ESC-Songcheck kompakt 2023 (6) – Portugal: „Ai Coração“ von Mimicat

Bild: Instagram @mimicat_music

In Portugal stieg in diesem Jahr der 56. „Festival da Canção“, das bekanntermaßen auch als Vorentscheid für den Eurovision Song Contest genutzt wird. In den vergangenen Jahren, eigentlich seit dem Sieg Portugals im Jahr 2017, hat man beim Festival mehr Mut und damit auch Vielseitigkeit gezeigt – was sich auch in den portugiesischen Beiträgen beim ESC widergespiegelt hat. In diesem Jahr war dies nicht anders und in einem unerwartet spannenden Finale konnte die Künstlerin Mimicat mit ihrem Lied „Ai Coração“ Publikum und Jury überzeugen.

Maria Isabel Lopes Mena wurde 1984 in Coimbra geboren und tritt seit dem Jahr 2014 unter dem Künstlernamen Mimicat auf. Bereits mit 15 Jahren nahm sie unter einem anderen Namen am Festival da Canção teil und scheiterte im Jahr 2001 bereits im Halbfinale. Ihr Musikstil lässt sich am besten als „Retro“ bezeichnen, geht von Soul bis hin zu Swing und hat häufig den Flair der 50er- oder 60er-Jahre, wobei dieser Stil mit modernen Elementen vermischt wird.

Über die Jahre trat Mimicat nicht nur in ihrer Heimat Portugal, sondern auch in Brasilien auf. Bis 2019 sang die 37-Jährige vornehmlich auf Englisch, seitdem hat sie jedoch zunehmend Lieder auf Portugiesisch aufgenommen, wie eben auch ihren Beitrag für den ESC 2023.

Das Lied

„Ai Coração“ bleibt dem oben genannten Stil von Mimicat treu, ein dynamischer Retro-Pop-Song, der jedoch zusätzlich portugiesische Elemente, wie etwa die landestypische Gitarre beinhaltet. Zudem begleitet das Lied ein gewisser Hauch von „Vaudeville“-Kabarett, was sich auch im Styling und in der Performance von „Ai Coração“ widerspiegelt.

Geschrieben und komponiert wurde das Lied von Mimicat selbst gemeinsam mit Luís Pereira. Im Lied erzählt Mimicat auf witzige Weise, wie sie auf ihren Traummann wartet, dieser jedoch lange auf sich warten lässt. Etwa ein „Ich will keine Schokolade“ auf Portugiesisch. Immer wieder weist Mimicat dabei auf ihre Kopfschmerzen hin, die im Laufe des Liedes immer größer werden – wo bleibt denn nur der Traummann?!

Der Check

Song: 3/5 Punkte
Stimme: 4/5 Punkte
Instant-Appeal: 3/5 Punkte
Optik: 2/5 Punkte

Benny: Ich liebe Musicals und hätte nie gedacht, dass ein solcher Retro-Musical-Song mal zum ESC geschickt und dann auch noch von so vielen gefeiert wird. Gut, dass der Song auf Portugiesisch ist, da kann man es dann einfach als Kunst klassifizieren. Klingt zwar leicht abgestanden, macht aber trotzdem Spaß. Dazu ist Mimicat eine charismatische Rampensau, aber die Schultheateraufführung wird ihr bislang (noch) nicht gerecht. 6 Punkte.

Berenike: „Ai Coração“ verbreitet gute Laune und geht sehr schön nach vorne. Besonderen Charme versprüht die Flamenco-Gitarre. Trotzdem wirkt der Beitrag als Ganzes angestaubt, vor allem durch die Burlesque-Performance. Das wirkt auf mich ausgenudelt und nicht wie retro im kreativen und positiven Sinne. 6 Punkte.

