Live-Blog Estland: Erstes Viertelfinale Eesti Laul 2022

Die letzten Jahre bekam man mehr und mehr das Gefühl, dass sich die Veröffentlichungen der ESC-Beiträge immer weiter nach hinten verschoben. Little Bigs „Uno“ wurde 2020 gar erst nach der offiziellen Deadline der EBU der Öffentlichkeit präsentiert. Rühmliche Ausnahme war stets das Festivali i Kenges in Albanien, das Ende Dezember die Vorentscheidsaison eröffnete. Dieses Jahr ist das etwas anders:

Es ist gerade knappe sechs Monate her, dass Måneskin den Eurovision Song Contest 2021 in Rotterdam gewinnen konnten und seitdem weltweit für Furore sorgt – und schon sind nicht nur die Interpreten für Belgien und Georgien benannt. Nein, die Vorentscheidsaison beginnt schon genau heute!

Das beliebte Eesti Laul, mit dem Estland seit 2009 den geeigneten Beitrag für den ESC sucht, geht ins erste Viertelfinale. Zehn Jahre lang wurde zwischen 20 Beiträgen in zwei Halbfinals und einem Finale entschieden, wer für Estland zum Song Contest reist. Dieses Jahr wurde die Anzahl der Beiträge nun verdoppelt, die sich in vier Viertelfinale erst um den Einzug in die Halbfinale battlen müssen. Gewertet wird in allen wöchentlich stattfindenden Viertelfinalen zu zwei Fünftel durch eine eingesetzte Expertenjury und zu drei Fünftel durch das Televoting.

Die ersten zehn Beiträge wurden vor ein paar Tagen benannt – unter ihnen der ehemalige ESC-Teilnehmer Stig Rästa, die ESC-Teilnehmerin von 1999 Evelin Samuel (siehe oben) und einige beliebte „Wiederholungstäter“. In der heutigen Show sollen anhand der Musikvideos, die erst nach der Show offiziell veröffentlicht werden sollten, die ersten Finalteilnehmer*innen gefunden werden. Ganz geklappt hat das nicht – und so erblickten schon seit ein paar Stunden einzelne Videos (und Lieder) das Licht der Öffentlichkeit.

Folgende alphabetisch geordnete Beiträge stehen heute Abend zur Wahl:

  • Boamadu – Mitte kauaks (Geschrieben von Peeter Priks und Keith Mutvei)
  • Evelin Samuel – Waterfall (Geschrieben von Glen Pilvre, Priit Pajusaar und Katrin Pärn)
  • Fiona and Me – Feel Like This (Geschrieben von Fiona and Me)
  • Jaagup Tuisk – Kui vaid (Geschrieben von Jaagup Tuisk, Rita Bavanati und Lauri Räpp)
  • Kéa – Everytime (Geschrieben von Andrei Zevakin und Ketter Orav)
  • Little Mess – Hea päev (Geschrieben von Timo Vendt, Tanja Mihhailova-Saar und Andra Teede)
  • Maian – Meeletu (Geschrieben von Maian Lomp und Gevin Niglas)
  • Peter Põder – Koos lõpuni (Geschrieben von Peter Põder und Raul Krebs)
  • Stig Rästa – Interstellar (Geschrieben von Stig Rästa, Victor Crone, Herman Gardarfve, David Lingren Zacharias und Fred Krieger)
  • Traffic – Kaua veel (Geschrieben von Karl Killing, Andreas Poom, Fred Krieger, Silver Laas und Vallo Kikas)

Was glaubt ihr – welche fünf Songs haben die besten Chancen das Halbfinale zu erreichen?

Das erste Viertelfinale des Eesti Laul 2022 wird von 20.35 Uhr bis 21.35 Uhr live bei ETV übertragen (https://etv.err.ee). Seid mit dabei bei unserem ersten Vorentscheid-Live-Blog für den Eurovision Song Contest 2022 in Turin! Ihr habt die Möglichkeit, die Geschehnisse vor, während und nach der Sendung unter diesem Beitrag zu kommentieren.

 


 

Einen wunderschönen guten Abend in die Runde!
Unglaublich – es ist ende November und wir starten in die Vorentscheid-Saison. Heut läuft zwar auch noch The Masked Singer und ab 21 Uhr Eurovision Again, aber ich hoffe trotzdem, ihr diskutiert ein bisschen mit mir herum.

Angekündigt sind 10 Lieder in nur einer Stunde, es dürfte also eine knackige Sendung werden. Heute Abend werden allerdings „nur“ die Musikvideos gezeigt, Liveauftritte gibt es erst später zu sehen.

