TV-Quoten: „Eurovision: Europe Shine A Light“ nicht annähernd auf ESC-Niveau

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Bild: EBU / Kris Pouw

Die European Broadcasting Union (EBU) hat sich in diesem Jahr gemeinsam mit den niederländischen Rundfunkanstalten NOS, NPO und AVROTROS dafür entschieden, den abgesagten Eurovision Song Contest 2020 nicht durch eine tatsächliche Alternative zu ersetzen, sondern stattdessen die vielleicht etwas zu ernste Tribute-Sendung „Eurovision: Europe Shine A Light“ zu senden. Das stieß in Europa auf begrenztes Interesse, denn insgesamt schaltete nicht einmal die Hälfte der Zuschauer ein, die normalerweise den ESC vor dem Fernseher verfolgen. Insgesamt sahen 73 Millionen Zuschauer die Sendung (wobei nicht aus allen Ländern Daten vorliegen), beim ESC 2019 waren es letztes Jahr 182 Millionen.

Die meisten Zuschauer konnten sich in Italien (durchschnittlich drei Millionen Zuschauer), Großbritannien (2,4 Millionen), im Gastgeberland Niederlande (2,4 Millionen) und in Russland (2,1 Millionen) für „Europe Shine A Light“ erwärmen. Im großen Fernsehmarkt Deutschland verfolgten im Durchschnitt lediglich 1,64 Millionen Personen die Show, wobei diese im Ersten bekanntlich nicht nur wie geplant eine Stunde später, sondern dann auch noch mit einer zusätzlichen Verspätung von etwa 20 Minuten startete, also erst weit nach 22 Uhr. Alleine in Deutschland gingen im Vergleich zum ESC-Finale 2019 so etwa 6,5 Millionen Zuschauer verloren. In Österreich sahen durchschnittlich 235.000 Personen „Europe Shine A Light“, in der Schweiz 159.000 Personen.

Zufrieden können die nationalen Sender aber damit sein, dass sie wie im Vorjahr besonders bei jungen Menschen punkten konnten. 20% der Zuschauer waren laut EBU zwischen 15 und 24 Jahre alt, der Schnitt bei den übertragenden Sendern liegt normalerweise bei 11%. Ein Erfolg war das ESC-Jahr 2020 auch online – trotz der Absage und ebenfalls wie im vergangenen Jahr. Der offizielle YouTube-Kanal verzeichnete zwischen März und Mai 53 Millionen einzelne Nutzer, von denen 74% unter 35 Jahre alt waren. In diesem Zeitraum gab es mehr als zwei Millionen Interaktionen auf den Social-Media-Kanälen von eurovision.tv.

Sicherlich war nicht damit zu rechnen, dass „Eurovision: Europe Shine A Light“ dem ESC quotenmäßig Konkurrenz macht, ein Einbruch um mehr als die Hälfte der Zuschauer ist allerdings deutlicher als gedacht. Die Verantwortlichen zeigen sich auf eurovision.tv trotzdem rundum zufrieden mit der Show und den Quoten.

„Eurovision: Europe Shine A Light“ war auch die letzte Eurovisions-Show, an der Jon Ola Sand als Executive Supervisor beteiligt war. Er verabschiedet sich mit folgenden Worten:

The past 10 years have been amazing and I will always be a proud part of the Eurovision family. I wish everyone, and in particular my successor Martin Österdahl, all the very best as they begin preparations for the return of the Eurovision Song Contest next year.

Auch wir wünsche Jon Ola Sand natürlich alles Gute für die Zukunft und richten den Blick jetzt langsam aber sicher auf den Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam. Stay tuned!

Über dieses Thema sprechen wir heute ab 19 Uhr auch in unserem ESC kompakt LIVE auf YouTube.


18 Kommentare

  1. Na ja, keine wirkliche Überraschung. Ich bin während der Sendung eingeschlafen, weil sie so „spannend“ war.
    Hätte vielleicht doch wieder auf Pro 7 umschalten sollen. Aber als ich aufwachte, waren beide Sendungen schon vorbei🙂.

    Alles Gute, Jon Ola Sand🙂

  2. Immerhin 73 Millionen; ich hätte gar nicht mal gedacht, dass es doch so viele sind. Und irgendwie ist es ja auch beruhigend, dass die Leute lieber den Live-ESC schauen als eine aufgezeichnete Tribute-Show.

  3. Ich hätte Jon Ola gerne einen „richtigen“ ESC zum Abschied gegönnt. Na gut, es hilft alles nichts. Take It Away! 🙂

  4. Warum es immer so wichtig sein soll, unter 30jährige an den Fernseher zu kriegen. Diese Einschaltquoten nerven immer… was ist so schlimm über 29 zu sein???

