkte? Erstmal betonen, wie toll das doch ist. Weil sie ja da her kommt und so.
Dazu die sehr unbeholfene Punkteverteilung. Die Sprecher wirken so, als ob sie noch nie einen ESC gesehen haben und das nur für die Aufmerksamkeit machen. Schließlich werden sie während der Show ja auch immer prominent angekündigt. Name dropping auf höchstem Niveau.
Soweit ich mich erinnere war der Bundesvision Song Contest aber auch nicht stark anders. Besonders was die Musik betrifft.
Es ist eine aufgeblasene Show, die so tut, als wäre sie dem ESC eine ernste Konkurrenz, aber in Wahrheit ist es nur ein großer Klamauk, der in vielerlei Hinsicht klar unterlegen ist.
Stellt euch mal vor, der ESC würde solche Postcards machen. Dieses erzwungene lustig sein, aber dann doch wieder ganz ernst werden, wenn die Musik kommt, welche in den Himmel gelobt wird als wäre es ein ganz starker Wurf. Dann wieder der Spaß. Das ist doch einfach unseriös.
Oder es soll kompensieren. Wie schon jemand anderes meinte: Man merkt einfach, dass es ein privater Sender ist.

Tobiz
Mitglied
Tobiz
2 Jahre zuvor
Reply to  Tobiz

Ah genau. Ich schließe mich auch den Leuten an, die eine Woche später beim ESC den FreeESC bereits komplett vergessen haben, an.

LoicLover
LoicLover
2 Jahre zuvor

Also ich hab den FreeESC weder 2020 noch 2021 geschaut und nach euren Kommentaren werde ich ihn auch nächstes Jahr nicht schauen, wenn es ihn denn nächstes Jahr geben sollte

Matty
Matty
2 Jahre zuvor

BREAKING NEWS:

Die EBU hat Weißrußland offiziell suspendiert und das bedeutet, daß das diktatorisch regierte Land dieses Jahr nicht am JESC teilnimmt:

https://eurovoix.com/2021/07/01/belarus-ebu-suspends-btrcs-membership/

Die Polnische Musikerunion (Związek Zawodowy Muzyków RP) hat den für den ESC/JESC federführenden Sender TVP aufgefordert, ab sofort nur noch Songs für den ESC auszuwählen, die von polnischen Autoren bzw. Autorinnen verfaßt wurden:

https://eurovoix.com/2021/07/01/musicians-union-tvp-songwriters-eurovision/

Dadurch soll das Land bei seiner Teilnahme im kommenden Jahr wieder in die Erfolgsspur zurückkehren und das Finale erreichen.

Dr.Sanremo
Dr.Sanremo
2 Jahre zuvor

Wann kommt den wieder Throwback Thursday?

Gaby
Gaby
2 Jahre zuvor
Reply to  Dr.Sanremo

Würde mich auch freuen.🙂

Peterchen
2 Jahre zuvor

FreeESC? Überflüssig! Helge-Udo-Schneider-Lindenberg – nur Blödsinn. So schön die Idee ist, Künstlern in Deutschland mit ausländischen Wurzeln eine Plattform zu bieten, der ESC ist ein anderes Format und lässt sich nicht 1:1 in das Raabsche Konzept pressen. Wird sich bald überlebt haben.

tobisol
tobisol
2 Jahre zuvor

Ich hab mir den FreeESC dieses Jahr sicher das letzte mal angetan. Musik war..ok. Aber die Postkarten und Moderation war unterirdisch. Es war nicht witzig, sondern eher geschmacklos.