Neues Team, Neues Konzept: Estland überarbeitet ESC-Vorentscheid Eesti Laul ab 2024

Foto: Sarah Louise Bennet / EBU

Ein achter Platz im ESC-Finale ist eigentlich ein Ergebnis, auf das man stolz sein kann. Doch wenn es hauptsächlich den Juries zu verdanken ist, dass man in den Top 10 landete und das Publikum einen beinahe schon im Halbfinale aussortiert hätte, hat das Ganze einen faden Beigeschmack. Es überrascht also nicht, dass Estland für kommendes Jahr an seinem Vorentscheid-Konzept feilen möchte. Der zuständige Sender ERR gab jetzt bekannt, dass 2024 alles anders wird.

Mit der heutigen Meldung des Eesti Laul-Updates ist nun auch klar, dass Estland definitiv in Schweden mit dabei sein wird und somit das erste baltische Land seine Teilnahme für 2024 bestätigt hat! Doch es soll keine Teilnahme wie in den vergangenen Jahren werden – zumindest nicht was die Suche nach dem estnischen ESC-Beitrag angeht. Die wird nämlich ab 2024 von einem neuen Team geleitet. Tomi Rahula, der Eesti Laul-Produzent der letzten fünf Jahre, dankt ab und macht Platz für neue Ideen.

Insbesondere für die zwischenzeitliche Einführung von Viertelfinals hat sich Rahula stark gemacht. So entstand 2021/2022 ein langanhaltender Hype im Land, durch den sich das estnische Publikum früher als sonst mit der kommenden ESC-Teilnahme auseinander setzen konnte. Zudem zeigt sich Rahula stolz auf den Verdienst, eine „wirklich unabhängige“ Jury im Eesti Laul-Finale etabliert haben zu können.

Wer genau die Nachfolge des bisherigen Eesti Laul-Produzenten antritt, ist noch nicht bekannt. Fest steht aber, dass der estnische Vorentscheid 2024 bereits diesen Herbst (!) beginnen soll. Das war auch der Fall, als vor zwei Jahren die Viertelfinals Teil der Show wurden. Es ist also vorstellbar, dass man für die kommende Ausgabe wieder einen längerfristigen Wettbewerb, etwa mit mehreren Vorrunden, plant. So klingt auch der Kommentar von Karmel Killandi, dem Leiter des ERR-Unterhaltungsprogramm:

„Wir wollen dem Herbst mit Innovationen begegnen – und der Sommer ist die beste Zeit, um die zu Ende gegangene Saison und auch die vergangenen Jahre zu analysieren. Unser größter Wunsch ist es, den estnischen Musiker:innen die beste Plattform und den Zuschauer:innen echte Erlebnisse zu bieten. Wir werden in ein paar Monaten detaillierte Pläne veröffentlichen, aber ich hoffe, dass Acts und Songwriter:innen bereits damit begonnen haben, neue Songs für den Wettbewerb zu schreiben.“

Wie genau die Innovationen für den estnischen ESC-Vorentscheid aussehen sollen, ist noch unklar. Neben weiteren Vorrunden ist auch vorstellbar, dass sich etwas am Abstimmungsmodel ändert. Bislang entscheiden Jury und Publikum im Finale zu jeweils 50%, wer es in die Top 3 schafft und im Superfinale nochmal antreten darf. Hier wählen alleine die TV-Zuschauenden den Act aus, der zum ESC fährt.

Ähnlich wie in Schweden ist der Vorentscheid in Estland dafür bekannt, ehemaligen Teilnehmenden nochmal eine Chance zu geben. Viele Acts aus Estland probieren es immer wieder, den Eesti Laul zu gewinnen. Dieses Jahr konnte mit Alika allerdings eine Eesti Laul-Newcomerin gewinnen. Sie schaffte den Sprung ins ESC-Finale allerdings nur als Zehnte und wurde auch im Finale selbst vom Publikum nur auf Rang 19 – mit gerade einmal 22 Punkten – gewählt. Durch den fünften Platz bei den Juries gelang es ihr allerdings, für Estland am Ende auf Platz Acht zu landen.

Wie gefällt Dir der Eesti Laul? Wen wünschst Du Dir für Estland beim ESC 2024 in Schweden? Lass uns deine Gedanken und Meinungen wie immer gerne in den Kommentaren da.


32 Kommentare

  1. Ich hoffe Ollie, der dieses Jahr mit Venom den 2. Platz gemacht hat, tritt nochmal an und gewinnt. Er ist zu einem meiner Lieblingssänger geworden und ich würde es ihm so sehr gönnen!

