Mit dem Auto zum ESC 2023 nach Liverpool – und zurück (Leaving Liverpool 1)

Fähre Dunkerque – Dover

Alle Wege führen bekanntlich nach Rom. Nach Liverpool führten dieses Jahr zumindest alle Fortbewegungsmittel. Während die meisten Fans und Künstler:innen nach Liverpool geflogen sind, habe ich mich mit dem Auto auf den Weg gemacht und insgesamt knapp zwei Wochen lang England erkundet. Dabei hab ich mehr als einmal bemerkt, wie vielfältig der englische Teil Großbritanniens ist. Sowohl was die Menschen und die Natur, als auch was die Dialekte betrifft.

Zu Beginn muss ich ehrlich zugeben, dass auch meine Flugangst ihren Teil dazu beigetragen hat, weshalb ich mich gegen einen Flug und für das Auto entschieden habe. Die Gelegenheit hab ich dann allerdings gerne genutzt, um möglichst viele Eindrücke auf dem Weg nach Liverpool zu erhalten. Auf gut Deutsch: ich habe mir mehrere, teils sehr spontane, Zwischenstopps erlaubt.

Proviant für die Fahrt – Katjes darf nicht fehlen!

Los ging es also bereits am 3. Mai, vom wunderschönen Ludwigshafen Am Rhein aus, zunächst nach Belgien. Zuvor hatte ich mich unter anderem noch mit Katjes eingedeckt – die sind in Großbritannien nämlich ziemlich schwer zu finden (siehe Bild). Mit genug Proviant an Bord ging es also erst für ein Abendessen nach Koblenz und dann über die Grenze nach Belgien. Hier haben wir uns spontan dazu entschieden, in Gent zu nächtigen. So konnten wir etwas mehr Zeit für die weitere Planung gewinnen und mussten nicht gehetzt eine Entscheidung fällen, wie und wann wir über den Ärmelkanal kommen.

Man kann es eventuell bereits herauslesen: vieles an meiner diesjährigen ESC-Reise wurde tatsächlich sehr spontan entschieden. Bis kurz zuvor waren wir uns beispielsweise uneinig darüber, wie wir am angenehmsten über den Ärmelkanal nach Dover kommen. Statt der ziemlich überteuerten und nicht wirklich spontan-planbaren Fahrt durch den Eurotunnel, dann die Entscheidung: wir fahren mit der Fähre. Die Fahrt ab Dunkerque bzw. Dünkirchen wäre zwar im April noch halb so günstig gewesen (Frechheit!), dafür gibt es bei der Fährenfahrt im Vergleich zur Eurotunnel-Option kein Stau-Risiko, das laut Buchungs-Website zum Zeitpunkt, als wir uns informierten, sehr groß war. Zudem war Dünkirchen für uns schneller erreichbar als Calais. Günstiger wäre die Fahrt durch den Tunnel zudem nicht gewesen – ganz im Gegenteil!

Wir machten uns also, nach viel zu wenigen Eindrücken vom echt schönen Gent, am Morgen auf den Weg Richtung Frankreich. Zwar kamen wir so am Küstenort Dünkirchen viel zu früh an, aber wir wurden als erstes Fahrzeug in der Schlange auch zuerst an Bord gelassen und hatten so eine entspannte Zeit auf der Fähre. Die Wartezeit, bis die Fahrt auf dem Meer wirklich startete, nutzten wir im Duty-Free-Shop, um uns mit der ein oder anderen Flasche Wein einzudecken. Im Auto gibt’s schließlich kein Maximalgewicht einzuhalten, was das Handgepäck angeht. Ein weiterer Vorteil im Vergleich zum Flug.

Die Fähre legte schließlich ab und ich konnte meine erste Portion Fish and Chips an Bord genießen – es sollte meine letzte für die kommenden 1,5 Wochen bleiben. In Dover angekommen, begrüßten uns unzählige Seemöwen und ein tolles Panorama. Zum Glück hatten wir traumhaftes Wetter und der erste Eindruck des ESC-Austragungslandes war somit absolut beeindruckend, wie man hier sehen kann:

Ursprünglich wollte ich direkt weiterfahren Richtung Liverpool, allerdings waren wir ziemlich k.o.. Nicht nur vom Tagesablauf, der hauptsächlich aus Warten bestand, sondern vor allem vom Linksverkehr. Zumindest eine Nacht in Dover musste also drin sein und da hatten wir auch auf Anhieb Glück. Direkt an der Küste gelegen, fanden wir ein – ziemlich volles und vor Lebendigkeit strotzendes – Hotel, in dem noch ein einziges Zimmer frei war. 