    • Weil die Jüngeren mehr konsumieren als die Älteren. Das ist die simple Erklärung. Aber ja, das ist höchst willkürlich gesetzt und auch aus Marketing-Sicht problematisch, weil ein 14jähriger auch anders konsumiert als ein 29jähriger. Lustig ist, dass die Privatsender das damals einführten, weil grad Herrn Thoma vom RTL dämmerte, dass seine Zuschauerschaft eher jünger ist. Klar macht es Sinn, entsprechend Werbeblöcke zu verkaufen, wenn man weiß, welche Zielgruppe da nun relevant ist und hauptsächlich guckt. Deswegen ging das damals so durch,weil man diesen Marketing-Aspekt wohl zumindest nachvollziehen konnte. Letzten Ende ging es den privaten Sendern aber nur darum, bei den Quotenbesprechungen besser abzuschneiden in dem ein oder anderen Fall. Und das wurde Jahre und Jahrzehnte weitergeführt, durch technische Neuerungen immer weiter unterteilt, so dass man dann auch irgendwann feststellen konnte beispielsweise, dass bei Musik-Acts Leute vermehrt abschalten. Lange Rede, kurzer Sinn: die Einteilung ist natürlich im großen Ganzen Unsinn, weil auch das Marketing grad in großen Unternehmen weiter ist als vor 15, 20 Jahren.

  5. Dieses verlogene Hab-mich-Lieb-Event war so interessant als wenn in China ein Sack Reis umfallen würde. Meine Güte war das alles kitschig. Ich frage mich warum sie nicht einfach ein ESC ohne Zuschauer veranstaltet haben. Was im Fussball geht, wäre doch auch mit Sicherheit mit ein bisserl Willen auch beim ESC gegangen. Ich fands einfach nur langweilig und kitschig.

  6. Da hatte ich in weiser Voraussicht das richtige Programm eingeschaltet: den ersten #FreeESC.

    Als ich den Ersatz-ESC hinterher gesehen hatte, fühlte ich mich bestätigt als ich im Vorfeld meinte, dass das wird nichts. War auch so! Nun ja, egal. Hoffen wir auf das Jahr 2021.

    Für Mr. Sand hätte ich mir einen würdigen Abgang gewünscht. Schade. Mach’s gut, Jon Ola 🙂

  7. Also ich glaube, dass sich das die EBU kein zweites mal antut, vor allem, da sehr viele nationale TV-Sender, wie eben auch Deutschland und Österreich, ihren eigenen Songcontest veranstaltet haben!
    Der ESC wird nächstes Jahr, in welcher Form auch immer, stattfinden! Entweder ohne Publikum in einem TV-Studio, als Videocontest, oder mit Liveschalten zu den jeweiligen nationalen TV-Sender, wo die Interpreten dann Live ihren Song in einem Studio performen! Letzteres bekommt man bei der Punktevergabe ja auch hin, also dürften so Liveschalten wahrscheinlich keine größere Schwierigkeit darstellen! Das beste wäre natürlich, wenn der ESC 2021, wie geplant, ganz normal in der Ahoy in Rotterdam stattfinden könnte!

  8. @Andi: Die Coronamaßnahmen werden schon seit Wochen in den meisten europäischen Ländern gelockert. Und das weit vor Anfang Mai. Es wäre also möglich gewesen. Die EBU hätte nur länger warten müssen.

    • Du musst bedenken, dass es in den Wochen vor dem ESC sehr viel organisatorisch zu erledigen gibt! Da konnte die EBU den ESC nicht erst auf den letzten Drücker absagen! Nur ein Beispiel: Der Bühnenaufbau in der Ahoy Arena hätte bereits Anfang April gestartet!

      • Das stimmt. Dennoch bleibt die Frage, warum die EBU nicht einfach auf die Versicherungssumme vezichtet hätte und eben einen Video-Contest aus Hilversum veranstalten konnte. Jeder Sender hätte seinen Act in einem corona-sicheren Studio bis zum 16. Mai einen Live-Auftritt aufnehmen lassen und Europa hätte abstimmen können. Alles down-sized, aber wenigstens etwas besser als Europe shine a Light. Aber stattdessen lässt man z. B. Netta einen Song performen (nicht mal in ihrem echten Schlafzimmer – das war nämlich nicht mal ihr Haus, wo sie es aufgenommen hat, sondern ein Gebäude, eine Art Studio, für Social Influencer in Israel). Auch die anderen Auftritte der ESC-Stars waren zwar sicher schön, hätten aber nicht unbedingt in die Show gebraucht. Nun gut, ist ja eben alles vorbei. Nur wenn nächstes Jahr immer noch Corona oder eben ein anderes Virus aktuell sein wird, wird man sich und der EBU schon Fragen stellen lassen dürfen.

      • @Branko, ich stimme dir zu, das die ehem. ESC-Teilnehmer/-Sieger hätten nicht auftreten müssen. Aber die üblichen Verdächtigen wie J.Logan, Netta, Mats Zelmerlow, Dana International etc. werden nur und ausschließlich mit dem ESC in Verbindung gebracht, weil sie sonst der restlichen Zeit des Jahres keine Wahrnehmung des Publikums haben. Vielleicht sind sie auch sehr billig in der Gage zu haben…wer weiß 😉

  9. Irgendein Krimi (im ZDF?!) hatte die höchsten Einschaltquoten des Abends. An die vier oder fünf Millionen!! Im Übrigen glaube ich, dass meine Oma deutlich mehr Fernsehen schaut als ein unter-30-jähriger.

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