Konzertbericht: Barbara Schöneberger „Alles Gute und so weiter“

Mein erstes Konzert nach der Pandemie – und es gab Currywurst in der Konzertpause! Die Vorzeichen vor Beginn des zweiten Konzerts der neuen alten Barbara-Schöneberger-Tour waren bestens. Und um es vorweg zu nehmen: Die Vorzeichen waren gut, das Konzerterlebnis war noch besser.

Zweite Station der Corona-bedingt mehrfach verschobenen Tour von Barbara Schöneberger mit acht Gigs in sieben Städten (und einem Auftaktkonzert in Halle an der Saale) war das wunderschöne Metropol Theater in Bremen.

Ich kannte das Theater noch nicht und war regelrecht geflasht, wie passend die Musical-Location für einen Barbara-Schöneberger-Abend ist und wie gut auch das Drumherum ist, einschließlich der eingangs schon erwähnten Bars, die Currywurst im Angebot hatten. Man konnte sogar für die Intervall-Pause Drinks ordern und einen Tisch reservieren. Das war sehr Londoner West-End-Style, Respekt! So war ich schnell darüber hinweg, dass mir mein Konzertpartner kurzfristig von der Fahne gegangen ist und ich „all by myself“ von Hamburg nach Bremen (!) fahren musste.

Um es vorweg zu schicken: Das Konzert war sehr, sehr gut – sehr stimmig, ausgelassen und doch ernsthaft und reflektiert und zwischendurch auch überraschend intensiv. Genauso so wie es zu einem Re-Start nach der Pandemie passt, die ja noch nicht zu Ende ist. Man hat gemerkt, dass Barbara große Freude hatte, wieder live vor Publikum aufzutreten. Ihre Spielfreude und (Aus-)Gelassenheit war unverstellt echt und selbst, wenn sie sich mal verhaspelte, war es irgendwie großartig.

Barbara trat mit einer sechsköpfigen Band an (die wir zum Teil schon von ihrer letzten Tour kannten) und der großartigen Backgroundsängerin Natalie Tineo, die in der Show auch zwei (verdiente) Soloparts hatte, während Barbara sich in ein neues Outfit schmiss.

Der Titel der Tour „Alles Gute und so weiter“ ist ein Track von ihrem jüngsten Album „Eine Frau gibt Auskunft“ – und die zugehörige CD „die liegt da noch“, persiflierte Barbara sympathisch und witzig die Tatsache, dass die Verkaufserwartungen ihrer vierten CD wohl höher lagen als das, was bisher passiert ist. Aber möglicherweise kurbelt die Tour ja die Absätze der gut gefüllten Regale noch einmal an.

Genauso pragmatisch-unverstellt klassifizierte Barbara ihre Konzert-Zielgruppe: „Frauen zwischen 35 und 60, die sich für Sex interessieren, aber in den letzten zwei Jahren mehr Update als Daten hatten.“

Mein Publikumseindruck war ähnlich: Frauen 40plus stellten mehr als zwei Drittel des Publikums, dazu Männer in Ehemannfunktion (zum Teil sogar Eye-Candy-Söhne). LGBTQ+ war zielgruppenaffin sichtbar, aber weniger als früher und mehr „L“ als „G“. Insgesamt gefühlt anwesend auch viele Bislang-Merkel-Wähler, die aktuell mal zu Robert Habeck rübergemacht haben.

Barbara bezeichnete ihre Show eingangs als Crossover aus „Superbowl Halftime“ und „Ziehung der Lottozahlen“, wobei ich hinzufügen möchte, dass der „Superbowl“-Anteil größer ist. Und die Stimmung war bestens, auch wenn das Metropol Theater (wohl auch Corona-induziert) nicht ganz voll war. „Halbleer ist das neue ausverkauft“ wusste Barbara uns treffend zu trösten.

Trotz Corona-Restriktionen war ihre Interaktion mit der Publikum fantastisch, hier merkt man die jahrzehntelange Moderationserfahrung von Deutschlands sechsfacher ESC-Punkte-Verkünderin. Spannend fand ich, dass großer Applaus aufbrandete, als sie über ihren Podcast sprach.

Roter Faden des Konzerts waren ihre Lieblingssongs und die Songklassiker von ihren bisher erschienen vier Studioalben „Jetzt singt sie auch noch“, „Nochmal, nur anders“, „Bekannt aus Funk und Fernsehen“ und eben „Eine Frau gibt Auskunft“. Besonders gut angekommen sind „Verboten gut“, „Hajo und Luise“ (Gänsehaut!) und „Der blonde Engel“, hier ein zauberhafter Engel-Auftritt aus Inas Nacht:

Barbara Schöneberger „Der blonde Engel“ bei Inas Nacht 

Es ist kaum möglich, hier alle Konzerthighlights zu touchieren, ich mag mich auf drei jenseits des eigenen Repertoires von Barbara beschränken.