Ich bewerte heute pur nach eigenem Geschmack von 0 bis 10 Punkten und gebe am Ende noch meine Meinung ab, welche 5 Beiträge in die nächste Runde einziehen sollten.

Und schon gehts los!
Tanel und Eda-Ines begrüßen im Studio anscheinend alle die im ersten Viertelfinals mit dabei sind, das hatte ich gar nicht erwartet, das die Teilnehmer*innen auch live im Studio sind. Ein kurzes Interview mit Traffic und ab gehts:

 

01. Traffic – Kaua veel

„Kaum veel“ beginnt ruhig mit Akkustik-Gitarre. Nach dem ersten Refrain kommen ein paar Rhythmusinstrumente hinzu und zum zweiten Refrain ein treibender Beat. Das Lied nimmt an Fahrt auf, bleibt dabei aber in melancholischer Stimmung. Netter, glatter Radiotitel, mir gefällt das wohl. Gewinnt nicht den Song Contest, dürfte aber auch niemandem weh tun. 6/10 Punkte

 

02. Jaagup Tuisk – Kui vaid

Jaagup, der sich in diesem Jahr dreist bei Billie Eilish „inspirieren“ lassen hat, steht bei einigen vorab in der Kritik sich nun bei Jüri Pootsmann zu bedienen. Der Anfang ist großartig. Etwas disharmonische Streicher begleiten Jaagup durch die Strophen. Später branden umrhythmische Beats auf, die tatsächlich an Jüris „Magus melanhoolia“ erinnern. Das Lied verliert sich dann etwas, da zum Ende hin nichts neues passiert, aber das ist nicht uninteressant. 7/10 Punkte

 

03. Kéa – Everytime

Auch Kéa war im letzten Jahr das erste mal dabei. „Hypnotised“ war etwas unausgereift, aber trotzdem eine gute Tanznummer. „Everytime“ beginnt eher ruhig und nur von Piano begleitet. Im Refrain setzt eine Midtempo-Rhythmusmaschine ein. Auch „Everytime“ wird nicht den ESC gewinnen, kann aber durchaus im Radio laufen. Beim jetzigen ersten Hören durchschnittlich – deshalb gibts 5/10 Punkte von mir.

 

04. Fiona and Me – Feel Like This

(Video wird nachgereicht, sobald verfügbar)

Fiona and Me sind für mich komplett neu. „Feel like this“ klingt nach unspektakulären Indie-Pop/Rock. Bands wie „Letting up despite great Faults“ fallen mir bei dem Sound ein. Und die mag ich durchaus. Süßes Liedchen, wobei ich betonen möchte, dass ich auf die Videos kaum reagieren kann, das geht heute alles so schnell, das ich davon nicht viel mitbekomme. Fiona and Me werden es sicher schwer haben ins Halbfinale zu gelangen, aber ich kann mir vorstellen, dass ihr „Feel like this“ durchaus Chancen auf meine Playlist hat. 5/10 Punkte

 

05. Peter Põder – Koos lõpuni

Peter ist nicht live im Studio. Hat jemand etwas davon mitbekommen, ob er in Quarantäne ist? Wieder eine Akustikgitarre. Im Hintergrund wabern ab und an elektronisch Sounds, brechen aber nicht mit der schönen Melodie und der Stimmung des Liedes. Im Refrain bäumt sich das Instrumental auf. Das ist richtig schön und die erste sehr positive Überraschung für mich. Schön gesungen, tolle Melodie und Produktion. Ich greife zu 8/10 Punkten.

 

06. Stig Rästa – Interstellar

Stig scheint irgendwie jedes Jahr mit dabei zu sein – egal ob als Künstler oder Schreiber. „Interstellar“ ist sauber produziert und würde so auch im Mello eine gute Figur machen. Der Refrain versucht hymnisch zu sein, schafft das aber nicht komplett. Trotzdem dürfte das im Radio gute Laune machen. Auf der Bühne müsste aber schon was besonderes passieren, damit das beim ESC unter die besten 10 kommen könnte. Nett, glatt, Radio, gute Laune. Wenn wir sowas in der deutschen Vorentscheidung hätten, wäre das sicher nicht das schlechteste. Gut gemeinte 6/10 Punkte

 

