Noch mehr neue Regeln: Auch Melodifestivalen 2023 mit geändertem Abstimmungsmodus + EBU erklärt sich

Foto: Annika Berglund, SVT

Regeländerungen scheinen gerade echt angesagt zu sein. Nachdem erst gestern von der EBU neue Regeln für die (Semifinal-)Abstimmung ab 2023 bekannt gegeben wurden, zieht man jetzt auch in Schweden nach. Beim kommenden Melodifestivalen wird es in der Second-Chance-Runde, die mittlerweile Semifinale heißt, (schon wieder) zu einem neuen Abstimmungsverfahren kommen.

SVT hat jetzt verkündet, dass der erst letztes Jahr überarbeitete Abstimmungsmodus der Zweite-Chance-Runde beim schwedischen Mello nochmals abgeändert wird. Ab 2023 werden alle acht Beiträge, die diese Show erreichen, gegeneinander antreten. Weder die Duelle der damalingen Andra Chansen kommen zurück, noch der Modus aus diesem Jahr.

2022 gab es bereits eine Abwandlung der ehemals „Andra Chansen“ genannten Show des Melodifestivalens. Man wollte nämlich keine direkte Gegenüberstellungen der Acts mehr haben und nennt die Runde seither Semifinale. Deshalb teilte man die acht Songs vergangenes Mal in zwei Gruppen mit je vier Songs auf. Kommendes Jahr gilt dann aber tatsächlich: JEDE:R gegen JEDE:N!

Es bleibt dabei, dass anschließend nach Altersgruppen abgestimmt wird. Per App können die Zuschauer:innen für ihre Favoriten abstimmen und ihr Alter angeben. Warum man den Schritt zum neuen Modus für das Semifinale wagt, wurde bislang nicht begründet. SVT lässt sich jedoch regelmäßig etwas Neues einfallen, um den Wettbewerb dauerhaft spannend zu gestalten.

Apropos Spannung und regelmäßige Änderungen: Mittlerweile hat EBU-Reference-Group-Mitglied Sietse Bakker auch ein offizielles Statement zu den gestern verkündeten Regeländerungen veröffentlicht. Nachdem die Nachricht über ein reines Televoting in den kommenden ESC-Halbfinals Wellen schlug, meldete sich Sieste per Twitter zu Wort. Dabei zählte er Beispiele zu Neuerungen aus der Vergangenheit des Wettbewerbs auf:

„An alle Eurovision-Fans: Die Abschaffung der Sprachregelung und des Orchesters, die Einführung eines Halbfinals (und dann noch eines), die Wiedereinführung der Juries , die Änderung der Abstimmungspräsentation, der Beitritt Australiens … der Wettbewerb ist immer noch da, stärker als je zuvor. Habt ein bisschen Vertrauen!“

Bakker stützt sich also auf die Tatsache, dass sich der ESC, genauso wie vieles andere auf der Welt, in einem ständigen Wandel befindet. Dazu gehört es auch, relevant und interessant zu bleiben, weshalb es ab 2023 die Abstimmungs-Änderungen gibt. Er bestätigte daraufhin zudem, dass es eine Entscheidung der Reference Group der EBU war, zu der ständig wechselnde Mitglieder gehören. Dennoch bleibt die Frage: warum wird explizit nur der Halbfinal-Abstimmungsmodus abgeändert? Darauf reagierte Bakker auch auf Twitter:

„Nach den beispiellosen Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung in diesem Jahr haben wir nach Möglichkeiten gesucht, die Integrität des Wettbewerbs zu schützen. Das Problem trat [dieses Jahr] im Halbfinale auf, das [Anm.: die Abstimmungsänderung in den Halbfinals] war der beste Weg, es zu beenden. Außerdem ist der Unterschied, wer sich qualifiziert, minimal zwischen reinem Publikumsvoting und Publikums- + Jury-Voting.“

Wie bereits vermutet wurde, hat die EBU also tatsächlich die – vermeintliche – Voting-Manipulation im zweiten Halbfinale von Turin als Anlass genommen, das Abstimmungsverfahren zu ändern. Eine wichtige Zusatzinfo: Dennoch werden Juries aus allen Teilnahmeländern in den Halbfinals als Back-Up abstimmen für den Fall, dass es Televoting-Probleme gibt. Ob diese Juryergebnisse jedoch überhaupt jemals veröffentlicht werden, stehe noch nicht fest.

Warum genau das internationale Voting ab kommenden Jahr hinzukommt, wurde nicht erklärt. Man möchte sich hierbei vermutlich einfach globaler zeigen und den ESC noch populärer machen. Alle Nicht-Teilnehmerländer (ob EBU-Mitglied oder nicht) können ab 2023 in allen Shows online über ihre Favoriten mitbestimmen. Gegebenenfalls könnte so auch das Interesse in Ländern entstehen, zum ESC zurückzukehren, die seit einigen Jahren nicht mehr dabei sind.

