
Auch wenn die Vorentscheidung in Albanien dieses Mal höchstwahrscheinlich nicht die erste der ESC-Saison sein wird, wird sie etwas ganz Besonderes. Was bereits vor Wochen gemunkelt wurde, ist mittlerweile bestätigt worden: der albanische ESC-Act für Liverpool wird allein vom Publikum gewählt. Dennoch wird es eine Jury beim nächsten Festivali i Këngës geben.
Jahrelang sind die albanischen Beiträge für den ESC zu 100% per Juryvote gewählt worden. Selbst wenn es vereinzelt mal eine Art Publikumsvoting gab, zählte dieses immer nur zu einem kleinen Bruchteil im Gesamtergebnis. Das soll sich für die kommende Ausgabe aber vollkommen ändern, denn wer zum ESC darf, bestimmt ein reines SMS-Voting.
Wie der zuständige Fernsehsender RTSH bestätigt, wird man beim 61. Festivali i Këngës kommenden Dezember dennoch nicht ganz auf eine Jury verzichten. Deren Meinung soll allerdings keine Auswirkung auf die Wahl des ESC-Acts haben:
„Das 61. Song Festival von RTSH vergibt drei [Haupt-]Preise: der erste Platz, der zweite Platz und der dritte Platz; [dann gibt es noch einen] Preis für junge Künstler bzw. alternative Gruppen und einen ‚Karrierepreis‘.
Aber im Gegensatz zu den Vorjahren bringt das 61. Songfestival von RTSH eine Innovation im Zusammenhang mit dem Song, der Albanien bei ESC repräsentieren wird, mit sich. Denn dessen Gewinner wird durch die Abstimmung der Öffentlichkeit per SMS bestimmt.“
Zusammenfassend wird nochmal deutlich gesagt, dass die Jury ausschließlich für die Festival-Preisvergaben verantwortlich ist. Es gibt also ein separates Voting für den ESC-Beitrag in Liverpool, der allein vom Publikum gewählt wird:
„Der Preis für die ersten drei [Haupt-]Plätze, der Preis für junge Künstler bzw. alternative Gruppen sowie der Preis für die Karriere werden nach der Bewertung durch die Jury vergeben. Bei den vorherigen Songfestivals von RTSH hat der Gewinner des ersten Preises automatisch Albanien beim Eurovision Song Contest vertreten, aber dieses Jahr wird unser Land […], durch das Lied vertreten sein, dass von der Öffentlichkeit am besten bewertet wird.“
In den vergangenen Jahren hat man bereits gemerkt, dass sich das traditionsreiche Festival immer mehr in Richtung Neuzeit bewegt, dennoch hatte das Publikum bislang kein oder sehr wenig Mitspracherecht in Albanien. Dass der Schritt zu einem reinen Voting des Publikums gerade jetzt kommt, ist überraschend. Immerhin hatte mit Ronela Hajati 2022 eine Künstlerin das Juryvoting gewonnen, die höchstwahrscheinlich auch vom Publikum gewählt worden wäre. Mit „Sekret“ ist sie dann jedoch – wie man in Fankreisen munkelt auch wegen einer nicht ganz gelungenen Performance – im Halbfinale von Turin ausgeschieden.
Wann genau das albanische Festivali i Këngës, auch FiK genannt, stattfindet, steht noch nicht fest. Im Normalfall wird es aber um die Weihnachtszeit herum ausgetragen. Die 26 Acts und Beitragstitel sind bereits bekannt gegeben worden. Als große Favoritin auf den Sieg zählt Fifi (im Video oben mit dem – teilweise auf deutsch gesungenem – „Du & Ich“), die bereits mehrfach am albanischen Musikfestival Kenga Magijke teilnahm. In den albanischen Medien ist sie durch ihre Big Brother-Teilnahme, ihr Mitwirken am letzten ESC-Beitrag Zyperns „Ela“ und wegen ihrer The Voice-Teilnahme regelmäßig stark vertreten. Auch Elsa Lila, die bereits seit vielen Jahren im Musikbusiness tätig ist, das FiK in den 90ern schon zwei Mal gewinnen konnte und bereits am italienischen San Remo teilnahm, werden Erfolgschancen zugetraut.