Douze Points: Die Älteren unter uns erinnern sich noch (auch mit einigem Grausen) an die deutsche Vorentscheidung 1998. „Can Can“ wurde damals von Ballhouse gesungen. Natürlich ist „Ai Coração“ musikalisch etwas anderes. Aber nicht unbedingt etwas Besseres. Ich gebe allein schon drei Punkte dafür, dass das Land keinen melancholischen (übertrieben pseudo-modernen) Fado schickt. Aber dennoch: Ist das die beste Alternative? Ich hoffe nicht. 4 Punkte.

Flo: Wieder hat Portugal einen einzigartigen Song gewählt, der aus der Menge im Halbfinale herausstechen wird. Nach dem musikalischen Moment, den Maro kreiert hat, ist Mimicat für mich nicht ganz so weit oben anzusiedeln, der Sound aber sinnbildlich für Portugal und die Performance dazu unterhaltsam gestaltet. 7 Punkte.

Manu: Das letzte Mal, dass Portugal mit einem fröhlichen Lied zum ESC gefahren ist, liegt bereits neun Jahre zurück. Glück gebracht hat es nicht – damals strauchelte Fanliebling Suzy und schied unglücklich und denkbar knapp aus. Nun versucht Mimicat mit ihrem selbstgeschriebenem „Ai Coração“ gute Laune zu verbreiten. Bei mir funktioniert es – auch wenn am Auftritt sicher noch das ein oder andere für die große Bühne in Liverpool angepasst werden sollte und mich ihr Lied musikalisch ein wenig an Vaya Con Dios erinnert. Sehr gut gelaunte 8 Punkte.

Max: Das Lied war mein Fave im portugiesischen Vorentscheid und ich freue mich sehr für Mimicat. Auch wenn ich nicht komplett von der Performance beim Vorentscheid überzeugt bin, denke ich, dass es einfach etwas Neues und Erfrischendes von Portugal ist. Ich fürchte nur, dass es in Liverpool nicht sonderlich gut abschneiden wird und Portugal dann wieder für ein paar Jahrzehnte zum Fado zurückkehrt. Aber nun, malen wir den Teufel nicht an die Wand. Von mir gibt es 6 Punkte.

Peter: Großartig, Cabaret meets Urban-Style-Salsa-Bar – und das sympathischerweise auch noch in Landessprache. „Ai Coração“ ist mitreißend sexy, augenzwinkernd dynamisch und die Choreographie aus dem Vorentscheid kann 1:1 mit nach Liverpool genommen werden, so perfekt stylisch, tänzerisch ausgefeilt und vor allem stimulierend ist das Paket. Das ist sicher im Finale und eine fantastische Bereicherung des Jahrgangs. 10 Punkte.

Rick: Rein musikalisch erfindet „Ai Curaçao“ das Rad nicht neu. Trotzdem gefällt mir der Mix aus 60er-Jahre-Jazz und landestypischen Klängen. Wirklich besonders wird der Beitrag aber erst durch Mimicats Bühnenpräsenz, durch die der Song irgendwie total zeitgemäß wirkt. Finde es super, dass Portugal damit mal eine ganz andere Richtung beim ESC einschlägt. 7 Punkte.

Gesamtpunktzahl: 54/96 Punkte

Beim ESC-kompakt-Index landet „Ai Coração“ auf Platz 11 von 37.

Wie schneidet der portugiesische Beitrag "Ai Coração" von Mimicat ab?

  • Platz 16-20 (30%, 185 Votes)
  • bleibt im Halbfinale hängen (27%, 166 Votes)
  • Platz 11-15 (20%, 125 Votes)
  • Platz 21-26 (14%, 89 Votes)
  • Platz 6-10 (6%, 35 Votes)
  • Top 5 (3%, 17 Votes)

Total Voters: 617

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Bisher erschienene Songchecks:

Erstes Halbfinale

(1) Irland: „We Are One“ von Wild Youth
(2) Kroatien: „Mama ŠČ!“ von Let 3
(3) Lettland: „Aijā“ von Sudden Light
(4) Malta: „Dance (Our Own Party)“ von The Busker
(5) Norwegen: „Queen Of Kings“ von Alessandra


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90 Comments
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Meyer-Rudolph, Wolfgang
Meyer-Rudolph, Wolfgang
1 Jahr zuvor

… DINAs Kater-Kommentar ist darüber hinaus „really funny“ (bin „halt“ Anglist, daher hin und wieder mal ggf. zu viel (?) an englischen Spracheinlassungen – sorry.