Was hältst Du davon, dass sowohl der ESC als auch das Mello 2023 mit neuen Regeln stattfinden werden? Und ist die Begründung von Sietse Bakker nachvollziehbar? Diskutiere gerne mit.


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22 Comments
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Tobiz
Mitglied
1 Jahr zuvor

Also weil es „immer Veränderungen gibt“, muss man jede Veränderung gnadenlos gut finden?

Und dafür zu sorgen, dass die Juroren nicht bestechlich sind, ist ihnen wohl zu schwer. Frag mich dann nur, warum die ganzen bestechlichen Juroren im Finale noch ihr Unwesen treiben dürfen. Die Logik „das fand im Halbfinale statt, also schaffen wir sie NUR im Halbfinale ab, denn im Finale kann das ja nicht passieren“ erschließt sich mir nicht.
Hm…vielleicht gab es im Finale keine Bestechungen, weil sie im Halbfinale schon entdeckt wurden? Nur so als gewagte Theorie.

Auch der Hinweise „Joah, also Pech für die, die jetzt deswegen rausfliegen, aber der Unterschied ist minimal“. Nein, ist er nicht. Wenn der Unterschied minimal wären, hätten wir nicht jedes Jahr mehrere Beiträge, die rausgeflogen bzw. weitergekommen wären.

Porsteinn
Mitglied
Porsteinn
1 Jahr zuvor
Reply to  Tobiz

Es ändert sich doch nichts an der Quantität der Qualifikanten, von daher ist es zunächst weder gerechter noch ungerechter als vorher. Es wird immer Sieger und Verlierer geben, jene die Glück haben und jene die Pech haben.

Ob die Umstellung tatsächlich jetzt bestimmte Länder bevorzugt oder benachteiligt, muss man erst einmal abwarten.

Anmey
Anmey
1 Jahr zuvor
Reply to  Tobiz

Das, was da in diesem Jahr das Problem war, kann tatsächlich im Finale nicht passieren. Bei 10/17 Qualifikanten hat ein gegenseitiges Punktezuschieben mehrerer Jurys einen großen Effekt haben (weil es ja nur darum geht, die Punktehürde für Platz 10 zu überspringen), beim Finale nicht wirklich, weil da ja nur einer gewinnen kann.

Daniel
Daniel
1 Jahr zuvor
Reply to  Tobiz

In den semis Voten die Jurys als Backup, sollten der EBU dort Unregelmäßigkeiten auffallen, werden die jeweiligen Jurys für das disqualifiziert
https://eurovision.tv/voting-changes-2023-faq

lasse braun fordert mehr cowbell
lasse braun fordert mehr cowbell
1 Jahr zuvor

OT
🇯🇵2 🏳️‍🌈1

🥳

Tim
Tim
1 Jahr zuvor

Vermeintliche Manipulation? Wieso „vermeintlich“? Wenn sie tatsächlich vermeintlich war, wüssten wir heute mit Sicherheit, dass es keine Manipulation gegeben hat. Ist dem so? Ich glaube nicht, vom solchen entlastenden Beweisen etwas gehört zu haben. Zumindest ist das die Bedeutung von „vermeintlich“ (irrtümlich meinen)

Indigo
Indigo
1 Jahr zuvor
Reply to  Tim

Mit vermeintlich wird aber selten, und sicherlich nicht in diesem Fall, irrtümlich gemeint.

Thomas Frank
Thomas Frank
1 Jahr zuvor

Ich finde den Unterschied auch nicht minimal.

Von 2010 bis 2022 (12 Wettbewerbe) waren es 32 Beiträge die wegen den Juries rausgeflogen sind. Im Schnitt 3 Songs pro Jahr. In manchen Jahren wie 2011 und
2013 waren es 4. „Minimal“ finde ich das nicht. Ist aber Ansichtssache.

Minimal ist jedoch der Erfolg der 32 Beiträge, die es durch die Jurys ins Finale geschafft haben. Lediglich 1 Song (Australien 2017, Isaiah Firebrace) schaffte es in die Top 10.
Und nur 4 weitere Songs auf die linke Seite des Scoreboards (mind. Platz 13).

