Reference-Group-Vorsitzender: ESC-Teilnahme Kasachstans nur mit EBU-Vollmitgliedschaft

Im sehenswerten Facebook-Interview von Irving Wolther mit dem Vorsitzenden der ESC-Reference-Group, Dr. Frank-Dieter Freiling (Foto: ZDF/Rico Rossival) hat Letzterer klar gemacht, dass grundsätzlich die Regel gilt, dass ein Sender Vollmitglied der EBU sein muss, um am ESC teilnehmen zu können. Das sei Kasachstan nicht.

„Australien war die Ausnahme, die wir uns im Jubiläumsjahr gegönnt haben“, so Freiling. Damals wurde für die Teilnahme Australiens eine Rechtfertigung gefunden, die bis heute stünde: es sind Partnerländer willkommen, „die auf dem Werte- und Kulturkonzept des ESC zu Haus sind.“ Es wurde als Experiment gestartet und das habe hervorragend funktioniert und zur „Anhebung der gesamten Qualität beigetragen“. Die Teilnahme Australiens wurde jetzt wieder verlängert. Für andere Länder wie Korea und China träfe das in der Form nicht zu, weil es dort ein anderes Kultur- und Werteverständnis gäbe. 

Freiling berichtete weiterhin, dass die EBU daran arbeite, dass die Türkei zum ESC zurückkehrt. Es seien in der Vergangenheit alle Fragen den Autoritäten und dem TV-Sender beantwortet worden. Aber da das Werte- und Kulturverständnis der Türkei nicht mit dem des ESC übereinstimme, habe das türkische Fernsehen seit dem Sieg von Conchita Wurst seine Teilnahme am Wettbewerb ausgesetzt. Die EBU sähe keinen Anlass, sein Werteverständnis der Vielfalt und des Pluralismus in Frage zu stellen. Aber die Türkei sei jederzeit willkommen und Herr Freiling versuche auch jedes Jahr aufs Neue, das Land von einer ESC-Teilnahme zu überzeugen.

Weitere interessante Aussagen von Frank-Dieter Freiling zum ESC:

  • Die Abschaffung der Big-5-Reglung wird aktuell nicht gefordert. Es wäre ggf. zu diskutieren, ob Russland und die Türkei auch große Länder seien.
  • Wer Inhalte des ESC aus- oder überblende, habe mit Sanktionen zu rechnen, so wie es in der Vergangenheit auch gehandhabt wurde (Stichwort: Entzug der Übertragungsrechte für das chinesische Fernsehen).
  • Eine Verlängerung der maximalen Songlänge auf 3:30 oder 4:00 Minuten wird es nicht geben. Es gäbe so viele interessierte Teilnehmer und gleichzeitig bei über 40 übertragenden Sendern solche Limitierungen, dass eine weitere Ausdehnung der Sendezeit nicht in Frage käme.
  • Es gäbe keinen Grund einzugreifen, weil viele bzw. alle Länder/TV-Stationen z. B. schwedische Künstler ranholen. Der Markt regele das selbst. „Der Moment, in dem viele Gleiches machen, hat der, der anderes macht, wieder die besten Chancen“, so Freiling.

10 Kommentare

    • Bitte nicht – bei Kosovo kann man ja die gegebenen sowie die ankommenden (ALB, ex-YU, AT, CH) blind vorher sagen; bei Kazakhstan weiß man nur, daß 12 Punkte nach RUS gehen. Spaß beiseite, Petro-Diktatur (oder ist es Gas?) KAZ wäre mir beim ESC ebenso wie schon beim Fußball ein Rätsel, auch wenn da ein Schnipsel westlich des Urals liegen mag.

  1. Ich kann in der momentanen situation nicht nachvollziehen, was an einer rückkehr der türkei erstrebenswert sein soll. Und man ihnen noch einen big-five bonus in den allerwertesten schieben will. Aber die doppelzüngigkeit der ebu ist ja bekannt. Ist ja bald wie bei fifa

    • Alles hat ja zwei Seiten. Einerseits stimme ich Dir vollkommen zu, denn wir haben genug Autokratien beim ESC, die dessen Werte mit Füßen treten. Auf der anderen Seite aber leben dort auch Fans, die sich sehnlich diese Werte (zurück) wünschen und für die eine ESC-Teilnahme ein Schritt dorthin wäre.

  2. Na ja, zum Thema, Kultur- und Wertvorstellungen der EBU: Russland und diverse andere postsowjetische Staaten haben diesbezüglich auch ein anderes „Werteverständnis“, Stichwort Menschenrechte.
    Also nicht falsch verstehen: Ich finde es trotzdem gut, dass sie beim ESC dabei sind, weil diese Länder doch im erheblichen Maße zur Vielfalt des ESC beitragen. Aber trotzdem sollte man schon kritisch hinterfragen,
    ob es immer eine gute Idee ist, Länder, die die Menschenrechte derart mit Füssen treten, im Falle eines Sieges den ESC austragen zu lassen. Ich meine gerade im Hinblick auf die Zielgruppe des ESC, die ja zum grossen Teil aus der LGBT-Bewegung besteht. Hier sollte doch die Sicherheit im Vordergrund stehen.
    Ich kenne mich zwar mit der Politik Kasachstans nicht aus, könnte mir aber vorstellen, dass es dort ähnliche Probleme gibt wie in RUS, AZE etc.

  3. Moldawien hat seine 28 Beiträge für den nationalen Vorentscheid veröffentlicht:

    https://escbubble.com/2019/01/the-28-moldovan-hopefuls-have-been-released/

    Seltsamerweise treten Che MD und Viorela mit zwei Titeln an. Es gibt auch einige Teilnehmer, die schon letztes Jahr dabei waren: Anna Odobescu, Vera Turcanu, Viorela un dChe MD (belegte den letzten Platz). Aurel Chirtoaca kehrt nach zwei Jahren Pause in den Wettbeweb zurück, Diana Brescan ist nach drei Jahren wieder mit dabei.

    Den außergewöhnlichsten Titel liefert aber Coral Reef mit „Self-Destruction“. Sollte das im Halbfinale passieren, dann volle Deckung!

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