  2. @RICK
    „Doch wenn es hauptsächlich den Juries zu verdanken ist, dass man in den Top 10 landete und das Publikum einen beinahe schon im Halbfinale aussortiert hätte, hat das Ganze einen faden Beigeschmack.“

    komischer satz im letzten teil.
    „fader beigeschmack“ als formulierung ist hier völlig fehl am platz!🤠

  3. Eesti Laul an sich finde ich eigentlich eine ganz coole Veranstaltung, auch, wenn ich mit dem diesjährigen Siegersong wie auch sonst schon das ein oder andere Mal nicht wirklich was anfangen konnte.
    Richtig angetan in diesem Jahr hatte es mir „Valik“ von kaw aus dem ersten Halbfinale, auch, wenn die Studioversion noch einmal deutlich besser war und beim Live-Auftritt dann vielleicht die Akkustik etwas versagte oder dem Sänger ein klein wenig die Luft etwas fehlte.
    Dennoch habe ich Valik zuerst live gehört und es bei mir förmlich rauf und runter wie kaum ein anderer Song dieser Saison und wurde bei mir eigentlich nur so richtig von Käärijä ersetzt, dessen Song irgendwie gefühlt einen ähnlichen Vibe hat auf eine unbeschreibliche Art und Weise.
    Dies ist nicht unbedingt sachlich zu begründen und mag zum Teil an der Energetik, zum Teil auch vielleicht an den doch recht nah verwandten Sprachen liegen – wer weiß das schon. Aber immer noch ein Song, den ich nicht skippen kann und möchte, selbst, wenn er „unerwartet“ in einer Playlist auftaucht.
    Über eine Rückkehr kaws mit einem ähnlich erfrischenden Song würde ich mich also definitiv enorm freuen. Er wäre bei Eesti Laul vermutlich chancenlos, da dort ja momentan auch die Tendenz noch eher zum glattpolierten, teils etwas seelenlosen Schwedenpop geht (in welcher qualitativen Ausprägung auch immer) und ich wäre vermutlich der einzige , der ihn feiern würde – außer, er schafft es zum ESC selbst und hat dort dann vielleicht eher Chancen, aufzufallen 😉 Stefans „Hope“ aus dem letzten Jahre war live für mich ein wirklich recht überraschender Kracher, den ich so nicht habe kommen sehen, da hat für mich für den Moment irgendwie alles gestimmt – vielleicht war diese Mischung dann, obwohl der Song per se vielleicht nicht der allerbeste Song war, wirklich mal diese sagenumwobene „ESC-Tauglichkeit“ im positiven Sinne.

    • Also gerne auch noch einmal Stefan, vielleicht lernt man ihn ja sogar nochmal von einer anderen Seite kennen – genauso wie auch Ollie wirklich gut war dieses Jahr, also Potenzial für gute Rückkehrer gäbe es genug 🙂

  4. Diese Riesen-VEs haben mich in den letzten Jahren nicht überzeugt, weder in Estland, noch in Rumänien oder Malta und schon gar nicht in San Marino.
    Unterm Strich tut das nichts für Qualität oder Bandbreite, sondern bläst nur das Feld unnötig auf.
    Ich sehe bei der Eesti Laul eigentlich auch keinen großen Änderungsbedarf, von der Bilanz der letzten Jahre kann doch z.B. Lettland nur träumen.

  5. Das Eesti Laul schaue ich immer mit am liebsten von allen Vorentscheiden. Die sollen mal besser alles so beibehalten, wie es ist. Den „faden Beigeschmack“ sehe ich eher bei Zusammensetzung und Bewertungskriterien der Jurys. Alika hätte mit Bridges eine weitaus bessere Platzierung verdient gehabt.

  6. Ich finde es schade, das sich das ESC-Publikum in den letzten Jahren größtenteils nur noch auf Auffällige-Performances stürzt (z.B. Spanien & Serbien 2022 oder Finnland & Israel 2023) und niveauvolle sowie klassische (Pop)-Musik, wie u.a. von Alika, abwertet.
    Damit will ich aber natürlich nicht sagen, das ich Genre-Vielfalt oder gute Bühnenauftritte verurteile, im Gegenteil. Aber eine Entwicklung wie 2023 wo es fast nur noch um Show und nicht mehr um Musik ging, finde ich bedenklich.

    Estland ist, außer mit Uku Suviste, mit seinem Vorentscheids-Konzept oftmals gut gefahren und konnte zumindest die Jury überzeugen. Das ist schon viel mehr als andere Länder schaffen. Meinetwegen muss man nichts verschlimmbessern.

    • Und ich finde es bedenklich, das gerade mal 100 Jurymitglieder, das Televoting mit 100 Millionen Anrufer aushebelt. Die wäre ohne Jury nie in den Top 10 gelandet. Deshalb sollte das Juryvoting, wenn überhaupt, nur noch 25% des Endergebnisses ausmachen.