AlexESC
AlexESC
1 Jahr zuvor

Ich bin ein Fan davon, wenn man mit der Zeit geht und somit Neuerungen einführt…aber…man kann Neuerungen mal ein oder zwei Jahre ausprobieren und wenn sie sich als nicht „vorteilshaft“ erweisen oder einfach nicht gut ankommen, dann muss man die Neuerungen entweder nochmals anpassen oder auch den Mut haben sie wieder abzuschaffen!

mil etter mil
mil etter mil
1 Jahr zuvor

Seit Bekanntgabe der Regeländerungen stellt sich mir die Frage, ob es so möglich sein wird, in beiden Semis abzustimmen:
> in einem wie bisher
> im anderen als Teil der „Rest of the World“-Wertung …

bisschenfrieden
bisschenfrieden
1 Jahr zuvor

Sietse Bakker hat Recht: Sehr viele Menschen haben so ihre Probleme mit Veränderungen. Ich finde: Neuerungen halten das Leben (und den ESC) spannend. Seid offen für Veränderungen!

togravus ceterum
Mitglied
togravus ceterum
1 Jahr zuvor

Ich warte erst mal ab, wie mir nächstes Jahr die Ergebnisse der Semis gefallen. Falls ich sie blöd finde, habe ich noch immer genug Zeit, um ausgiebig zu meckern. 🍵🍵🍵

Rainer 1
Rainer 1
1 Jahr zuvor

Ich würde ja behaupten, dass in manchen osteuropäischen und balkanländern das televoting leichter zu manipulieren ist als die jury. Und wahrscheinlich einiges billiger

Christian W
Christian W
1 Jahr zuvor
Reply to  Rainer 1

Das hat nichts mit osteuropäisch oder Balkan zu tun, sondern einfach mit der Größe des Marktes sozusagen. In Aserbaidschans Erfolgsphase, die wie man heute weiß, größtenteils auf Betrug beruhte, kamen die meisten Punkte vom Televoting für die Diktatur am kaspischen Meer meist aus kleinen Ländern mit niedrigen Anruferzahlen. Malta zum Beispiel. Länder, in denen hunderttausende Stimmen eingehen, wie Deutschland oder UK ignorierten Aserbaidschan damals sehr oft. 2023 hat man‘s dann aufgedeckt: Aserische Diplomaten verteilten einfach ein paar SIM-Karten und 20€ an örtliche Studenten in Litauen. Seit 2014 wird deswegen anders abgestimmt und Assrbaidschans Erfolgssträhne ist gerissen. Zufälle gibt es…

Indigo
Indigo
1 Jahr zuvor

Der „normale“ Zuseher wird von dieser Regeländerung nichts merken, Es wird dadurch nicht mehr oder weniger spannend, Also viel Lärm um nichts.

lasse braun fordert mehr cowbell
lasse braun fordert mehr cowbell
1 Jahr zuvor

bei 8 teilnehmern ist „round robin“ aber ein kühnes vorhaben.🤡

escfrust05
escfrust05
1 Jahr zuvor

Vielleicht sollte man mal beim Melodifestivalen mal darauf achten, das auch mal andere Musik wie die üblichen seichten Popnummern vorkommen. Wie wäre es mal mit echter Rapmusik oder irgendwas was nach moderner Musik aussieht. Songs in Schwedisch haben ja nie eine Chance wirklich das Festivalen zu gewinnen. Mir hat in den letzten Jahren der schwedische Beitrag nie gefallen. Kann bis heute nicht verstehen, was die Leute an der Krächzpipi hatten, die 2022 für Schweden angetreten ist. Die Stimme war wie ein Reibeisen. Da kriegste ja Gänsehaut, aber nicht weil es gut ist.

italojeck
italojeck
1 Jahr zuvor
Reply to  escfrust05

Der Song war gut aufgebaut und passte zu ihr als Figur (sie sieht älter als sie ist und scheint deswegen verletzlich )

escfrust05
escfrust05
1 Jahr zuvor
Reply to  italojeck

„Sie sieht älter aus als sie ist“. Das war aber uncharmant und das von einem Italiener?:)

italojeck
italojeck
1 Jahr zuvor
Reply to  italojeck

Ich bin auch nicht mehr der jüngste und mag sehr eher ältere Frauen. Für mich was das eher ein Kompliment aber.. vielleicht ist sie anderer Meinung 😄

escfrust05
escfrust05
1 Jahr zuvor

@Italojeck: Ich weiß wirklich nicht, ob Frauen das als Kompliment aufnehmen wenn man zu ihnen sagt: „Du siehst älter aus, wie du bist“. Dazu noch ohne Kontext. Ich kann mich da aber auch irren.:)

Sofareporter
Mitglied
1 Jahr zuvor

Die Juries sollten immer ein Korrektiv sein, das Abstimmungsverfahren spannender machen. Doch wenn man sich anschaut, wer da in den Juries sitzt, fragt man sich, wie sind die da hingekommen. Wenn man die deutsche Jury der letzten Jahre betrachtet, dann sitzen da meist Leute drin mit wenig ESC-Expertise. Meist haben sie gerade ein Album oder Single am Start. Mit ESC hat das wenig zu tun. Manche schlafen auch schon, wenn es zur Punktevergabe kommt. 😉