Wie findest du den Wandel des Votings in Albanien? Längst überfällig oder völlig unnötig? Lass uns gerne deine Meinung zum Thema da.
Ich finde ein reines publikumsvoting bei einer ve nicht ideal. Als bestes beispiel bringe ich da gerne tusse aus schweden. War damals offenbar in schweden grad der grösste star und hat ja auch das publikumsvoting mit dem punktemaximum gewonnen, aber sicher nicht wegen dem song.
Tusse hat allerdings auch bei den internationalen Jurys gewonnen, insofern ist das vielleicht nicht das beste Beispiel. Ich kann deinen Punkt aber schon verstehen: Künstler mit einer großen Fanbase haben bei einer VE mit Televoting natürlich einen Vorteil, man denke etwa an Bilal Hassani.
Stimmt. Bei ihm geht es mir aber mehr um das punktemaximum beim televoting.
In Albanien gibt es gar keine Tussen
@alki, stimmt. Mirud ist ja dieses jahr nicht dabei.
In jedem ungeraden Jahr ist Mirud ja schwuhl, in den geraden Jahren wieder hetero. Also muss er heuer aussetzen, kann aber gerne mit Daniel Schumacher für San Marino auftreten. Können ja die Haut tauschen, mal was Neues.
Apropos schwuhl und Balkan.
Auch Bulgarien hatte da schon 2008 tollste Exemplare unserer Zunft aufzubieten.
Kuckst Du:
@ Da kommen mir grad die beiden diesjährigen italiener in den sinn.🤣
So erfolgreich ist Tusse doch gar nicht mehr. Damals half ihm halt der vorhergehende Sieg bei Idols (schwedisches DSDS) und seine Geschichte, um medial sehr präsent zu sein. Ähnlich wie bei der deutschen Vorentscheidung 2016 Jamie Lee gewann, weil sie mit dem gleichen Lied the voice of germany gewann davor und halt ihr Coach im Studio bei Barbara Schöneberger, ebenso wie Siegel, wo es kurz vor dem Votingschluss zu einer Art Duell zwischen Siegel schützling und dem Coach von The Voice Jamie Lee Smudo kam. Generell finde ich 100 Prozent Televoting nicht schlecht, wenn aber einer bekannter als der Rest ist, ist Televoting doof und unnötig. Man stelle sich vor, der NDR macht eine Vorentscheidung mit Helene Fischer und irgendwelchem Rest aus Künstlern von the Voice of Germany usw., da gewinnt sicher Helene.
Ich war mit den albanischen Beiträgen meist zufrieden und stimme mit der Jury auch meist eher überein als mit dem Televote, daher bin ich skeptisch. Vor allem bei 100 % Televote, haben es die bekannten Acts einfach sehr viel leichter trotz schlechtem Song. Aber ich lasse mich gern eines besseren belehren.
Das Voting per SMS ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber zwei Künstler als Favoriten zu bezeichnen, obwohl wir die Titel noch nicht gehört haben, halte ich für vermessen und verfrüht.
Habe auch eher die Befürchtung, dass bei reinem Televoting der Künstler oder die Künstlerin mit der größten Fanbase gewinnt, unabhängig vom Song
Deshalb würde ich eine 50:50-Lösung (Halb Televoting, Halb Jury) begrüßen…
Sehe ich genauso.
Das Sanremo-Festival-Prinzip ist und bleibt für mich das Maß aller Dinge:
1/3 Publikum-Voting, 1/3 Jury-Voting und 1/3 Medien-Voting.
Die Fans (m/w/d) kaufen schliesslich die CD oder streamen den Song auf den Online-Portalen. Ein gewisses Maß an professioneller Intelligenz seitens der Jury muss einfach mit dabei sein, da die Fans (m/w/d) tendenziell doch eher mit ihrer emotionalen Musikgeschmack abstimmen. Und als Künstler (m/w/d) – egal ob man nun gewinnt oder nicht – ist man letztendlich auch auf die Mithilfe der Medien in Sachen Marketing und PR-Strategie angewiesen, um das Publikum zu erreichen.