07. Maian – Meeletu

Auch Maian wird mit einer Videobotschaft eingespielt und nicht live im Studio. Sie scheint noch sehr jung zu sein. „Meeletu“ wird dominiert von einem südländischen treibenden Rhythmus. Auch wenn sie bei dem Lied keine herausragende Sängerin sein muss, hoffe ich, dass sie das stimmlich stemmen kann. Denn dann spielt das ganz vorne mit. Das klingt frisch, sommerlich und ein bisschen melancholisch. Sehr gut, gefällt mir! Das typische Lied, dass man drei mal hören muss und es dann nicht mehr aus dem Kopf bekommt. 8/10 Punkte

 

08. Little Mess – Hea päev

Oha… Little Mess schwäppern sich so durch ihr Liedchen. „Without a Reason“ aus dem letzten Jahr gefiel mir wohl, „Hea päev“ erreicht mich aber nicht. Vielleicht funktioniert das im Hintergrund, aber das ist nichts für die Bühne. Zwischenzeitlich schrauben sich die Stimmen der drei Mädels schon fast unangenehm in die Höhe. Am Ende noch der typische Mutklatsch-Rhythmus. Nein, das ist mir viel zuwenig. 3/10 Punkte

 

09. Boamadu – Mitte kauaks

Dieses Jahr werden wir sicher in vielen Vorentscheiden auf Rocknummern treffen – das ist dann also nun die Rocknummer aus dem ersten Viertelfinale des Eesti Laul. Boamadu klingen auf jeden Fall älter als sie sind. Eher Musik für ne Fahrt auf ner Harley Davidson als moderner Rock. Joy, ein bisschen ohne Höhen und Tiefen, die instrumentalen Teile gefallen mir fast besser als die, wo gesungen wird. 4/10 Punkte und die Erkenntnis, das mir das heute fast ein bisschen zu schnell geht mit den Videos 😉

 

10. Evelin Samuel – Waterfall

(Video wird nachgereicht, sobald verfügbar)

Nun also schon die letzte Nummer von der oben verlinkten Evelin Samuel. „Waterfall“ klingt wie ein folklorisches Lied von Abba, da hat Lasse tatsächlich recht! Ich bin mir grad total unsicher wie ich das finden soll. „Waterfall“ ist leider etwas schwach produziert, aber irgendwie haben die ganzen Gesänge im Lied schon was. Hoffnungslos altbacken – dabei aber irgendwie charmant. Ich weiß mir nicht zu helfen und vergebe erstmal 5.5/10 Punkte.

 

Puh, das waren also die ersten zehn Beiträge – der nächste ESC-Gewinner ist da noch nicht drunter, da würde ich mich einfach mal festlegen. Aber so schlecht wie vorhergesagt finde ich das alles nicht. Im Schnelldurchlauf habe ich jetzt auch mal ein paar Videoschnipsel gesehen und mir fällt auf, wie das den Eindruck verändern kann, wenn man ein Lied nicht nur hört, sondern auch bebildert wahrnimmt.

Also, ich würde Jaagup Tuisk, Peter Põder, Stig Rästa, Maian und Evelin Samuel mit in die nächste Runde nehmen. Und ihr?

Zweiter Schnelldurchlauf und schon ist die Möglichkeit zu werten vorbei. Ohne weitere Zeit zu verlieren werden auch schon die genannt, die die nächste Runde erreichen (Televoting). Das geht ja richtig schnell bei den Esten:

Evelin Samuel wird als erste genannt. Auch Stig Rästa ist in der nächsten Runde, ebenso wie die jungen Altrocker Boamadu. Die Jury wertet für Maian und Jaagup Tuisk.

Ich muss grad lachen, denn schon kommt der Abspann…

 

Ok, ohne viel Schnörkel – die ersten fünf Beiträge für das Halbfinale des diesjährigen Eesti Laul stehen fest! Schön das ihr bei diesem kleinen Quickie mit dabei wart – in der kommenden Woche begleiten wir das zweite Viertelfinale natürlich wieder mit einem kleinen Live-Blog!

Habt alle noch einen schönen Abend und bleibt gesund!


191 Kommentare

  1. Keine Kissenschlacht, enttäuschend. Aber so Easy Listening dürfte gar nicht so schlecht ankommen, wenn die Stimmen auf der Bühne ähnlich klingen.

  2. 9) Da hatten wir schon besseren Rock. Und nach Maneskin sollte sich eigentlich für die nächsten 5 Jahre keine Rock-Band trauen, beim ESC teilzunehmen.

  3. 9. Boamadu
    solider rock aber mehr auch nicht – song steigert sich in der zweiten hälfte stark – hebt sich ab vom dahinplätschern.

  4. Aha, der unvermeidliche Rockbeitrag. Die Strophen sind super, der Refrain fällt leider ab. Aber auch das ist nicht übel. Dürfte von mir aus gern ins Halbfinale, aber als Sieger brauche ich es nicht.

