ESC-Songcheck kompakt 2023 (17) – Belgien: „Because Of You“ von Gustaph

Bild: Roen Lommelen

Belgien setzte in diesem Jahr zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder auf eine öffentliche Vorentscheidung. Und das gleich im ganz großem Stil – das Auswahlverfahren war nämlich ein waschechter Marathon von sechs Shows an sechs aufeinanderfolgenden Abenden. In den ersten fünf Sendungen wählten die sieben teilnehmenden Acts nach Beratung mit den Mitbewerber*innen aus ihren zwei potenziellen Beiträgen den aus, mit dem sie im Finale an den Start gehen wollten.

Im Rahmen des großen Finales der Vorentscheidung „Eurosong 2023“ hat Belgien dann entschieden, dass Gustaph mit „Because of You“ nach Liverpool fahren darf. Der Beitrag konnte sich am Ende gegen die sechs Mitbewerber durchsetzen. Gustaph landete bei der Jury auf dem 3. und bei den Fernsehzuschauer*innen auf dem 2. Platz. Das reichte am Ende mit 278 Punkten und einem einzigen  Punkt Vorsprung für den Gesamtsieg.

Hinter dem Künstlernamen Gustaph steckt der 42-jährige Stef Caers. Obwohl er selten allein im Rampenlicht stand, hat er schon einige Bühnenerfahrung. Nach zwei eigenen Veröffentlichungen im Jahr 2000 war er hauptsächlich als Backgroundsänger für andere Künstler unterwegs. In dieser Funktion war er 2018 auch schon mit Sennek und 2021 mit Hooverphonic beim ESC. Außerdem war Gustaph als Teil des Musikprojektes Hercules and Love Affair aktiv. Im letzten Jahr hat der Sänger eigenes neues Material erarbeitet, das er nun einer größeren Öffentlichkeit präsentieren will.

Das Lied

Gustaph hat seinen ESC-Beitrag „Because Of You“ gemeinsam mit dem Queer-Aktivisten Jaouad Alloul geschrieben. Das Lied ist eine Disco-Soul-Nummer, die an die späten 70er- und frühen 80er Jahre erinnert. Auch das Outfit von Gustaph bei seinem Vorentscheidungsauftritt erinnerte etwa an den Culture-Club-Frontsänger Boy George, der in dieser Zeit groß geworden ist. Textlich ist der Song eine Hommage an Gustaphs „Chosen Family“, also an seine engsten Freunde, die ihn immer unterstützen und so akzeptieren, wie er ist.

Der Check

Song: 2,5/5 Punkten
Stimme: 4,5/5 Punkten
Darbietung: 3/5 Punkten
Instant Appeal: 3/5 Punkten

Benny: Das Positive zuerst: Gustaph hat eine klasse Soul-Stimme und „Because Of You“ liefert ein schönes Retro-Disco-Gefühl, selbst für die Leute, die Disco nicht miterlebt haben. Außerdem hatte der Auftritt im Vorentscheid ordentlich Wumms und deshalb bin ich guter Dinge, dass Gustaph auch in Liverpool eine tolle Show hinlegen wird. Leider ist „Because Of You“ aber sehr flach geraten und die Produktion hätte noch das ein oder andere Finetuning vertragen. So ist der Song nicht wirklich wettbewerbsfähig. 5 Punkte.

Berenike: Am Anfang hat mich „Because Of You“ eher genervt, mittlerweile habe ich mich doch etwas mit dem Beitrag angefreundet, was vielleicht auch am sympathischen offiziellen Video liegt und dass ich hier im Gegensatz zu anderen Empowerment-Tracks den Text gerade wegen seiner Einfachheit recht authentisch und wenig anbiedernd empfinde. So wippt mein Fuß mittlerweile etwas mit, wenn der groovige Track in der Playlist auftaucht. 4 Punkte.

Douze Points: Gustaph hat einen regenbogengroßen Stein bei mir im Brett. Er hat bewiesen, dass man als schwuler 42-jähriger Mann beim ESC (naja, zumindest bei einer nationalen Vorentscheidung) noch etwas reißen kann. Talking about living your dream! Das Lied ist geschmeidig und Uptempo genug, um mich abzuholen, auch wenn Funk-inspirierte Discotracks nicht meine erste Wahl sind. Bei der Wahl der Klamotte bin ich ohnehin in jedem Fall raus, drücke aber die Daumen, dass er es ins Finale schafft. 7 Punkte.

Flo: Einsatz kann man Gustaph nicht absprechen. Live mag „Because Of You“ auch funktionieren, davon abgesehen ist die Nummer für mich zu angestaubt und nach guten Beiträgen aus den letzten Jahren leider keine positive Fortsschreibung der belgischen ESC-Geschichte. 3 Punkte.

