ESC-Ikone Michelle will aufhören: „Das war’s für mich“

Bild: Facebook @michelleaktuell

„Wer Liebe lebt, wird unsterblich sein“ – das ist eine der schönsten Zeilen eines deutschsprachiges ESC-Songs. Sie kommen aus Michelles Popschlagerklassiker „Wer Liebe lebt„, mit dem Michelle beim Eurovision Song Contest 2001 in Kopenhagen einen sehr guten und verdienten 8. Platz belegte.

Der Titel ist der (bisherige) Höhepunkt ihrer Sängerinnen-Karriere – und wird es wohl bleiben, wenn man ihre aktuelle Ankündigung ernst nimmt, sich aus der Öffentlichkeit und dem Musikgeschäft zurückziehen.

2022 hat Michelle ihr Best-Of-Album zum 30-jährigen Bühnenjubiläum „Das war’s noch nicht“ genannt. Etwa 17 Monate später heißt es stattdessen „Das war’s für mich“. Mit diesem Satz macht sie ihre Facebook-Seite auf und mit diesem Songtitel will sie sich heute in der ARD-Show „Schlagerboom“ von ihrem Publikum (und von Florian Silbereisen) verabschieden.

Der Abschied kommt nicht überraschend und auch nicht ohne Schmerzen: „Ich bin dreißig Jahre durch ein Haifischbecken geschwommen, meistens ohne Rettungsring. Jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, wo mir die Kraft fehlt, weiterzumachen. Ich möchte nicht länger in diesem vergifteten Umfeld bleiben“, erzählt Michelle Tanja May von BILD.

Auf ihren Social-Media-Seiten spricht Michelle auch sehr persönlich über die Hintergründe für den Exit. Sie spricht von sich in der dritten Person, was vielsagend ist und darauf hindeutet, dass sie Abstand von der Schlagerszene und ihrer öffentlichen Rolle sucht:

„Ihr wurde eine Stimme geschenkt, um viele Menschen zu verbinden und glücklich zu machen. Also zog dieses Mädchen unermüdlich los und traf irgendwann auf einflussreiche Leute, die ihr Sicherheit und das boten, wonach sie immer suchte. Einflussreiche Leute, die sie erzogen und beteuerten, das Mädchen wie eine eigene Tochter zu behandeln. Ihr wurden maßgebliche und wichtige Grundsätze im (Geschäfts)-Leben vermittelt, von denen sie immer dachte, sie seien wahr. Und das bis vor einigen Monaten, als sie zum dritten Mal erkannte, dass ihr von alledem, wofür sie so hart gearbeitet und wovon sie immer geträumt hat, absolut nichts geblieben ist und sich ‚Vertraute‘ bloß an ihrer Naivität bereicherten.“

Daran anknüpfend folgt ein sehr offenes, persönliches und kämpferisches Ich-Fazit, was gleichzeitig desillusioniert klingt:

„Ich habe erst heute, nachdem ich immer noch da stehe, wo ich mal angefangen habe, damit begonnen, mir über vieles Gedanken zu machen. Wichtiger waren mir meine Kinder, Liebe. Ein einfaches Dach über dem Kopf und eine gemeinsame, friedvolle Zeit mit meinen Lieben hat mich immer vollends erfüllt und das wird auch immer so bleiben. Denn sowas hatte ich in meiner Kindheit und in meiner Jugend, in der ich auf der Straße lebte, nie. Ich war immer auf der Suche.“

Mehr über das, was sie bewegt, wird sie auf ihrem bevorstehenden Abschiedsalbum „Flutlicht“ zu hören sein und eine Abschiedstour ist ebenfalls geplant.

Vor zwei Jahren habe ich in einer Mischung aus „Wer Liebe lebt“/ESC-Bewunderung, Augenzwinkern und Respekt vor Michelles Schlagermeilensteinen („Dornröschen“, „Idiot“, „Große Liebe“, „Paris“ etc.) über die „Achterbahnfahrt“, die Michelle beruflich, persönlich und privat erlebt hat, ausführlich geschrieben. Das könnt Ihr hier nachlesen. Ich widerstehe hier der Versuchung, ein Boulevard-Update über Michelles Partnerschaften und Management-Konflikte in den letzten zwölf Monaten an dieses Vita-Stück anzudocken, wiewohl die schlagzeilenstarke Trennung von ihrem aktuellen Management eine große Rolle bei ihrer Rückzugs-Entscheidung gespielt hat. Privat ist hingegen alles im grünen Bereich, weiß BILD („Mein Mann gibt mir Stabilität in dem Sinne, dass ich in ihm endlich das gefunden habe, wonach ich mein Leben lang gesucht habe“).

