Premiere: So war der erste Einsatz von Thorsten Schorn als deutscher ESC-Kommentator

Thorsten Schorn – Foto: Instagram @thorsten_schorn

Ein Schnellkommentar von Douze Points. Am Dienstagabend hat Thorsten Schorn (Aufmacherbild) seine Premiere als deutscher Kommentator des Eurovision Song Contest gefeiert. Er führte die Zuschauerinnen und Zuschauer durch das fast zweieinhalb Stunden währende erste Halbfinale in Malmö. Viele Wortspiele, einige ESC-Fakten und immer mal ein Fußball-Update „von dem weniger wichtigen Halbfinale heute Abend“. Eine durchweg professionelle Kommentierung, der stellenweise die Spontaneität fehlte.

„Ich persönlich freue mich, wenn die Goldwaage heute in der Schublade geblieben ist“, sagte der (zunächst) diesjährige deutsche Kommentator des Eurovision Song Contest, Thorsten Schorn, als der Abspann des ersten Halbfinales lief. Ein charmanter Hinweis, seine Premiere in dieser Funktion gnädig und konstruktiv zu begleiten. Dem kommen wir gern nach.

Seine Stimme war erstmal ungewohnt in diesem Umfeld – kein Wunder nach 25 ESC-Ausgaben mit Peter Urban. Und bei einigen Kommentierungen, die am Montagabend auf ONE, in der ARD-Mediathek und eurovision.de live zu verfolgen waren, meinte man, Peter Urban zu vernehmen – so ähnlich waren Humor und Duktus. Das ist vielleicht nicht überraschend. Denn mit Schorn saß auch der langjährige Peter-Urban-Support Lukas Heinser in der Kommentatoren-Kabine in Malmö. Beide hatten das Skript für die Sendung vorbereitet.

Lukas Heinser, Thorsten Schorn – Foto: Instagram @einheinser

So gesehen konnte eigentlich nicht viel schief gehen. Denn genauso geskriptet wie der Ablauf der Show und die Gags von Petra Mede waren auch die Kommentierungen von Thorsten Schorn. Was Sicherheit gibt, hilft natürlich nicht, wenn Unvorhergesehenes passiert. Das war am Beginn des Halbfinales gleich zweimal der Fall: So blieb Schorn bei den intensiven „Petra-Petra“-Rufe der Fans merkwürdig ruhig und ordnete sie für die Zuschauer/innen nicht ein. Auch das Palästinensertuch an Eric Saades Handgelenk wurde nicht thematisiert. Ob gewollt oder ungewollt – geschenkt. Beides wäre ohnehin eher die ESC-Kommentatoren-Kür gewesen als die Pflicht.

Im Laufe des Abends wurden Schorns Gags flüssiger. Sie waren unterhaltsam, stellenweise auch etwas gewagter – immerhin. Etliche Male wirkten sie auch glaubwürdiger als wenn sie von Peter Urban gekommen wären. Das hat sicher auch etwas mit dem Alter des Kommentators zu tun. Das wirft dann auch die Frage auf, ob man im Jahr 2024 die Zuschauer/innen noch siezen muss. Letztendlich ist der ESC ja die Unterhaltungssendung der ARD mit dem allerjüngsten Publikum überhaupt.

Dieses jüngere Publikum ist sicher auch vertrauter mit dem Englischen als das früher der Fall war. So ließ Schorn die Moderatorinnen erst ihre Gags auf Englisch machen, bevor er sie dann noch kurz übersetzte – was ehrlicherweise nicht wirklich funktionierte. Sie verpufften. Klar, für den Vergleich der Modator/innen-Konstellationen von Petra Mede mit ihrem Sexleben muss man ihre ESC-Historie kennen. Und für den Gag mit der Gay-Dating-App – tja, da muss man sich dann auch trauen, das Wort schwul auszusprechen und damit den Elefanten in der Arena ansprechen – also den weit überdurchschnittlichen, überwiegend gleichgeschlechtlich-orientierten Männeranteil im Publikum.

Schorn hatte in den ersten Interviews zu der neuen Kommentatoren-Aufgabe gesagt, dass für ihn die Künstlerinnen und Künstler mit ihren Songs im Vordergrund stehen. Außerdem wolle er sich nicht über sie lustig machen. Das ist ihm im Wesentlichen auch geglückt. Es wurden allerdings kritische Stimmen laut, dass er über den (zweiten) Schnelldurchlauf gesprochen habe. Aber: Ist das wirklich schlimm?

ESC-kompakt-Leser Sam hat auch einen Faktenfehler gefunden: „Benjamin Ingrosso ist 2018 beim ESC für Schweden angetreten und nicht 2019, so wie er gesagt hat.“ Das dürfte 99% der Zuschauer/innen nicht aufgefallen sein. Man kann unterstellen, dass Schorn und Heinser das Interesse haben, Daten und Fakten korrekt weiterzugeben und diese entsprechend vorher zu checken.

Die Premiere von Thorsten Schorn ist so gesehen geglückt. Die inhaltliche Kritik dürfte sich in denselben Bahnen halten wie bei Peter Urban. Ergo: Kein Skandal in Sicht. Das dürfte die ARD-Verantwortlichen freuen. Der Rest ist Sympathie – und die Frage, ob man die Kommentierung auch bei einem Alte-Leute-Sender wie der ARD nicht etwas mehr an das junge Publikum und die Realitäten des Jahres 2024 anpassen und dabei auch mal neue Weg gehen kann. Aber das wäre vermutlich zu viel Wandel für den Senderverbund innerhalb nur eines Jahres.

Wie hat dir die Kommentierung von Thorsten Schorn beim ersten ESC-Halbfinale gefallen? Was ist Dir positiv aufgefallen? Was könnte er verbessern? Lass uns Deine Meinung in den Kommentaren da, bleib dabei aber immer sachlich und konstruktiv. 


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159 Comments
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Eldad
Eldad
9 Tage zuvor

Insgesamt gut gemacht. Aber ich hätte ein paar konstruktive Punkte.
Den Tuch des schwedischen Sängers Saade hätte man unbedingt erwähnen sollen. Einen Elephant im Raum darf man nicht ignorieren. Genau wie eine genauere Übersetzung der genialen Witze von Petra, der tollen Moderatorin.
Und last but not least: Fussball hat man das ganze Jahr lang, Eurovision nur einmal. Ich wünsche mir, dass es keine Kommentare über aktuelle Fussballspiele gibt, auch wenn die Spiele wichtig sein mögen. Ein Fußballkommentator würde ja auch während eines Spiels nichts über den ESC berichten

Andreas
Andreas
9 Tage zuvor

Ich bin mit Thorsten Schorns Einstand sehr zufrieden! Und man hat den Eindruck, dass er hier mitliest 😉 Denn einige Kritikpunkte aus dem 1. HF scheint er gestern im 2. HF aufgegriffen zu haben: er hat kurz erklärt, worum es in den Liedern geht, und er hat nicht über den Schnelldurchlauf geredet.

Sollte es so sein, dass morgen im Finale Baby Lasagna als Sieger hervor geht, sollte Herr Schorn noch unbedingt erwähnen, dass „Rim Tim Tagi Dim“ im kroatischen Vorentscheid, der DORA, nur ein Reservebeitrag war. Wäre nicht jemand anderes zurückgetreten, hätte es diesen Beitrag gar nicht gegeben!