AndrESCas
AndrESCas
1 Jahr zuvor

Ich finde ja, unsere Blogger sollten für diese Song-Checks irgendwie ein anderes Voting System nutzen. Dass da jeder im Zweifel jeden Song mit 12 Punkten bewerten könnte (und es gab Jahrgänge, da war einer gar nicht so weit davon entfernt 😉), führt das Voting doch irgendwie ad absurdum.
Klar, alle Songs nach ESC-Muster zu bewerten, geht nicht. Aber z. B. getrennt nach SemigFinale + 3 x Big Five ider z. B. alle Songs mit Punkten von 1 bis 20 (jede Punktzahl nur 1 x) würde ein deutlich realistischeres Bild geben.

trevoristos
Mitglied
1 Jahr zuvor
Reply to  AndrESCas

stimme dir zu. Das Votingsystem der Blogger hier ist an sich kritikwürdig, da ja intransparent und z.T. inkonsequent erscheinend. Man muss ja zunächst alle Beiträge zum gleichen Zeitpunkt in mehrere Rankings stufen und dabei Rangstufen festlegen. Daraus kann je Song ein Gesamtergebnis ermittelt werden (was aber nur den Zeitpunkt betrifft).

Fehlende Strenge ergibt dabei ein zu positives Bild. Wobei man einräumen muss dass ’ständiges Hören der ESC Songs‘ automatisch bessere Bewertungen ergibt. Wie sollte man sonst ’sich selbst gegenüber‘ rechtfertigen diese Songs so oft zu hören? Wiederholtes Hören trübt natürlich auch mitunter die Einschätzungsfähigkeit, wie ein Song bei ‚first listeners‘ ankommen könnte bzw führt zu einer zu abweichenden Einschätzung zu der von ‚first listeners‘.

lasse braun 🚜🇪🇪🇪🇸🇨🇿🇦🇩🇫🇮🇩🇪
lasse braun 🚜🇪🇪🇪🇸🇨🇿🇦🇩🇫🇮🇩🇪
1 Jahr zuvor

ich befürchte,daß im semi die mimi ohne katze in’s bett gehen wird = bleibt im semi hängen.
kann zu dem song nicht groß was sagen außer,ist gefällig aber nicht auffällig.
keine vergleich z.b. zu spanien bezogen auf ethnogenre.

olfi
olfi
1 Jahr zuvor

Dass sie auf die Couch aka Sofa verzichten wollen…

Die hatte in dem Video bisher eine dramaturgisch starke Rolle, und man darf gespannt sein, ob den portugiesischen Machern da eine überzeugende Alternative einfällt. Ich fände es wichtig, dass man aus dem 20er- bis 40er-Retrolook rauskommt und es schafft, in die Moderne rüber zu kommen. Wenn das gelingt, linke Seite der scores, wenn nicht, rechte Seite…

italojeck
italojeck
1 Jahr zuvor
Reply to  olfi

Das mit dem Sofa war auch mein Gedanke, aber das scheinen viele nicht zu moegen ….🤷‍♀️
…auch wenn ich eher an die Bewegung der Taenzerinnen Spass gehabt habe. Viellicht nicht so modern, aber moderne Sachen gibt es schon in Huelle und Fuelle beim ESC (und so neu sind sie auch nicht…)