Da gibt es ein 80er-Jahre-Medley mit „Songs, in denen die Worte Heat, Fire und Thunder vorkommen“ (Originalton Barbara) und da kamen ESC-affin ganz viel Nebel und eine Hands-On-Windmaschine zum Einsatz wie oben zu sehen ist.

Kraftvoll interpretiert hat Barbara Bonnie Tylers (ESC Bezug!) „Holding Out for a Hero“, „Destiny“ von Jennifer Rush und „Everlasting Love“, was zuletzt von Sandra ein Hit war (sogar in den US-Dance-Charts) und bei dem dieses Spontan-Selfie entstand.

Nach der Pause gab es das versprochene ESC-Medley, komplett in deutsch, in dem Barbara zugespitzt die deutschen ESC-Experimente der jüngeren Vergangenheit beklagt, augenzwinkernd verarbeitet und am Ende empfiehlt, doch Peter Urban selbst als Interpret zum ESC zu schicken.

Der ESC-Soundtrack dazu waren „Waterloo“, „Satellite“, „Dschinghis Khan“ und „Rise Like a Phoenix“ – eine Auswahl, die auch ESC-fernen Barbara-Fans geläufig sein dürfte. „Ich bin ja eigentlich aufgesprungen auf den ESC“, ironisierte Barbara ihre Rolle in der Bubble als „Mutter Theresa des ESC“ in der Nach-Lena-Zeit – mit immer „positiver innerer Haltung“.

Auch im zweiten Teil, den sie mit dem ESC-Medley eröffnete, zog sich Barbara noch einmal um (während Natalie „Happy“ perfekt zum Besten gab) und kehrte als Mischung aus „Christian Dior und Tischfeuerwerk“ (wieder Originalton) zurück.

Was lustig begann, entwickelte sich dann zum intensivsten und auch schönsten Moment des gesamten Konzerts. Barbara begann damit, darüber zu sprechen, dass der Weihnachtsfilm „Tatsächlich Liebe“ ihr allerliebster ist und erinnerte sich an die Szene (mit einer von ihrem Ehemann enttäuschten Emma Thompson), als Joni Mitchells „Both Sides Now“ zu hören war, was Barbara dann ganz entspannt, konzentriert, emotional und leidenschaftlich gesungen hat – auf der Bühnetreppe sitzen. Mehr geht nicht.

An diesem Titel macht sich für mich auch die Stärke der aktuellen Tour fest, wo die Dramaturgie – wohl auch Pandemie-bedingt – reflektierter, intensiver, entspannter, ernster („erwachsener“), abwechslungsreicher und familiärer ist. Mit mehr Substanz und weniger Klamauk. Gepaart mit der Rampensau-Spielfreude von Barbara ist das klasse.

Love Actually: „God Only Knows“

Die Hommage von Barbara an „Love Actually“ verführt mich noch zu dem kleinen Exkurs, weil dieser wunderbare Kitschfilm mit „God Only Knows“ von den Beach Boys endet, laut Time Magazine einem der besten Songs der Popgeschichte – und dem kann ich mich nur anschließen. Mit diesem Titel wurde ich beim OGAE Member Song Contest mal Vorletzter oder so, meine Fassungslosigkeit über diese Ignoranz sitzt bis heute tief.

Wer jetzt Lust bekommen hat, Barbara auf ihrer neuen alten Tour noch einmal zu erleben, muss sich beeilen, für fünf Termine gibt es noch Tickets und zwar hier:

  • 05. Oktober 2021: Berlin – Verti Music Hall
  • 10. Oktober 2021: Stuttgart – Liederhalle Hegelsaal
  • 11. Oktober 2021: Weimar – CNN Weimarhalle
  • 15. Oktober 2021: Düsseldorf – Tonhalle
  • 16. Oktober 2021: Hannover – Kuppelsaal im HCC

Und für 2022 habe ich mir dann im Metropol Theater auch schon ein Date vorgemerkt…


6 Kommentare

  1. Danke für den schönen Artikel 🙂 „Eine Frau gibt Auskunft“ steht auch als CD in meinem Regal 😀 Bin gespannt, wie „Verstehen Sie Spaß“ dann mit Barbara wird…

  2. Übrigens wurde heute bei The Masked Singer die nächste Figur vorgestellt und es ist das Stinktier. Wöre doch das perfekte Kostüm für Aly Ryan?

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