Wir freuen uns auf das ungewöhnliche Abschiedsalbum und hoffen darauf, dass die geplante Tour tatsächlich zustande kommt. Ich habe ein Fan-Zitat gefunden, was ich in diesen stürmischen Michelle-Gefühlszeiten auch für das Outro in diesem Stück ganz passend finde:

„Du begleitest mich seit ‚Dornröschen ist aufgewacht‘ durch mein Leben, mit vielen Hochs und Tiefs. Bei niemandem konnte und kann ich mich in fast jedem Lied wiederfinden. Danke dafür und auch wenn es wirklich ein Abschied ist, dann ist dem so. Jeder soll und sollte in seinem Leben das tun, was ihn ausfüllt und glücklich macht. Du hast als Michelle das getan was dein ‚Job‘ war und ist. Du hast mich – und ich denke sehr viel andere – mit deiner Musik berührt. Und Du wirst nie ganz weg sein, denn Deine Lieder werden mich definitiv weiter begleiten. Ich werde mit Dir tanzen und auch oft genug leiden. Vielen Dank für alles und ich wünsche Dir, dass Du privat glücklich bist oder wirst.“

(von Marcel Hölscher auf facebook, etwas gekürzt (vor allem um viele Ausrufezeichen), vollständig hier nachzulesen)

Michelles ikonischer ESC-Song „Wer Liebe lebt“ 2001 live im Parken Stadion in Kopenhagen. Der Vorentscheid „Countdown Grand Prix 2001“ in Hannover, den sie zuvor gewonnen hatte, ist bis heute der einschaltquotenreichste seit der GfK-Quotenmessung.

Michelles erste ESC-Berührung fand 1997 in der Kongresshalle in der Marzipanstadt Lübeck statt. Beim Vorentscheid „Der Countdown läuft“ belegte sie mit Jean Frankfurters „Im Auge des Orkans“ den dritten Platz, gewonnen hatte Bianca Shomburg mit dem Ralph-Siegel-Dramaschlager „Zeit.“


27 Kommentare

  1. zum dritten Mal reingefallen? Im Ernst? Alles Geld futschikato? Aber 2 Jahre keine Steuererklärung abgegeben. Soso. Kann ja nicht ihr Ernst sein. Kümmert sich um ‚Nichts‘ und wundert sich dann, dass sie ausgenommen wird, oder wie muss man das verstehen? Naja. Als 50jährige mehrfach Reingefallene sollte man so langsam endlich mal wissen, wie der Hase läuft. Die jährliche Steuererklärung sollte man sich wenigstens abheften und falls man die nicht abheften kann sich mal wundern warum die Erklärung nicht da ist. Steuerhinterziehung ist ne ziemlich teure Sache. 8 Monate auf Bewährung heisst die zu zahlende Summe müsste sehr erheblich gewesen sein. Die Strafzahlungen sind immens. Glaube 5% pro Monat nach Ablauf der Abgabefrist zuzüglich natürlich der eigentlich zu zahlenden Steuersumme. Kann man aber an sich Ratenzahlung vereinbaren.

    So ganz schlüssig erscheint mir ihr angekündigtes Karriereende nicht. Wenns ‚Geld weg ist‘ wäre ja ein Karriereende jetzt nicht wirklich das Allerklügste. Andere gehen ja nun auch putzen, obwohl sie es hassen. Weil sie die Kohle brauchen.
    Klar wird die Schlagerbranche und die dort aktiven Personen schon labile Gemüter an den Rand des Wahnsinns treiben können. Das ist aber in anderen Berufsfeldern genauso möglich. Gut, wenn man dafür prädestiniert ist, kann ein unangenehmes Umfeld (sie spricht ja sogar von vergiftetem Umfeld) zu Depression führen. Vielleicht ist sie diesbezüglich erkrankt. Auch kann es natürlich immer sein, dass man sich umorientieren will und auf das Bisherige eben keine Lust mehr hat. Würde bei ihr nicht ausschliessen, dass bei ihr die Lust auf Schlager irgendwann wiederkommt.