      • Wenn ich bedenke, wieviele erwachsene Menschen sich vor einem selbstspielenden Piano fürchten (!), bin ich froh, dass es zum Ausgleich eine Jury gibt, die die Qualität eines Beitrags (hoffentlich) unabhängig davon bewertet.

      • Woher kommt denn die Zahl von 100 Mio. Anrufern bitte?

        Erfindet doch nicht immer Sachen, weil sie euch in den Kram passen. Außerdem hebeln die Jurys nichts aus. Beide Komponenten der Wertung stehen ebenbürtig nebeneinander. Und keine Seite hat mehr Gewicht oder ist irgendwie wichtiger, als die andere. Wer alt genug ist, der erinnert sich voller Grauen an die ESCs mit 100% Televoting und die Farce der Abstimmung, als das Publikum im Saal wirklich fast jede 12er Wertung vorher hereinrief. Aus diesem Grund gibt es das momentane System doch… Und wer sich die diesjährigen Wertungen ansieht, der weiß dann eben auch, dass es nach wie vor seine Berechtigung hat. Polen und Albanien sind da das beste Beispiel.

        Seid ihr alle 12 oder habt ihr das alle schon vergessen oder fandet ihr die damaligen Shows am Ende wirklich spannend und unterhaltsam…?! Irgendwas stimmt doch da nicht. So ein kurzes Gedächtnis kann man doch eigentlich als erwachsener Mensch kaum haben….

    • Du nennst es „niveauvolle und klassische Pop-Musik“, andere nennen es „profan“, „langweilig“ oder „schon oft dagewesen“.

      Alleine definieren zu wollen, was eine hohe musikalische Qualität hat, finde ich unangebracht (zumindest wenn man die abweichenden Meinungen dann nicht als ebenbürtig erachtet).

      Ich verstehe ja durchaus deine Meinung, dass man den Trend zum höheren Show-Anteil nicht gut finden muss – auch wenn ich es nicht wirklich teile.

      Der ESC ist halt weder ein reiner Komponisten-Wettbewerb noch eine reine Bewertung von guter Gesangskunst (das könnte man durch eine Radio-Sendung und reinem Juryvoting besser erreichen als durch eine TV-Show mit Publikums-Voting).
      Der Show-Aspekt gehört schon seit langem dazu und bietet am besten die Gelegenheit, sich von anderen Wettbewerben abzusetzen (besser als wenn man musikalisch als einer von 10 Pop-Songs herausstechen will). Und am Ende ist die riesen Show heute eines der Markenzeichen des ESC, die viele Leute erst einschalten lässt.
      Das muss man alles nicht gut finden, klar. Aber dann ist man vielleicht auch einfach besser bei „The Voice“ aufgehoben als beim ESC, weil dort einfach andere Dinge im Vordergrund stehen.

      Zurück zu Estland:
      Ich habe in den letzten Jahren zweimal das Finale gesehen und in Bezug auf TV-Produktion und Gesangsqualität war das echt gut. Leider habe ich nichts gesehen oder gehört, was ich beim ESC vermisst hätte.
      Dem Thema musikalische Diversität dürften sich die Esten meiner Meinung nach also gerne mal annehmen, damit vielleicht nicht immer nur eher unauffällige Midtempo-Songs herauskommen.
      Und ja, Stefan war da die eine positive Ausnahme innerhalb der letzten Jahre.

    • Wenn das neue Team seine neuen Idee mit dem bisherigen Budget (und der entsprechenden Personalzahl) umsetzen soll, wird das aber leider auch nichts.
      Das ist für mich momentan der größere Hebel, da die musikalische Auswahl von 2022 zu 2023 ja schon erste Fortschritte gezeigt hat.

    • Ein neues Team kann es schon mal nicht geben, weil es schon kein altes gab. Das ist ja eines der Hauptvorwürfe gegen die ARD. Man braucht ein klar benanntes Team, das entscheidet und dann aber auch die Verantwortung trägt. Diese Jahr gab es zumindest schon mal einen Verantwortlichen für die Auswahl des VE, aber das reicht eben nicht. ein Produzent, der aktiv Kandidaten sucht und für die auch aufpasst, dass der Auftritt stimmig ist, ist angesagt, nicht eine Leiterin als Nebenjob.

  7. Warum Alika beim Publikum so schlecht ankam, erschließt sich mir nicht wirklich. In unserer kleinen Runde am Finalabend bekam sie einmal 12, einmal 8 und einmal 6 Punkte. …und so schlechten Geschmack haben wir nicht….

