Ukraine bittet um Ausschluss Russlands aus der EBU und vom Eurovision Song Contest 2022

Was seit einiger Zeit befürchtet und in den vergangenen Tagen immer deutlicher wurde, ist nun traurige Realität: Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat mit dem russischen Luft- und Bodenangriff eine neue Dimension erreicht und niemand weiß, wie es weitergeht und auf welche anderen Länder sich der Konflikt möglicherweise noch ausweiten wird. Deutschland und zahlreiche weitere Staaten haben jedenfalls schon drastische wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland und Putin beschlossen bzw. werden diese in den entsprechenden Gremien von EU, NATO und UN absehbar beschließen und haben ihre Solidarität mit der Ukraine bekundet.

Schwer vorstellbar ist es unter diesen Umständen, dass der Eurovision Song Contest in Turin wie geplant mit 41 Ländern über die Bühne geht und sowohl Russland als auch Ukraine Delegationen nach Italien schicken. Die öffentlich-rechtliche ukrainische Rundfunkanstalt UA:PBC hat jedenfalls schnell reagiert und in Form eines Briefes, den wiwibloggs in englischer Übersetzung veröffentlicht hat, bei der EBU darum gebeten, unter anderem den für den ESC zuständigen russischen Sender „Channel One“ auszuschließen.

In dem Schreiben von Mykola Chernotytsky, dem Präsidenten des Verwaltungsrates, wird auch der ESC explizit angesprochen.

„Wir fordern die EBU auf, dass die Mitgliedssender so früh wie möglich in Erwägung ziehen, Russland vom Eurovision Song Contest 2022 auszuschließen, da der betreffende Sender einen groben Verstoß gegen Paragraph (ii) von Abschnitt 2.7 von Teil 1 der ESC-2022-Regeln über die EBU-Werte begangen hat. Die entsprechende Kampagne #EurovisionWithoutRussia wurde von Unterstützern dieses internationalen Wettbewerbs ins Leben gerufen und verbreitet sich bereits im Internet.

Darüber hinaus möchten wir betonen, dass der Eurovision Song Contest nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurde, um Europa zu vereinen. Angesichts dessen untergräbt die Teilnahme Russlands als Angreifer und Verletzer des Völkerrechts am diesjährigen ESC die eigentliche Idee des Wettbewerbs. Bitte beachten Sie, dass die Teilnahme Russlands am diesjährigen Wettbewerb von der Allrussischen staatlichen Fernseh- und Rundfunkgesellschaft bereitgestellt wird, die ein Instrument der Macht des Kremls im Informationskrieg gegen die Ukraine ist und ständig gegen journalistische Standards verstößt, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugrunde liegen. Der Ausschluss Russlands von diesem großangelegten Gesangsereignis wird eine starke Antwort der internationalen Gemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Sender auf die inakzeptablen aggressiven und illegalen Aktionen der Russischen Föderation und die Unterstützung der feindseligen Aggressionspolitik der staatlichen Sender des Landes sein.“

Eine Antwort oder Reaktionen der übrigen EBU-Mitglieder stehen bislang aus. Wir werden dieses Thema natürlich weiter verfolgen und hier berichten, sobald es Neuigkeiten gibt. Während die Ukraine ihren Beitrag für den kommenden ESC („Stefania“ von Kalush Orchestra) bereits ausgewählt hat, gibt es in dieser Hinsicht aus Russland bislang noch keine Informationen.

Nachtrag: Vielleicht ein wenig Hoffnung in diesen Zeiten: Das starke Bekenntnis der russischen Vorjahresteilnehmerin Manizha gegen den Krieg und die russische Invasion.


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111 Comments
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Jofan 💙💛
Jofan 💙💛
2 Jahre zuvor

💙💛!

Thomas M. (mit Punkt)
Thomas M. (mit Punkt)
2 Jahre zuvor

Ich bin sehr erschüttert über diese kriegerische Aggression, die wirklich auf einer ganz anderen Stufe ist, als das, was wir bis vor kurzem gesehen haben (dabei war gestern wirklich schon schlimm genug!), sie ist durch nichts zu rechtfertigen. Daher würde auch ich es für gerechtfertigt halten, Russland vorerst aus der EBU auszuschließen.

Das alles ist so schlimm für die Menschen in der Ukraine, aber auch für diejenigen Russen, die jetzt womöglich in die Armee eingezogen werden (oder dort schon länger gegen ihren Willen drin sind). Ich hatte in einer Diskussionssendung erst kürzlich gehört, dass Putin anders als 2014 diesmal NICHT eine große Mehrheit in der Bevölkerung hinter sich hätte, und dass auch im Verteidigungsministerium und im Militär eine gewisse Skepsis herrsche. Es ist wohl höchst unrealistisch, aber vielleicht können die Putins Wahnsinn doch irgendwie stoppen?