    Der Schlagerbranche will sie aber eh nicht wirklich komplett den Rücken kehren, sondern Schlager-Talente mit ihrem Wissen und Erfahrung beglücken und betreuen. Wahrscheinlich gegen Gebühr schätze ich. Das hat bei ihr selbst ja nicht so ganz funktioniert. Bei anderen funktioniert das dann aber? Ist nicht ganz nachvollziehbar.

    Ich wünsche viel Erfolg dabei.
    Kohle kommt ja eh immer weiter rein, da das Streaming ein Perpetuum Mobile ist. GEMA Scheck alle halbe Jahr. Was willste mehr, wenn du nicht mehr willst. Besser als nix.

    • So wie ich es verstanden habe, wurde sie von anderen Leuten schlecht beraten und hat deswegen scheinbar ihr Geld verloren.
      Karriere-ende wahrscheinlich um aus den Vertrag rauszukommen?

    • Also GEMA bekommen wenn ich richtig informiert bin nur die Songautoren und nicht die welche den Song dann singen. Diese sind aber dann bei der GVL. Ausnahme sind hier natürlich die Acts welche am Song auch selbst mitschreiben, die bekommen dann natürlich auch GEMA.

      • klar, die GEMA sammelt die GVL Tantiemen für die ausführenden Künstler und zahlts mein ich auch aus….ganz unbeträchtlich sind diese Tantiemen nicht (Fernsehen und Radio sind da für Schlagersänger/innen besonders einträglich). Mit GEMA meinte ich als Oberbegriff sämtliche Tantiemen, da GVL der Allgemeinheit unbekannt ist.

        Natürlich erhalten Komponisten am meisten, dann folgen die Texter und Produzenten. Kann aber auch sein, dass man ‚Rechte‘ schriftlich geregelt gegen Einmalzahlung verkauft.

        Die Riesensummen werden es bei Michelle nicht sein. Sie wird aber auf jeden Fall alle halbe Jahr ne Überweisung reinbekommen, die könnt ich mir vorstellen für 2 Wochen Mallorca ausreichen könnte. Besser als nix.

        Übrigens bekommt man im Megapark am Ballermann pro Auftritt je nach Uhrzeit und Bekanntheit mehrere Tausend Euro. Pro Auftritt. Michelle war dieses Jahr im Megapark. Zumindest Megapark würd ich an ihrer Stelle weitermachen.

  2. Gefühlt hat sie ihre Karriere schon zig mal offiziell beendet. Mal sehen, wie lange es dauert, bis sie ein comeback verkündet.

    Das ganze erinnert ein wenig an Uschi Blum…

  3. Och ne, nicht schon wieder. Na dann tschüss bis zur grossen comeback-tournee im herbst 24.
    Interessanter hingegen finde ich die politischen pläne von Marie-Luise Steinle aka lou. Das wäre doch auch mal einen artikel wert.

  4. Ach herrjemine, das wird ja sicher „sehr emotional“ (inzwischen die Standardformulierung für ALLES im Fernsehen) heute bei Flori. Eine Kritik an der Schlagerwelt wird er aber sicherlich nicht zulassen. Schade aber, dass sie aufhören will… Man muss sie einfach mögen. Passenderweise ist „Goodbye Michelle“ eines meiner Lieblingslieder von ihr.

  5. Michelle,ein Auf und Ab ohne Ende,bei dem ich dann auch meine Schwierigkeiten habe,es noch ernst zu nehmen. Für mich ist sie eine begnadete Sängerin die zu recht große Erfolge gefeiert hat.Trotzdem scheint sie ein sehr labiler Mensch zu sein,der sich immer wieder stark von anderen Menschen, vielleicht den falschen, beeinflussen lässt und leider nie gelernt hat,auf sich selbst zu hören.Das ist traurig.

  6. Michelle ist ja nicht die einzige mit ESC- und Vorentscheidbezug, die heute Abend beim Schlagerboom zu sehen ist. Da sind auch Maite Kelly, Thomas Anders, Santiano, und Voxxclub.

