Russland schreibt die ukrainische ESC-Siegerin Jamala zur Fahndung aus

Foto: Instagram @jamalaaa

Russland hat die ukrainische ESC-Siegerin Jamala zur Fahndung ausgeschrieben. “Dschamaladinowa, Sussana Alimonova wird gemäß einem Artikel des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation gesucht”, heißt es in der Datenbank des russischen Innenministeriums. Laut Medienberichten war dabei nicht weiter angegeben, welches Verbrechen genau Russland der Sängerin und Songschreiberin vorwirft, die unter ihrem Künstlernamen Jamala 2016 mit “1944” den Eurovision Song Contest in Stockholm gewonnen hat.

Die Website Mediazona konkretisierte, dass Jamala bereits Mitte Oktober 2023 zur Fahndung ausgeschrieben worden sei. Demnach werde ihr vorgeworfen, Fake News über die russische Armee verbreitet zu haben (Teil 1 von Artikel 207.3 des russischen Strafgesetzbuchs). Im November soll Jamala in Abwesenheit von einem russischen Gericht verhaftet worden sein. Die Künstlerin selbst hat mittlerweile in einer Story auf die Information reagiert: mit einem Facepalm-Emoji (Screenshot unten). Dieses wird z.B. genutzt, um Unbehagen oder Peinlichkeit auszudrücken, wenn etwas Offensichtliches übersehen oder falsch gemacht wird.

Foto: Instagram @jamalaaa

Als Jamala am 4. März 2022, nur wenige Tag nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine und ihrer eigenen Flucht aus dem Land, bei der deutschen Vorentscheidung “Germany 12 Points” für den ESC in Turin auftrat, war das der emotionale Höhepunkt der Sendung. Sie versinnbildlichte den Wunsch nach Frieden und Unabhängigkeit für die Ukraine. In ihren ESC-Siegertitel “1944” ging es um eine frühere russisch/sowjetische Aggression gegen einen Teil der Ukraine, nämlich die von Moskau bzw. Josef Stalin befohlene Vertreibung der Krimtataren von ihrer Halbinsel. Jamalas Vater selbst war Krimtatare.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre wurde die Ukraine selbständig. Zu ihrem völkerrechtlich anerkannten Gebiet gehört auch die Halbinsel Krim im Schwarzen Meer. Im Frühjahr 2014 besetzte Russland entgegen internationaler Verträge die Krim. Dies wird auch als eine Reaktion auf den Euromaidan gesehen, bei dem das ukrainische Volk den pro-russischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch absetzte und dieser letztlich flüchtete.

Jamala nahm 2016 an der ukrainischen Vorentscheidung “Vidbir” als einer von 18 Acts teil. Nach einem Halbfinale zog sie in das Finale ein. Von der Jury erhielt sie die zweithöchste Punktzahl, vom TV-Publikum die höchste (und mit Abstand die meisten Votes). Beim ESC in Stockholm wurde sie im zweiten Halbfinale zweite hinter der Australierin Dami Im. Diese konnte sie allerdings im Finale hinter sich lassen und holte so für das Land den zweiten ESC-Sieg.


24 Kommentare

    • Und das obwohl ja selbst das falsch wäre, weil Dami Im bekanntlich für Australien den zweiten Platz hinter der Ukraine und damit vor Russland belegte. 😂 Irgendwie traurig.

    • Naja … ESC bezogene Nachrichten passen ja wohl in einen ESC Blog?
      Was soll der unnütz, dumme Kommentar? Ist wohl die bessere Frage…

      • Genauso bescheuert wie diejenigen, die fordern, dass beim Kollegen Eurovoix nicht mehr über Israel berichtet werden soll – und das sind aktuell ganz schön viele. Eurovision Fanseiten haben aber doch immer das Recht, unabhängig der politischen Situation, über teilnehmende Länder und ehemalige Sieger zu berichten.

      • Es gibt wirklich ESC-Fans die das wollen, dass nicht mehr über Israel berichtet wird? Traurig!

      • AlexESC, diese Leute sind keine richtigen ESC-Fans. Egal wie oft die das behaupten. Denn die ESC-Comunity zeichnet sich eigentlich durch eine Weltoffenheit aus. Jedes Land ist und sollte beim ESC erwünscht sein. Ausgenommen sind natürlich Länder, die Krieg gegen ein anderes Land führen. Die sind aber nur ausgenommen, weil sie damit nämlich die Grundwerte des ESC mit Füßen treten. Und solche Länder haben es selbstverständlich nicht verdient, am ESC oder den Junior ESC teilzunehmen. Alle anderen Länder sind aber natürlich erwünscht oder sollten es zumindest sein.

