Schlager! Metal! Hip-Hop! Singer-Songwriter! Hardrock! Das volle Programm stellt unsere Head Of Delegation Alexandra Wolfslast in der aktuellen Folge von „ESC Update“ nach vorne, wenn es um die Songs und Interpreten geht, die sich für das reanimierte deutsche ESC-Finale beworben haben.
Alex gibt damit dem derzeit meistdiskutierten Thema in der deutschen Fan-Bubble reichlich Nahrung. Denn kaum über ein Thema wird mehr schwadroniert und spekuliert als über das, was uns am 4. März 2022 in Berlin beim deutschen Finale „Germany 12 Points“ erwartet. Wir kennen den Termin, wir wissen, dass es sechs Acts sein werden, die ihre Songs zu Wahl stellen und wir wissen, dass es ein Vor-Finale in Berlin gab, bei dem 26 Künstlerinnen und Künstler sich der fünfköpfigen, für das VE-Line-Up verantwortlichen Pre-Selection-Jury live präsentiert haben.
Wir wissen also wenig, umso mehr erzeugen die verbleibenden Nebel von Norwegen rund um das deutsche Finale ein Kommunikationsvakuum mit bunten Spekulationen in der Bubble. Angeheizt werden diese nun durch das Interview, das Alexandra Wolfslast im Podcast „ESC Update„ den NDR-ESC-Spezialisten Marcel Stober (von Eurovision.de) und Thomas Mohr (von NDR2) gegeben hat.
Nachdem Alexandra Wolfslast in diesem Interview noch einmal das hinlänglich bekannte grundsätzliche Prozedere der Kandidatenauswahl vorgestellt hat (aus 944 mach 26 mach 6), wird sie von Thomas Mohr erfrischend unverblümt gefragt: „Ist denn jetzt ein Siegersong dabei?“
Alex: „Wenn ich Dir das sagen könnte, dann wär´ ich jetzt wahrscheinlich irgendwie mit nem Cocktail irgendwo anders. Klar, wir glauben und hoffen, dass wir da jetzt wirklich sehr, sehr gute Songs ausgewählt haben. (…) Es sind auf jeden Fall sehr, sehr gute Songs und am Ende muss man gucken, was auch das Publikum in Turin möchte, ob das ein Siegersong ist. Erstmal müssen wir überhaupt den Siegersong finden und das passiert ja dann im Vorentscheid.“
Marcel Stober fragt daran anknüpfend nach den „Genres und Stilrichtungen“, aus denen die Jury ausgewählt hat.
Alex: „Es war wirklich alles dabei, vom klassischen Schlager bis zur HipHop-Nummer, Rock-Nummern, Metal-Nummern, also es war wirklich alles dabei. Viele Singer/Songwriter aber auch erstaunlich viele Bands, Duos, also wirklich einmal quer durch den Garten. Auch viele Spaß-Songs, das muss man der Fairness halber auch sagen.“
Na, die explizite Hervorhebung von „erstaunlich vielen Bands“ lässt logischerweise aufhorchen, ob die ARD-Jury und der NDR über den eigenen Schatten gesprungen sind, um eine sehr prominente Bandbewerbung zu berücksichtigen.
Thomas Mohr (selbst erfahrener Radiomann) thematisiert sehr reflektiert und schlau die Kooperation mit den Radiowellen der ARD. Es seien sehr unterschiedliche Kritierien, ob ich einen Radiosong wähle oder an die Bühnenperformance denke und er frage sich, ob die Jury da einen guten Kompromiss gefunden und Songs ausgewählt habe, die auch auf der Bühne funktionieren?
Alex: „Ich hoffe das. Das muss ich einfach mal so sagen. Klar, erstmal war natürlich die Aufgabe, für den nationalen Vorentscheid Songs zu suchen und zwar so, dass auch alle Jurymitglieder und damit alle neun Sendeanstalten sich hinter den Songs versammeln können und damit leben können. Das ist natürlich ganz logisch, das war der Kompromiss, den man eingehen musste.