  5. Und zum Abschluss Evelin mit einemSong, den ABBA nicht haben wollten. Ihre Kopfstimme klingt gut, aber das erreicht mich so gar nicht.

  6. Little Mess – gefällt mir bis jetzt irgendwie am besten … 8/10
    Boamadu – jetzt kommt Schwung in die Bude – 9/10
    Evelin Samuel – schönes Lied zum Abschluss 8/10

  7. Das war insgesamt doch gar nicht schlecht. Wenn wir für unseren Vorentscheid 5 Titel ähnlicher Qualität bekämen, wäre ich schon glücklich.

  8. Meine Semifinalisten in Reihenfolge des Auftritts:

    Traffic
    Jaagup
    Stig
    Little Mess
    Boamadu

    Wenn zwei durchkämen, wäre das für mich schon eine gute Quote.

  9. 1. Traffic „Kaua veel“ 2/10
    2. Jaagup Tuisk „Kui vaid“ 0/10
    3. Keá „Everytime“ 0/10
    4. Fiona and Me „Feel Like This“ 4/10
    5. Peter Põder „Koos lõpuni“ 0/10
    6. Stig Rästa „Interstellar“ 1/10
    7. Maian „Meeletu“ 2/10
    8. Little Mess „Hea päev“ 3/10
    9. Boamadu „Mitte kauaks“ 5/10
    10. Evelin Samuel „Waterfall“ 5/10

    mehr punkte rückt lasse nicht raus. 🤠

  10. Meine Top 5:

    Traffic (ist das Uku Suviste am Ende des Videos? 😄)

    Kéa

    Peter Pöder (und hübsch isser auch noch!)

    Stig Rästa (sieht generell jünger aus, als er ist, in dem Video aber tatsächlich wie Christian Drosten 😄)

    Boamadu

  11. Ich habe alles verpasst, weil Freunde mit leckerem Essen vor der Tür standen. Werde mir die Lieder in den nächsten Tagen anhören.

  12. 3 von 5, für mich sehr gut. Schade um Little Mess, aber das war natürlich auch kein Siegersong.
    Evelin für mich die schwächste Halbfinalistin, aber dass das gut ankommt war eigentlich zu erwarten.
    Ich bin gespannt auf nächste Woche.

  13. habe ich gerade bei escunited aufgeschnappt – gefällt mir ganz gut – vielleicht mischen die ja auch noch mit? – kannte die band bisher noch nicht.😎

  14. Außer dem grässlichen Machwerk von Stig Rästa, das ich nicht bis zum Ende ausgehalten habe, lässt sich das alles ganz gut nebenher hören, während man z. B. Papierkram erledigt. Und das skizziert dann auch schon das Problem: Ein erfolgreicher ESC-Beitrag muss einen den Stift oder was auch immer fallen lassen, sobald er anhebt. Das ist hier leider bei keinem Beitrag der Fall.
    Meine TOP 3 aus dieser Runde sind Jaagup Tuisk, Peter Põder und Boamadu. Zu Letzteren habe ich wenigstens mit dem Fuß im Rhythmus getappt. Außerdem ist mir im Liedtext von Fiona and Me der poetische Vers „porno with a plumber“ aufgefallen …

    • Die Hälfte der Beiträge kommt doch sicher von dir, oder täusche ich mich? Nein, ich habe nicht vor nachzuzählen. Reines Bauchgefühl.

      • Ach zählen brauche ich ja gar nicht, es genügt (dank SCC) ein Knopfdruck. Es sind nur 33, Ich nehme alles zurück. 🙂

  15. Ich bin erst heute Morgen dazu gekommen mir die Songs (zumindest die hier verlinkten) anzuhören.
    Mein Favorit ist bislang ganz klar Jaagup Tuisk. Der Song erinnert in einigen Teilen an Magus Melanholia. Aber ist dank des längeren Aufbaus und des noch eigenwilligeren Rhythmus doch auch anders. Außerdem freue ich mich für Boamadu und Maian. Den Song von Evelin Samuel kenne ich jetzt nicht, war damals aber überhaupt kein Fan von „Diamond of Night“. Den Song von Stig Rästa hätte ich jetzt nicht gebraucht und klingt wieder wie beim Mello ausgemustert. Schade sein legendären 2015er ist das beste was Estland bislang beigesteuert hat. Little Mess hätte ich gerne noch dabei gehabt, den Rest Fan dich dagegen alles uninteressant. Trotzdem ist es schön, dass es schon wieder los geht…

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