      • Ja, es gibt tatsächlich ganze Kampagnen wie „United without Israel“ von Leuten, die unter jedem Eurovision-Beitrag in den sozialen Medien die Kommentarspalten damit fluten, dass alles, was Israel verbreite, Lügen seien und deshalb den Ausschluss fordern. Sie stützen ihre Aussagen dabei mit den schrecklichen Bildern aus Gaza.

      • Ich habe letzte Woche den Fehler gemacht auf “X” mal bei der offiziellen Ticket-Info der EBU (Infos zum Ticketverkauf kommen diesen Donnerstag) in die Kommentare zu schauen.
        Ein Drittel beschwert sich darüber, dass die Teilnehmerliste noch nicht feststeht.
        Zwei Drittel fordern die Disqualifikation Israels.

        Die ganze Diskussion über Israel/Palästina ist emotional so hochgefahren, dass sie überall hingetragen wird. Da wird die beschauliche ESC-Welt leider nicht von verschont.

      • Der Konflikt zwischen Israel und Palästina/Gaza ist mMn zu komplex um mal eben einen Ausschluss zu fordern. Genauso ist es für mich aber auch etwas arg vereinfacht, den Ausschlussforderern die ESC-Werte absprechen zu wollen.

        Ich finde eine grundsätzlich ablehnende Einstellung zu Krieg sehr wohl mit den Werten des ESC vereinbar.

        Aber nochmal: die Situation in Israel ist komplex und emotional wie religiös aufgeladen – ganz besonders jetzt. Diskussionen sind da nur schwer zu führen, aber auch Pauschalverurteilungen wenig hilfreich.

      • @Frédéric – der Konflikt ist zwischen Israel und Hamas; Palästina/Gaza sind nicht = Hamas.

      • @Jared okay krass, Eurovoix wird also nicht weiter über den israelischen Vorentscheid und andere israelische Entwicklungen berichten, außer sie haben mit dem fertigen Beitrag zu tun und ehrlich gesagt kann ich diese Entscheidung sogar nachvollziehen, sollte der Clip, der im Statement erwähnt wird, so wirklich im Umlauf sein. Schade, dass man den ESC von israelischer Seite jetzt scheinbar so für politische Zwecke missbrauchen möchte.

      • @ J.Freizeit – Sorry, aber die Herrschaften von Eurovoix haben sich mit dem Gewäsch vollkommen selbst entlarvt. Es werden in einem traumatisierten Land im Kriegszustand Menschen in Uniform gezeigt? Na, ist ja ein Ding. Kommt ja auch in Friedenszeiten in Israel auch kaum vor… Wenn die Abbildung der Realität Politisierung ist, dann war es auch Politisierung, dass die Ukraine ihren Vorentscheid in einem U-Bahnhof abhalten musste. Besonders feige ist allerdings die Vorgehensweise: “In einem Clip, den wir nicht zeigen.” Warum zeigt man denn nicht, was einen so stört? Und vor allem, warum nimmt man denn nicht Bezug auf das Schlachten von 1.200 Menschen, das all dem vorausging und das der Grund für die Situation ist? Da redet ja irgendwie kaum noch jemand von. Höhepunkt der Heuchelei ist ja dann, dass man universell Frieden wünscht. Tja, hat man ja am 7. Oktober gesehen, was die Hamas so von Frieden hält. Was für ein peinliches, respektloses Armutszeugnis, das die massive Unkenntnis, die in Europa über Israel und die israelische Gesellschaft herrscht einmal mehr verdeutlicht.

      • @J. Freizeit jetzt hat sich auch die spanische Newsseite ESCplus aus den gleichen Gründen entschieden nicht weiter darüber zu berichten. Gestern Abend lief die erste Folge der israelischen Castingshow, die auch als Vorauswahl genutzt werden soll, Soldaten wurden in die Show implementiert.

  1. @Douze Points eventuell ein kleiner Fehler im Text eingeschlichen? Jamala wurde höchstwahrscheinlich in Abwesenheit verurteilt und nicht verhaftet. Zumindest würde für mich das logischer klingen.

    Da sieht man wie weit es mit der Demokratie in Russland ist, das solche Urteile möglich sind. Demnach müssten alle westlichen Journalisten die über den Krieg berichten ebenfalls gesucht werden.

  2. Da kann man mal sehen, wie weit sich Putinland inzwischen von dem, was sich Zivilisation nennt, verabschiedet hat. Es wird Generationen dauern, bis das wieder ins Lot kommt (falls die Welt dann noch dieselbe ist…)

    • Ich empfehle “Jenseits von Putin – Russlands toxische Gesellschaft” der Deutschlandfunk-Korrespondenten Dornblüth und Franke. Großen Eimer immer griffbereit haben. Man macht sich das nämlich viel zu einfach, wenn man immer meint, es wäre ja nur Putin. Da liegt weitaus mehr im Argen.

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