Aber selbstverständlich – das haben wir dann auch gemacht – haben wir bei den Auditions abgefragt, was ist das für eine Vision, wie ist die Bühnenperformance, kann man sich das vorstellen auf einer großen Bühne, wie ist die Leidenschaft der Künstler, wie ist die Attitüde, wie authentisch sind die Künstler. Das sind Sachen, die Du nicht beurteilen kannst, wenn Du nur den Song hörst, also wenn Du den klassisch nach Songkriterien bewertest.“
Marcel Stober fasst gut nach und erkundigt sich nach den „Auditions“ in Berlin und präzisiert bei dieser Gelegenheit, dass es sich um 26 Acts (an zwei Tagen) gehandelt hat.
Alex: „Ich kam mir ein bisschen vor wie bei DSDS. Du kannst Dir vorstellen: eine Riesenhalle, durch Coronabedingungen sonst niemand dort, dann eine relativ kleine Bühne, davor die fünf Jurorentische sehr weit auseinander (Anm.: womit auch bestätigt ist, wie schon in unserem letzten ESC kompakt LIVE vermutet, dass es sich insgesamt um fünf und nicht sechs Juroren gehandelt hat) und dann sitzt Du da und die armen Performer, die armen Acts mussten sich dann uns stellen. Die hatten EINE Chance, aber die brauchten auch nie mehr. Sicherlich, wenn sich jemand versungen hätte oder den Text vergessen hätte… Also das geht ja jetzt nicht darum, dass die jetzt irgendwie da abliefern, man ist ja auch aufgeregt und nervös und so, aber eigentlich brauchten sie das nicht. Alle haben ehrlicherweise einmal gesungen und sich dann den Fragen gestellt.
Die Auswahl haben wir erst viel später gemacht, nachdem wir alle gehört haben. Also insofern hast Du jetzt nicht einen wegsortiert oder so.“
Thomas Mohr adressiert die Frage, wie man das Vertrauen der Künstler gewinnen kann, um große Namen zu gewinnen und fragt (intelligent nach vorne schauend), ob mit dem neuen Konzept die ersten Schritte gemacht wurden, um das Vertrauen der Musikerszene aufzubauen?
Alex: „Definitiv. Das ist der größte Vorteil an der engen Kooperation mit den Radios. Die Radios werden ja die Kandidaten spielen und das ist, wie Ihr wisst, in Deutschland schon einmal ein Pfund. Das bedeutet im Grunde genommen, dass alle, die es schon in den Vorentscheid schaffen, Gewinner sind auf eine gewisse Art und Weise. Die werden alle musikalisch davon profitieren und das ist der erste Schritt, um zu sagen, ja, ich stelle mich so einem Wettbewerb.
Klar, wenn wir jetzt in Turin wieder versagen, dann wäre das sicherlich mehr als schlecht und dann müsste man wieder arbeiten, aber ich glaube, das ist der richtige Weg um zu sagen, pass auf, zumindest Deutschland steht hinter den Songs, die sie gewählt haben und das ist schon mal mehr als wir in den letzten zwei Jahren hatten, muss man ja ganz klar sagen.“
An dieser Stelle sei unser Kommentar empfohlen, dass eine ESC-Berührung (welcher Art auch immer) für die Interpreten keinen Imageverlust mit sich zieht, egal auf welcher Ebene und egal zu welcher Zeit. Eine zweistellige Platzierung in Turin ist kein „Versagen“, wenn man gleichzeitig neun Woche die deutschen Charts anführt (wie es Texas Lightning z.B. vorgemacht haben).
Marcel Stobel fragt weiter nach dem Ablauf von „Germany 12 Points“ und nach dem Voting.
Alex: „Richtig verkünden werden wir das erst am 10. Februar ’22 in der Pressekonferenz. Was klar ist, ist, dass die Kandidaten im Vordergrund stehen, logischerweise. Es wird sich alles um diese Kandidaten drehen. In den 90 Minuten hast Du auch nicht so wahnsinnig viel Zeit, jetzt noch tausend andere Dinge drumherum zu machen.
Auch zum Voting werden wir die genauen Details noch bekanntgeben, das wird auch veröffentlicht werden, so dass man das auch in Ruhe nachlesen kann. Es wird so sein, dass wir ähnlich wie beim ESC zwei Votingrunden haben. Man kann ja schon ab dem 28. Februar ’22 online bei den jeweiligen Sendeanstalten für seinen Liebling voten, sozusagen, und das wird dann ein – ich nenne es mal – Regionalvoting sein, aus dem sich dann die ersten Stimmen generieren. Und dann gibt es noch das Fernsehvoting, was dann am Abend läuft, wo dann die SMS und Televotes nochmal ausgezählt werden.“
Thomas Mohr erkundigt sich abschließend nach der Vorbereitung der Performances für das deutsche Finale und ob daraus schon Rückschlüsse auf die Inszenierung in Turin möglich sind (nicht wirklich) und dann wird noch viel über die möglichen Restriktionen wegen der Pandemie sowohl für die Pressekonferenz in Hamburg als auch für das deutsche Finale als auch für den ESC in Turin gesprochen, aber das war logischerweise (und verständlicherweise) alles noch butterweich.
