Website-Icon ESC kompakt

Ana Soklič für Slowenien: Schafft es „Amen“ ins Finale?

Sie war (neben den Tänzern von Albina) das ungekrönte optische Highlight auf dem Moroccanoil-induziert-Turquoise-gefärbten Red Carpet: Ana Soklič aus Slowenien, die in der Bubble unbestritten anerkannte beste und vielseitigste Stimme, die der ESC seit Jahren erlebt. Aber reicht das alles, um beim ersten Halbfinale mit einem mittelguten Song, der auch noch an Startnummer 2 ran muss, das Finale zu erreichen?

RTV SLO hat wirklich reingesteckt, was nur geht. Hochrangige A-Lister wie Vladimir Graić („Molitva“) waren beim zweistufigen Jury-Songauswahlverfahren dabei. Der Songtitel „Amen“ selbst ist schon ein Statement (wie sich dann herausgestellt hat, allerdings kein originäres im Jahrgang 2021). „Amen“ kommt aus der Feder von Žiga Pirnat, Bojan Simončič. Ana Soklič selbst und Charlie Mason, der auch „Rise Like A Phoenix“ mitgeschrieben hat.

So hört man der epischen Ballade auch an, dass die Producer auf starke Conchita-Style-Gesten auf der ganz großen Bühne in Kombination mit der maximalen Intensität von Ana Stimme schielen. Die Namen der Songwriter, auch die Namen der Mitwirkenden im Background klingen eindrucksvoll. Abgemischt hat „Amen“ Tony Maserati aus Los Angeles, der schon mit Beyoncé, Usher, Jason Mraz und The Black Eyed Peas gearbeitet hat.

Der hymnische Backgroundchor wurde von Žiga Pirnat produziert. Ana Soklič aus Slowenien und ihr Team haben sich entschieden, dafür die EBU-Ausnahmeregelung zur Vorab-Aufzeichnung von Backgroundvocals zu nutzen, um nicht zu sagen auszuschöpfen. Die Stimmen dafür lieferte ein amerikanischer Gospelchor aus einigen der besten Studiosängerinnen und -sängern Hollywoods. Dieser hymnische Backgroundchor ist von Žiga Pirnat rund um Dorian Holley gruppiert worden, der schon mit Michael Jackson und James Taylor getourt hat.

Seit Kurzem gibt es allerdings auch eine neue Version von „Amen“. Um den Buzz vorantreiben, hat RTV SLO in der Woche vor Probenbeginn zusätzlich ein Acappella-Video von Ana mit dem 31-köpfigen „vocal orchestra“ Perpetuum Jazzile veröffentlicht.

Perpetuum Jazzile reklamiert für sich, eine der „most spectacular and biggest vocal groups across the globe“ zu sein und argumentiert unter anderem mit der Beliebtheit des Ensembles auf YouTube. Ihre Adaption von Totos „Africa“ hat über 50 Millionen Klicks eingesammelt.

Ana ist glücklich über die Zusammenarbeit: „Es sind wirklich fantastische Top-Stimmen. Ich könnte mir nichts anderes als das für meinen Song wünschen.“

Nicht nur Charlie „Rise Like A Phoenix“ Mason, auch Perpetuum Jazzile haben eine exzellente ESC-Retro-Visitenkarte. Der Chor (bzw. Teile davon) kam auch schon bei Maarayas „Here For You“ zum Einsatz, die 2015 für Slowenien einen guten 14. Platz erzielten.

Dass es in diesem Jahr nicht so gut laufen könnte, nimmt die slowenische Delegation bereits in der zugehörigen Presseinfo vorweg. „Not everything is about numbers.“ (Es geht nicht immer nur um Zahlen.) „Viel wichtiger ist der Eindruck, den die Künstler hinterlassen.“ In der Tat, darüber brauchen wir uns dank Ana keine Sorgen zu machen.

Denn weil Ana Soklič als eine der stärksten Stimmen gilt, die der ESC in den letzten Jahren erlebt hat, wird sie liefern. Ihre Bandbreite von Jazz und Soul über R&B bis hin zur Powerballade macht sie in einem Umfeld von mehrUptempo-Nummern als starken Balladen unique. (Nur schade, dass Ana nicht mit dem bessere Song aus dem Vorjahr antreten darf.)

Fans von Ana (wie der Autor dieser Zeilen) fragen sich, ob die Pluspunkte (Bühnenpräsenz, Erfahrung, Reputation, Stimme, Botschaft, Chor, Alleinstellung als Powerballade) für eine Finalqualifikation ausreichen. Dagegen sprechen das starke Wettbewerbsumfeld, die frühe Startnummer, der etwas inkonsistente Backdrop und vor allem die Squeeze-Position zwischen den visuell starken Favoriten Litauen und Russland, die beide ein optisches Feuerwerk entfachen.

Für das Finale braucht es die Jurys, die Ana weit vorne in ihre Top Ten aufnehmen, um den zu erwartenden niedrigen Televoting-Zuspruch auszugleichen. Was meint Ihr?

Um sich nichts vorzuwerfen, hat der Autor dieses Beitrags schon einmal auf die Finalqualifikation von Ana, die sich im LookLab Rotterdam mit NikkieTutorials erfrischend unverstellt präsentiert, gewettet. Daumen hoch für Ana. Vielleicht hilft auch beten. Amen.


Die mobile Version verlassen