  7. Na, beim „Abschlusslied“ haben sich die Songschreiber zum Ende hin im Refrain aber auch ein bisschen vom Klassiker „All By Myself“ inspirieren lassen (Chor, Bläser, etc…) …

    Aber um an dieser Stelle auch mal etwas nettes zu sagen – wohl niemand von uns weiß, was in der Schlagerbranche so abgeht und wie schwer es wirklich ist, da durchzuhalten. Und wahrscheinlich hat auch jede*r von uns schon mal nicht so funktioniert, wie selbst gern gewollt, Fehler gemacht und ähnliches. Häme kann ich in solchen Momenten nicht so ganz nachvollziehen.

    Ich drücke ihr, aber auch jedem oder jeder anderen, die Daumen, dass neu eingeschlagene Wege sich auf das eigene Wohlbefinden auszahlen.

    • Guter Kommentar! Außerdem ist Michelle auch die einzige aus der Branche, die stets ein bisschen lebendiges Drama 🎭 für uns mit dabei hatte – anders als die etwas roboterhaften Damen Fischer und Berg.

  8. Wie oft denn noch…? Gab es nicht schon mindestens 2 Ankündigungen, dass sie nicht mehr auftritt…
    So kann man sich natürlich auch immer und immer wieder ins Gespräch bringen…
    Es nervt etwas…

    In der Marktwirtschaft nennt man das „verknappen von Gut“. Somit wird es wieder interessant… 😉

    In 3 Jahren dudelt sie wieder weiter, als wenn es nie eine Abschiedsankündigung gegeben hätte…

  9. Ich zitiere die Popette Betancor: „Wer immer da bleibt, versaut sich das Comeback“. 🙂 Alles Liebe, Michelle!

  10. „Wer Liebe lebt“ ist einer der ganz wenigen Schlager, die ich wirklich gerne mag. Danke, Michelle, und alles Gute!

  11. Manu sagt es richtig weiter oben. Häme ist vollkommen deplaziert. Und kommt bei Empfängern (wie mir) toxisch rüber.
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    Michelle hat bestimmt nicht alles richtig gemacht in ihrem Leben, aber das haben die Absender der unangemessenen Botschaften hier möglicherweise auch nicht alle und immer, oder? Der Unterschied ist nur, dass bei Michelle jedes Fettnäpfchen und jede Schwäche öffentlich stattfindet. Denkt mal drüber nach, ob so ein Unfehlbarkeitsanspruch fair ist. Ich kann mich jedenfalls gut mit Michelles Offenheit identifizieren. Michelle hat sich trotz aller Fehler nie aufgegeben. Letztendlich ist auch die jetzige Entscheidung ein Re-Start.
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    Und was ihr letzter Manager öffentlich über sie verbreitet, das ist – selbst wenn einiges davon im Ansatz richtig sein sollte – unanständig und abstossend. Und die BILD sollte sich schämen, erst dem Manager viel Platz für sein Nachtreten zu geben und jetzt mit Michelles Rückzug und dem heuchlerischen Ranschmeissen an unsere ESC-Heldin Clickbaiting zu betreiben.
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    Ich danke Schorschiborsch, Gaby und togravus ceterum, die hier mit versöhnlicheren Worten die Stimmung drehen.

    • bei der Auswahl des Managers muss man äusserst vorsichtig sein. Da ist guter Rat teuer. Aber was mein Geld beträfe, wäre ich mehr als fuchsig, grad wenn ich schon mehrfach uff die Schnute gefallen bin. Gelegenheit macht halt Diebe.

  12. Reisende sollte man nicht aufhalten. Für das Leben nach der Schlagerkarriere wünsche ich ihr alles Gute. Viel Spaß beim Unruhestand

  13. Kleine Notiz an den Texter von ihrem neuen Song:
    Die Zeile „Ich kann nicht mehr, ich räum‘ die Bühne leer“ ist ein bisschen cringe 😬…

  14. Bin jetzt nicht so informiert über Michelle, aber ich meine mich zu erinnern, dass sie sich schon öfters „endgültig“ verabschiedet hat. Dass sie es nicht einfach hat, dass sie regelmäßig betrogen wird und genauso regelmäßig ihre Nerven verliert, glaube ich ihr. Und auch, dass das bunte Entertainment ein ganz fieses Business ist.

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