Wenn in Rumänien schon etwas über 3000 anrufe/sms ausreichen um zu gewinnen (wie z.B. in 2018) , wieviele anrufe/sms benötigt man dann in Albanien, dass ca. nur 1/10 der Einwohnerzahl von Rumänien hat und noch ärmer ist ? Sicher weniger als 1000.
Es wird der Act gewinnen, wo das meiste Kapital vorhanden ist. Da verteilt das Management 1000 Sim-Karten im Land und schon fährt man nach Liverpool.
Sehe ich auch so. (Siehe unten).
Wollten die Blogger nicht mal in Litauen einen Sieger durchkriegen?
Insgesamt kommen wir doch sicher auf eine ansehbare Zahl Leser*innen. Auf nach Albanien, Leute 🙂
Wenn die Albanesen auch noch schwedische Komponisten zulassen sollten, grill ich mir den skipetarischen Adler zu Weihnachten und werde mich nicht mehr von den TV-Christmas-Rührstücken mit Inge Meysel oder Witta Pohl ablenken lassen.
Es ist auch schon vorgekommen, dass ein zahlungskräftiges Management Telefonkarten an die Fanbase verteilt hat und sich dadurch Vorteile für seinen Künstler verschafft hat.
Mittlerweile muss man nach dem letzten ESC-Juryfakevoting leider wieder mit allem rechnen.
Bestes Beispiel Philip Kirkorov in Moldau 2018. Seine DoReDos gewannen das Televoting mit 3800 Anrufen/SMS. Die Zweitplatzierten hatten gerade mal 385 Anrufe, und mit 170 Anrufen wurde man noch 3. von 16.
Dann noch ein paar Geschenke an die Jury-Mitglieder verteilt und Kirkorov reist zu seiner Lieblingsveranstaltung, natürlich mit Privatjet
Kirkorov leidet sicher unter dem Ukraine-Krieg. Seine Ex die Pugatschowa hat ja vor kurzem Putin und den Krieg scharf kritisiert.
Moldau hat noch mehr Einwohner als Albanien. Wenn in Albanien 5000 Leute anrufen, dann ist das viel. Eigentlich ist das Televoting eine Farce.
Das stimmt. Die Gefahr sehe ich in der Tat bei dem ein oder anderen Land als durchaus ausgeprägter an als in manch anderen Länder. 🤣
Aber ganz frei können wir Deutsche (m/w/d) uns von vergleichbaren Vorfällen auch nicht sprechen.. Ich sage nur Gracia Baur. Ihr Manager und gleichzeitig auch damaliger (vielleicht auch noch heutiger) Lover David Brandes sowie sein Team kauften mehrere tausend CDs von der Single „run and hide“, um sich noch in den Top 20 der deutschen Single-Charts zu platzieren. Damit sicherte sich Gracia die Wildcard für eine Teilnahmeberechtigung beim deutschen Vorentscheid 2005. Der Rest ist allseits bekannt.
Die Pleiten,Pech und Pannen-Serie beim alljährlichen NDR-Vorentscheid ist wirklich abendfüllend.😳
Darf Fifi meine Vorab-Favoritin (neben Rezarta Smaja) sein, weil sie in Deutschland geboren und aufgewachsen ist… 🙃
Als ich die Headline gelesen habe, dachte ich wirklich zuerst „Haben wir schon wieder den 1. April?“ Damit habe ich nun wirklich gar nicht gerechnet.
SMS-Voting? Das ist für Deutschland noch Neuland.
Televoting schön und gut – ich hoffe nur, dass dieses Jahr endlich mal ein erfahrener Regisseur an die Show geht. Das Gewackel der Kameras ist jedes Jahr aus Neue nur schwer zu ertragen. Von einigen anderen (dramaturgischen) Schwächen mal abgesehen, war das für mich die letzten Jahre das Schlimmste (2020 ausgenommen).