Hinz und Kunz
Hinz und Kunz
1 Jahr zuvor

Also mir gefällt’s recht gut. Klar, es ist nicht auf dem Level wie Maro im letzten Jahr und als Vorentscheidungssieger wär mir Edmundo Inácio ein wenig lieber gewesen, aber es überwiegt das Positive: Mimicat hat eine tolle Bühnenpräsenz und viel Energie und sorgt bei mir sofort für gute Laune. Dazu kommen Pluspunkte für die Landessprache und dafür, dass Portugal auch in diesem Jahr wieder sein Ding durchzieht und für einen echten Farbtupfer unter den 37 Beiträgen sorgt. Mit einer für die großen Bühne angepassten und modernisierten Performance kann das für’s Finale reichen, wenn auch wahrscheinlich nicht für ganz weit vorn.
Ich kann verstehen, dass manche den Song etwas altmodisch bzw. nicht super innovativ finden, aber ich denke man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Tut die große Favoritin Loreen ja auch nicht 😉

Jofan
Jofan
1 Jahr zuvor

Achtung, hier kommt gleich Kritik an einem portugiesischem Beitrag (Triggerwarnung für 70% der Kommentierenden 😅)! Ne, allen Ernstes kann ich diesem Song rein gar nichts abgewinnen. Ich finde einfach keinen Zugang zum Song, er wirkt auf mich irgendwie abgestanden. Leider erkennen ich im Song keine wirkliche Entwicklung hin zu einem Höhepunkt, ist doch ziemlich flat. Die Strophen finde ich äußerst schwach, die Bridge / der Refrain sind auch recht schwach. Der Instrumenpart ist zwar ganz nett, hebt den Song aber nicht wirklich auf ein höheres Level.
3 Punkte von mir, Platz 32/37, ich denke sie wird es ins Finale knapp schaffen und dort in der rechten Hälfte recht mittig landen.

Cali
Mitglied
Cali
1 Jahr zuvor

Jedes Mal, wenn ich das Wort „Fado“ hier auf dem Blog lese, höre ich toggie tränenüberströmt in die Tischkante beißen und innerlich aus Verzweiflung schreien. 😉
Mimicats Lied mag recht seicht sein, bietet aber auch viel Spaß und kurzweilige drei Minuten, bei denen die wenigsten abschalten würden. Ich bin mal sehr gespannt, wie sie das ganze in Liverpool jetzt präsentieren wollen, wenn es nicht so „angestaubt“ wirken soll, wie von vielen hier kritisiert. Das Sofa soll ja schon mal nicht da sein…
Portugal hat es nie einfach mit den Qualifikationen, und ich glaube, dass es auch diesmal kein klares Ergebnis sein wird, dafür gibt es genügend stärkere Beiträge in diesem Halbfinale. Ich sehe sie dennoch knapp drin. Und Frankreich ist ja auch in dem Halbfinale stimmberechtigt…

Prognose: Halbfinale 10/15 (60%) -> Finale 16-20
Meinung: Platz 13/37 (8 Punkte)

Ist doch schön, mal keinen traditionellen *Fado* aus Portugal zu hören… 😉

Tamara
Mitglied
Tamara
1 Jahr zuvor

Die Portugiesen erinnern sich des ehernen Grundsatzes jedweder Unterhaltung: „Du sollst nicht langweilen!“ Und DAS schafft dieser Beitrag, aber hallo! Es macht einfach von der ersten bis zur letzten Sekunde Spaß, denen zuzuhören und vor allem zuzugucken. Der Song ist ziemlich retro, man fühlt sich sofort in die Fünfziger zurückversetzt. Die Kostüme schreien Can Can, der kommt aber (zum Glück) nicht. Dafür führen die Tänzer*innen mit teils betont bierernstem Gesicht eine extrem lustige Choreo auf, während Mimicat souverän ihren Song darbietet. Wir hatten hier drei Minuten lang Spaß, und nur darum gehts!

Chancen aufs Finale? Wehe wenn nicht! Es könnte knapp werden, aber wir denken, es kommt durch.
Porto 2024? Nein
7/10 (Kinder 6 und 6)

escfrust05
escfrust05
1 Jahr zuvor

Endlich mal wieder ein toller Beitrag aus Portugal, mir gefällt er sehr gut. Ein Beitrag der sehr viel Lebensfreude verbreitet. Sowas braucht man in den heutigen Zeiten. Hoffentlich kommt er ins Finale. Portugal hat ja jetzt nicht gerade die größte Lobby.