Immerhin von außen konnten wir am nächsten Tag dann noch das Dover Castle besichtigen und kurz die Innenstadt erkunden. Dann ging es aber bereits weiter nach Oxford. Hier gab’s erst einmal Mittagessen und wir kamen direkt mit Einheimischen in Kontakt, die in einem solch starken Dialekt mit uns sprachen, dass wir sie höflichst bitten mussten, langsamer zu reden. Großes Plus in der britischen Gastronomie hingegen: es wird wahnsinnig viel Wert darauf gelegt, Unverträglichkeiten genau zu erfragen. Ich habe in Deutschland oft das Problem, mich fast schon schlecht fühlen zu müssen, wenn ich wissen möchte, ob es etwas auch in glutenfrei oder vegan gibt. In Großbritannien scheint das aber das Normalste der Welt zu sein. Finde ich toll – für Unverträglichkeiten kann schließlich niemand was. 

Malmaison-Hotel, Oxford

Der Aufenthalt in Oxford war mehr oder weniger geplant – schließlich wollten wir einen Tag später die Krönung von König Charles in einem originalen britischen Pub verfolgen. Wir haben online einen tollen Deal für eine Hotelübernachtung im Malmaison, einem ehemaligen Gefängnis (!), mitten in Oxford gefunden. Klingt erst einmal skurril, war aber ein einmaliges, tolles Erlebnis (siehe Bild). Einzig das Abendessen, im Preis inbegriffen, war wirklich kein Highlight. Das Personal war dafür aber umso netter und wir haben uns lange mit einem der Restaurant-Servicemitarbeitenden unterhalten. Es hat sich herausgestellt, dass er ursprünglich aus Bulgarien kommt und sich, trotz Nicht-Teilnahme seines Heimatlandes, sehr auf den ESC in Liverpool freut!

Am nächsten Tag hat es dann tatsächlich geklappt, die Krönung in einem Pub in Oxford zu verfolgen. Kurz noch durch die Stadt geschlendert und schon ging es weiter an unser eigentliches Ziel: Liverpool! Wir brauchten ca. vier Stunden mit dem Auto. Die Zeit konnte ich nutzen, um während der Fahrt – mittelmäßig komfortabel auf der Rückbank des Autos – über die ESC-Proben zu bloggen:

Bloggen am Limit 😉

Während wir unsere Zeit in Liverpool, vor allem aus ESC-Sicht, in den kommenden Tagen genauer beleuchten, zum Schluss noch der letzte Teil meiner England-Reise nach dem ESC. Wir durften am Tag nach dem Finale nämlich noch eine Freundin in Newcastle besuchen. Die Stadt zeichnet sich durch ihre moderne Architektur, eine lebensfrohen Innenstadt und dennoch eine gewissen Gemütlichkeit aus. Hier besuchten wir am Montagmorgen die kleine, ganz besonders gute, Bäckerei NORTHERN RYE. Endlich mal keine Beans and Sausages zum Frühstück:

Dann wurde es leider nochmal stressig: unsere eigentlich gebuchte Fährenfahrt ab Newcastle um 21 Uhr musste unwetterbedingt abgesagt werden und so hetzen wir bereits früher zum Ablegeort der Fähre. Hier ging es um 17 Uhr los Richtung Niederlande. Zur Erklärung: da Newcastle sehr weit im Norden Englands liegt und schon beinahe an Schottland grenzt, mussten wir einen anderen Weg zurück wählen. Wir landeten also nicht wieder in Frankreich, sondern in Amsterdam. Die Fahrt dauerte ganze 14 Stunden und so übernachteten wir sogar an Bord. Die Fähre verfügte allerdings über mehrere Bars, ein Restaurant und sogar ein Kino!

Wir nächtigten an Bord in einem 4-Bett-Zimmer, bestehend aus zwei Stockbetten. Ich lag im unteren Bett des Stockbetts und blickte so auf das Bett über mir. Das sorgte dafür, dass ich mich – passend zum schwedischen ESC-Sieg – plötzlich wie Loreen fühlte, die auf der Bühne ja auch eine Art „Scheibe“ über sich hatte. Es könnte allerdings gut sein, dass mein Hirn zu der Zeit einfach zu sehr von den ESC-Eindrücken benebelt war und ich etwas zu viel hineininterpretiert habe – entscheidet gerne selbst (Bildmaterial unten). Sehr zu unserer Freude tauchten unsere Kabinenpartner übrigens nicht auf – wir hatten das 4-Bett-Zimmer an Bord also für uns alleine. 

In Amsterdam angekommen, ging es am nächsten Morgen noch schnell frühstücken. „Endlich wieder richtiges Brot und Menschen, die verständliches Englisch sprechen“, war dabei mein erster Gedanke. Anschließend fuhren wir – dazu sei gesagt, dass wir inzwischen völlig erkältet und platt vom ESC-Stress waren – zurück nach Deutschland ins wunderschöne Ludwigshafen Am Rhein, auch wenn man sich über die Stadtästhetik sicherlich streiten kann. So hat sich der Kreis jedenfalls wieder geschlossen und eine einmalige Reise ging zu Ende. Jetzt brauchte ich erst einmal Urlaub vom (ESC-)Urlaub.

