
Die Niederlande sind ihrer Linie treu geblieben und haben auch für den diesjährigen Wettbewerb in Turin Künstlerin und Beitrag intern ausgewählt. Seitdem dieses Auswahlverfahren 2013 eingeführt wurde, verpasste das Land nur einmal das Finale, konnte im Jahr 2014 den zweiten Platz holen und gewann den ESC bekanntermaßen im Jahr 2019 dank Duncan Laurence und seinem “Arcade”. Der vergangene Contest fand deswegen – nach Corona-Unterbrechung – in Rotterdam statt, hier belegte man jedoch lediglich Platz 23. In Turin soll nun alles wieder besser werden und die Niederlande an die Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen.
In diesem Jahr wird die Rap- und Alternativ-Pop-Künstlerin S10 das Land vertreten. Stien den Hollander, wie S10 mit bürgerlichen Namen heißt, wurde im Jahr 2000 geboren und wuchs in Abbekerk in Nord-Holland auf. Stien hatte bereits während ihrer Jugend mit psychischen Problemen zu kämpfen und wurde mit einer Depression und einer bipolaren Störung diagnostiziert. Diese Erfahrungen lässt sie auch in ihre Arbeit einfließen. S10 ist zudem eine vielseitige Musikerin die sich in vielerlei Genres heimisch fühlt und damit auch durchaus erfolgreich ist.
Millionenfach geklickte Videos, namhafte Kooperationen, ausverkaufte Touren und sehr gute Kritiken – S10 hat sich trotz ihres jungen Alters bereits einen Namen gemacht und sich einen Platz in der sonst von Männern dominierten Hip-Hop-Szene verschafft. Ihr bislang größter Hit fällt jedoch nicht in die Kategorie Hip-Hop, “Adem Je In” ist eine Ballade, die ihrem Beitrag für den ESC 2022 “De Diepte” durchaus ähnelt.
Der Song
Geschrieben wurde der niederländische Beitrag von Arno Krabma und S10 selbst. Der Titel “De Diepte” ist wie der gesamte Song auf Niederländisch und bedeutet “Die Tiefe”. Seit 2010 war die Niederlande übrigens nicht mehr in der Landessprache angetreten. Nach Angaben der Sängerin handelt das Lied von der tiefen Trauer, die viele Menschen in sich tragen. Mit dem Beitrag wolle sie den Menschen zeigen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht alleine sind und ein Stück weit Trost spenden. Das Lied ist eine klassische Gitarren-Ballade mit kontemporären Elementen in den Refrains.
Der Check
Song: 4/5 Punkten
Stimme: 3/5 Punkten
Darbietung: 4/5 Punkten
Instant Appeal: 4/5 Punkten
Benny: Diese Mischung aus Melancholie, Wiegenlied und Power-Refrain packt mich richtig. Auch wenn man kein Niederländisch versteht, kann man fühlen, worum es in dem Song geht. Wirklich stark. 10 Punkte.
Berenike: “De Diepte” ist ein schöner melancholisch-sehnsuchtsvoller Song. Ich mag S10s Stimmfarbe sehr und finde, dass der Text in Landessprache dieser Ballade sehr viel Authentizität verleiht. Auch wenn ich nicht verstehe, was sie singt, nehme ich es ihr auf einer emotionalen Ebene absolut ab. Außerdem ist es wirklich schön, mal wieder Niederländisch beim ESC zu hören. Einziger Kritikpunkt: Es hätte vielleicht etwas weniger Lautmalerei (“Uuuhuu” / “Aaaaha”) sein können. 10 Punkte.
Douze Points: Ich neige ja nicht dazu, Sonderpunkte für die Nutzung der Landessprache beim ESC zu geben. Hier möchte ich das aber auch einmal positiv hervorheben. Aber kein Lob ohne Einschränkung: denn der Refrain ist in seiner Tadadadada-haftigkeit schon wieder universell verständlich. Sei’s drum: tolle Stimme, schöne Melodie, richtige Emotionen. 8 Punkte.
Flo: Als S10 für die Niederlande bekanntgegeben wurde und es hieß, dass sie auf Niederländisch beim ESC singen wird, war ich mir nicht ganz sicher, was mich dort erwarten würde. „De Diepte“ ist aber ein künstlerisch gelungener und sehr stimmungsvoll arrangierter Beitrag geworden. Anfangs haben mich die „Da-da-da-da-da“-s etwas gestört, inzwischen finde ich aber, dass sie einen gewissen Dramaturgiebogen zum Refrain spannen. Ich bin gespannt, wie die niederländische Delegation das auf die Bühne bringen wird und hoffe auf einen gelungenen Auftritt – dann ist für die Niederlande eine vordere Platzierung dieses Jahr drin. 8 Punkte.