      • Ich hab’s grad schon an anderer Stelle geschrieben. Es gibt erstaunlicherweise viele erwachsene Menschen, die sich vor einem selbstspielenden Piano fürchten. Da wählt man dann eben doch lieber den Schreihals auf der Kiste mit Lalala-Komposition und lustigen Tänzern, der nicht einen einzigen Ton trifft, Schade.Erinnert ein bisschen an Musikantenstadt … fröhlich vereint beim Schunkeln und Mitklatschen. Nun gut, wenn’s unterhält warum auch nicht.

  8. Also im Herbst hat das selbst vor 2 Jahren nicht angefangen. Die Viertefinale waren meines Wissens im Dezember ungefähr als Bulgarien den Beitrag veröffentlichte. Ich hoffe nur, dass sie keine Casting-Show machen, wie es Malta und Israel regelmäßig versuchen. Die finde ich leider maximal uninteressant.

  9. Für die einheimischen Künstler eine tolle Chance sich dem estnischen Publikum (und uns tiefer ESC-Kernbubble) zu präsentieren. Ob der neue Modus sich auf die Qualität der Songs und damit sich auch auf den ESC auswirkt, ist schwer einzuschätzen. Auswirkungen hätte der Modus, wenn er stärker auf das Publikumsvoting setzt, damit der estnische Song „safer“ die Semis übersteht. Eher steht und fällt wie immer alles mit die eingereichten Songs in Estland.

    Insgesamt könnte ich mir schon vorstellen, dass wir hier den ersten Moduswechsel sehen werden, den die neue Televoting-only Regel in den Semis des ESC mit sich bringt. Könnte mir vorstellen, dass andere Länder folgen werden und versuchen werden auffälligere, publikumserprobte Songs zu pushen. Vllt setzt ja wieder jemand auf eine internationale Online-Jury, wie Tschechien dieses Jahr.

  10. Ich finde das Konzept vom Eesti Laul grundsätzlich nicht verkehrt, aber besser geht immer. Bleibt zu hoffen, dass die Veränderungen dann auch wirklich besser sind. Ich bin gespannt und vorsichtig optimistisch. Ich verstehe auch, dass man lieber aufgrund des Publikums weit oben landet als aufgrund der Jury, aber verstecken müssen sich deshalb trotzdem weder Alika noch der Eesti Laul. Vor allem da Alika dieses Jahr sowohl bei der Jury als auch beim Publikum Erste war, frage ich mich, wie die Änderungen denn aussehen werden. Wenn nicht die Zuschauer, wer sollte eine bessere Prognose für das Abstimmungsverhalten beim ESC abbilden?

  11. Hmm, der Eesti Laul war in diesem Jahr wirklich sehr sehr stark und hat meiner Meinung nach absolut kein neues Konzept nötig. Ich denke aber, dass es am Ende auch nicht viel am Output der Songs ändern wird, da es vor allem wichtig ist, dass die Sender mit den Musikern offen, ehrlich und transparent umgehen, damit die bestmöglichen Performances und Acts gefunden werden können.

  12. ich habe viele jahre den eesti laul als mögliche und auch sehr gut machbare blaupause für einen deutschen vorentscheid,welcher die leute auch mitnimmt als funktionierendes beispiel aufgeführt und jetzt wollen die esten ein an sich sehr gutes konzept neu aufstellen?
    kapier ich nicht!
    das ist doch gut so und sollte nicht geändert werden.
    sind hier etwa die „ollienisten“ am werk? 🤡
    ich habe selten so viel verbales nachtreten in all meinen jahren beim ESC gesehen,wie dieses jahr in und besonders außerhalb! estlands – grummel!
    ich kenne zwar keine esten persönlich aber wenn ich mich in der ESC-bubble international so umschaue,sind die esten doch sehr stolz auf alika und ihren auftritt in liverpool.
    (in 5 oder 10 jahren wird sich ein effekt einstellen so wie bei estland 2009.)
    oder hat es doch eher auch damit zu tun,daß es wohl weiterhin keine jurys in den semis gibt und man in der vorauswahl halt sicherstellen möchte,daß beim eesti laul primär nur noch (vermeintliche) televotingaspiranten aufschlagen werden.
    natürlich scheren sich da länder wie italien allein schon wegen sanremo einen feuchten furz drum aber andere ggf. weniger erfolgreiche länder werden entweder nur noch intern auswählen,um auf nummer sicher zu gehen oder im NF-zulassungsverfahren wird es dann sehr viel schwerer für sperriges ( lasses musikkunst ade?) oder auch balladen.
    ich finde es jedenfalls jedes jahr immer wieder klasse,was die 3 ministaaten aus dem baltikum musikalisch da so auf die beine stellen.🙃

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