Fast vergessen: kurz vor der Abreise aus Liverpool machten wir noch ein letztes Mal ein paar Schnappschüsse in der ESC-2023-Austragungsstadt. Durch Zufall wurde mein privates „Fotoshooting“ vor der M&S Bank Arena von einem Fernsehteam gecrasht, das mich (auf Englisch) interviewen wollte. Da der Beitrag allerdings in der ARD laufen sollte, sollte ich die englischen Fragen auf Deutsch beantworten. Ich ließ mich darauf ein und nun existiert ein Brisant-Beitrag, in dem man mich kurz sehen kann. Eine witzige Erinnerung an Liverpool. 🙂

Bisher in der Serie „Leaving Liverpool“ erschienen:


16 Kommentare

  1. Auch wenn es zeitaufwändiger ist – die Anreise mit dem Auto lässt einen so viel mehr von Land und Leuten „erfahren“. Sehr schöner Bericht.
    Bei mir wäre das allerdings am – fehlenden – Budget gescheitert. Als Besitzer einer Stuttgarter Edelkarosse hat man dieses Problem sicher nicht 🙂

  2. Oh, hallo Nachbar. Da muss man sich ja entschuldigen, dass ich über „Lumbehafe“ so abgelästert habe. Aber war nicht böse gemeint, und so viel hübscher ist die nördliche Nachbarstadt auch nicht. Lebe trotzdem gern dort😀

    Vielen Dank für den schönen Bericht und die tollen Bilder. Echt cool, fast als wäre man selbst dabei gewesen.

  3. Sehr interessanter Artikel! Mit der Flugangst bist du nicht alleine Rick, mich zwingt sie auch des Öfteren zum Auto oder Zug.
    Gerade der Süden von England ist extrem schön und vor 4 Jahren (kurz vor der Corona-Pandemie) im Herbst 2019 hatte ich (bzw. wir) das Glück dort 1,5 Wochen zu verweilen. Neben dem großen und schönen London, welches wir auch per Bootstour auf der Themse erkundet haben (sehr empfehlenswert!), haben vor allem Dover und Canterbury sowie die schöne Kleinstadt Margate einen Eindruck bei mir hinterlassen. In Dover besichtigten wir die Dover Castle, die noch sehr gut erhalten ist, und wir unternahmen eine Klippenwanderung mit Blick auf den Hafen und inklusive Picknick bei traumhaften Wetter. In Cantebury sind wir an der Promenade entlanggeschlendert und ich habe dort zum ersten Mal Scones mit Clotted Cream, Marmelade und (sehr viel) Tee (ich habe zwei kleine Kanne ausgetrunken, weil ich nicht unhöflich gegenüber dem sehr sympathischen Cafébetreiber sein wollte) probieren – ein sehr schönes Erlebnis.
    Dass ich hier so wunderbar in Erinnerungen schwelge, liegt wahrscheinlich auch daran, dass dies mein letzter richtiger Reise war und sonst immer Corona in unsere Planungen reingrätschte. Allerdings lässt mein Alter sicherlich noch einige Reisen in der Zukunft zu, über die ich bei passender Gelegenheit bestimmt auch noch einmal hier so ausführlich erzählen kann 😉.

  4. Travelling-Rick, schön zu lesender Reisebericht, danke. 🙂
    Gent ist eine schöne Stadt, stimmt, ich hätte auch die Fähre genommen .

    Dank Deines Hinweises, werde ich beim nächsten Jugendherbergsbesuch mit der Familie, ich liege grundsätzlich unten, erst einmal Tattoo anstimmen. 😀

  5. Finde es sehr interessant, dass der MDR für Brisant ein englisches Fernsehteam beauftragen muss, um ein paar O-Töne zu bekommen. Da hätte man doch genauso im Vorfeld die NDR-Leute engagieren können, die eh vor Ort waren…

  6. Ggf. kontraindiziert, dennoch: Ein MERCI (ohje, oh weh, würden etliche Engländer, auch an der MERSEYside allein der punktuell fragwürdigen Sprachfokussierung halber – diskret kopfschüttend – nicht gerade goutierend kommentieren, aber ihr habt schließlich La France auf eurer Hinreise zumindest touchiert) für deinen inspirierenden Report, dear Rick!
    Der pensionierte Anglist WMR konnte jedwede Facette deines gelungenen Berichts haarklein nachvollziehen, und das vielfältig ausgesprochene Lob bisher untermalt das und möge dir gut tun an diesem sonnigen Pfingstwochenende 2023!

  7. Interessanter Reisebericht. Danke dafür. Das einzige was sich ein bisschen komisch liest ist der fließende Übergang vom Ich ins Wir ohne dabei zu erklären wer noch alles dabei ist.

  8. Vielen Dank für das ganze Lob!
    Es hat großen Spaß gemacht, nochmal alles Revue passieren zu lassen und Euch von meiner Reise zu erzählen.

  9. Toller Bericht Rick. Hat total Spaß gemacht zu lesen und wie du schreibst, konnte ich alles sehr gut vor meinen Augen sehen, obwohl ich nicht dabei war…. Wobei im Herzen sind wir zwei Schweden 🇸🇪 🇸🇪ja immer vereint 💕

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