Das Interview kann man vollständig hier hören. Zu Wort kommen im Verlauf der Sendung auch noch Alina Stiegler (viele Grüße zurück) und Deutschlands neuester Kult-TikToker Broder.
Was lernen wir aus dem Interview?
Dazu einige ESC-kompakt-Impressionen:
1. Die große Auswahl unter den Bewerbung lässt auf einen bunten Genremix beim VE hoffen – vom Schlager bis zur Hardrock-Hymne.
2. Die konsequente Herausstellung der ARD-Popwellen als Multiplikator der Vorentscheidungs-Songs hat am Ende des Tages dann doch große Namen bewogen, am VE teilzunehmen.
(Weniger optimistisch im Hinblick auf die Punkte 1 und 2 ist übrigens Kollege Oliver von aufrechtgehn.de. Hier findet Ihr seine lesenswerte Analyse des Interviews.)
3. Vielleicht sollte man die Verwendung des Begriffs „Kandidaten“ für die VE noch einmal überlegen. Zwar wissen wir (von Hape), dass bekanntlich das ganze Leben ein Quiz ist und dass das NDR-Team, das für die VE-Show verantwortlich ist, vor allem mit Quizshows Quote macht, aber möglicherweise fühlt sich das „Sechs aus 26“-Line-Up dennoch mit dem Begriff „Künstler“ wohler?
4. Und schließlich haben wir aufgehorcht beim Begriff „Regionalvoting“. Was könnte dahinter stecken? Fungieren die beteiligten Popwellen quasi als „Paten“? Versammelt sich der WDR beispielsweise hinter „Planschemalöör“ aus Köln oder „Eskimo Callboy“ aus Castrop-Rauxel, um mal zufällig zwei Acts aus dem WDR Sendegebiet zu nennen, von denen wir wissen, dass Sie sich gerne dem Wettbewerb stellen würden?
Was meint Ihr? Wir haben noch zehn Tage Zeit, um zu spekulieren und zu träumen.



Ich hoffe so sehr, dass gute Künstler zur Verfügung stehen im Vorentscheid. Die letzten Jahre (besonders letztes Jahr) war ich immer sehr enttäuscht. Soo schwierig kann das doch nicht sein. Wäre einfach toll, wenn man hinter dem Song stehen könnte, der final auftritt. Sodass man mal wieder mitfiebern kann. Bei Jendrik ging das nicht, find ich. Top Ten wäre auch mal wieder toll!!
Nach all den super peinlichen Auftritten der letzten Jahre sollte Deutschland dem ESC einfach den großen Gefallen tun und mit Abwesenheit glänzen. Das wäre mal eine Geste!
Deutschland zahlt den höchsten Mitgliedsbeitrag an die EBU und der einzige peinliche Auftritt war im letzten Jahr.
unter vielfalt würde ich mir auch mal etwas völlig anderes wünschen,einfach mal ganz woanders hingehen!
da,wo noch nie einer war. 🤠
so wie manche andere länder,die viel mutiger darin sind auch mal was zu riskieren – die blaskapelle haben wir damals ja nicht gelassen,obwohl man damit wertvolle erfahrungen hätte sammeln können.
EC wäre im übrigen auch ein „mal ganz woanders“ hingehen – erfahrungen kann man nur sammeln,indem man sie auch macht!
anbei ein nicht ganz ernst gemeinter vorschlag,welchen ich vorhin in einer sehr alten youtubeplaylist wiedergefunden habe – ist vielleicht auch eine ergänzung für die playlist von to ce,falls er es nicht eh schon kennt.
das ist große kunst,leute.🙃
Ich hoffe das juno und Max mit „nur kurz glücklich sein“ dabei sind ! Auffällig ist , dass das Lied 3:01 lang ist ! Passt !