Manu: Manchmal braucht es nicht viel um voll ins Schwarze zu treffen und zu berühren. “De Diepte” hat mich vom ersten Moment an komplett überzeugt. Das Gitarrenintro, S10s wundervolle Stimme, der aufbrandende Refrain – ja selbst das oft kritisierte “da-da-da”-Gesinge: ich bin begeistert! Für mich sind die Niederlande erneut in meinen Top 5 – und auch beim ESC würde es mich nicht wundern, wenn S10 in den Top 5 landet. 12 Punkte.
Max: Als die Künstlerin bekanntgegeben wurde, war ich zunächst ziemlich gehyped. Ich hab ein sehr kantiges und außergewöhnliches Lied von ihr erwartet, obwohl ich wusste, dass sie auch durchaus seichtere Töne im Repertoire hat. Ich war zunächst trotzdem etwas enttäuscht von “De Diepte”. Nach mehrmaligen Hören habe ich jedoch etwas Gefallen daran gefunden. Mittlerweile finde ich es wirklich nicht schlecht und ich denke auch, dass sie eine gute Platzierung für die Niederlande holen kann. 7 Punkte
Peter: Meine Gute, ist das langweilig. Was mir gefällt: das pathetische basisdynamische zweite Intro und der Text in Landessprache (wenn dieser auch einigermaßen schlicht ist). Ansonsten plätschert der Song unauffällig am Zuhörer vorbei. Das melancholische Video ist schön, vielleicht kann man Teile davon ins Staging transportieren. Mir ist das zuviel “Ohehu aha” und “dadada” und zu wenig erinnerungswürdig. 6 Punkte.
Rick: “De Diepte” fühlt sich an wie eine kurze Reise und genau das ist der Song auch, wenn man die Lebensgeschichte der Künstlerin betrachtet. Das ist echt und gefühlvoll – aber cool, statt kitschig. Stilistisch könnte man etwas mutiger sein, aber ich gebe 8 Punkte!
Gesamtpunktzahl: 69/96 Punkten.
Beim ESC-kompakt-Index landet “Titel” auf Platz 8 von 40.
Wie schneidet der niederländische Beitrag "De Diepte" von S10 ab?
- Platz 6-10 (41%, 291 Votes)
- TOP 5 (36%, 260 Votes)
- Platz 11-15 (15%, 110 Votes)
- Platz 16-20 (4%, 28 Votes)
- bleibt im Halbfinale hängen (2%, 17 Votes)
- Platz 21-25 (1%, 7 Votes)
Total Voters: 713

Bisher erschienene Songchecks:
(1) Albanien: „Sekret“ von Ronela Hajati
(2) Bulgarien: „Intention“ von Intelligent Music Project
(3) Lettland: „Eat Your Salad“ von Citi Zēni
(4) Litauen: „Sentimentai“ von Monika Liu
(5) Moldau: „Trenuleţul“ von Zdob şi Zdub & Fraţii Advahov

Niederlande:
– einfach wunderschön und mittlerweile hat mich auch die niederländische Sprache gefesselt
– 9 von 10 Punkten
– Platz 4 von 40
– in meinem erweiterten Gewinnerfeld <3
Daß wir mal einen gemeinsamen Favoriten haben, hätte ich auch nicht gedacht. Die niederländische Sprache mochte ich aber schon immer und ganz besonders in diesem Fall.
Der einzige Unterschied zwischen suizidalen heterosexuellen Liebespaaren aus Griechenland und denen aus den Niederlanden ist ja, dass sich erstere in voller klassischer Schönheit vom Felsen ins Meer stürzen können, während letztere sich mit dem bromfiets selbst gegen die einzige im Radius von 100 km im sturzöden, unnötigerweise dem Meer abgerungenen Flachland zwischen Lelystad und Almere befindliche Straßenlaterne knallen müssen.
Auch ansonsten sind beide Lieder absolute Knaller, es ist die Frage, ob die unglaubliche, nicht nur knochen- sondern auch herzzersplitternde Stimmung denn auf die Bühne zu bringen sein wird. Nur das gleichgeschlechtliche Sahnehäubchen-Beziehungsgeknatter aus Italien toucht mich noch ein Liquor-Spritzerschen mehr, aber man verlegt das Musikvideo ja auch nicht ohne Grund ebenfalls in das düstere, ungewollt tolerante, ehemals zugefrorene, klimawandeluntergangsgeweihte Holland. Und Italiener schaffen es ja auch überdies , ein herrlich geseufztes “dadadadada” und lieblich geschmachtete OOOOOHHHHHS oder AAAAAAHAAAS in ca.tausend Vokabeln pro Quadratsekunde zu fassen .
Wie gut dass ich nicht mehr so jung bin und immer so vernunftgesteuert war ! Dennoch : ich spüre Eure verzehrende Leidenschaft, oh europäische Jugend, und Eure Unfähigkeit, mal einfach ein bisschen harmlosen reflektionsfreien Spass mit runden Arschbacken, gutem Dope oder der Luxusjacht von Papi zu haben.
8/8, mein 3.Platz heuer und damit am Tisch der ewigen ESC- Götter aufgenommen
Ganz ok, bei mir Platz 8