Manu: Noch heute hauchen bekannte Housetracks der 90er, wie beispielsweise „Show Me Love“ von Robin S und „Push The Feeling on“ der Nightcrawlers, jeder müden Party wieder neues Leben ein und füllen die Tanzfläche. Eine Musikrichtung, die gerade nicht nur vom amerikanischem Superstar Beyoncé wiederbelebt wird („Break my Soul“) – auch Gustaph, der mit viel Charme und Spaß im belgischen Vorentscheid überraschte, fühlt sich hier wohl. Ich persönlich brauche dabei nichtmal die extravaganten Outfits und die optischen und tänzerischen Drag-Einflüsse, um gut gelaunt zu tanzen und mitzusingen: 7 Punkte.

Max: Am Anfang war ich wirklich kein Fan von dem Lied. Beim belgischen Vorentscheid ging es auch komplett an mir vorbei und ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, warum es gewonnen hat. Mittlerweile jedoch…mag ich das Lied tatsächlich ganz gerne und kann ihm etwas 90er-Nostalgie abgewinnen mit einer Brise „Relight My Fire“ gepaart mit Disco-Beats und Voguing-Elementen. Bin ich überrascht, dass mir das Lied gefällt? Ja… aber so ist das einfach, manchmal zünden Songs etwas später. 7 Punkte.

Peter: „Because Of You“ zitiert auf unterschiedlichen Ebenen durchaus zeitgemäß diverse Dancefloor-Klassikers – von Madonnas „Vogue“ bis zum „Thank God It’s Friday“ OST. Leider kommt dabei dennoch ein eher mittelmäßiger Schnell-Vergessen-Song heraus. Das Intro ist nice und der Chorus ist catchy, aber das war’s dann leider. Sogar die Bridge kommt mir aufgesetzt vor. 5 Punkte.

Rick: Belgiens Beitrag klingt schon sehr nach typischer LGBTQ+ Hymne. Das ist zwar nichts Schlechtes, aber anfangs war es mir einfach zu vorhersehbar. Nach ein paar Mal Hören musste ich aber zugeben, dass mich die Nummer dennoch jedes Mal mitreißt. Der 90s-Club-Sound ist gerade eh angesagt und Künstler wie Sam Smith oder Lil Nas X haben mit Musik, die sich sehr auf ihre Queerness bezieht, riesen Erfolge. Deshalb könnte der Song genau zur richtigen Zeit kommen. Nur ein anderes Styling von Gustaph wünsche ich mir. Gute 6 Punkte.

Gesamtpunktzahl: 44/96 Punkte.

Beim ESC kompakt-Index landet „Because Of You“ auf Platz 24 von 37.

Wie schneidet der belgische Beitrag "Because Of You" von Gustaph ab?

  • bleibt im Halbfinale hängen (45%, 240 Votes)
  • Platz 21-26 (25%, 134 Votes)
  • Platz 16-20 (18%, 96 Votes)
  • Platz 11-15 (7%, 38 Votes)
  • Top 5 (2%, 11 Votes)
  • Platz 6-10 (2%, 10 Votes)

Total Voters: 529

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Bisher erschienene Songchecks:

Erstes Halbfinale

(1) Irland: „We Are One“ von Wild Youth
(2) Kroatien: „Mama ŠČ!“ von Let 3
(3) Lettland: „Aijā“ von Sudden Light
(4) Malta: „Dance (Our Own Party)“ von The Busker
(5) Norwegen: „Queen Of Kings“ von Alessandra
(6) Portugal: „Ai Coração“ von Mimicat
(7) Serbien: „Samo Mi Se Spava“ von Luke Black
(8) Aserbaidschan: „Tell Me More“ von TuralTuranX
(9) Finnland: „Cha Cha Cha“ von Käärijä
(10) Israel: „Unicorn“ von Noa Kirel
(11) Moldau: „Soarele şi Luna“ von Pasha Parfeni
(12) Niederlande: „Burning Daylight“ von Mia Nicolai & Dion Cooper
(13) Schweden: „Tattoo“ von Loreen
(14) Schweiz: „Watergun“ von Remo Forrer
(15) Tschechien: „My Sister’s Crown“ von Vesna

Zweites Halbfinale

(16) Armenien: „Future Lover“ von Brunette


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89 Comments
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Cali
Mitglied
1 Jahr zuvor

Die Schwuppenhymne des Jahres. Kommt unbeschwert, aber auch ein wenig farblos daher. Dabei mag ich das Instrumental eigentlich total, nur holt mich der Rest nicht wirklich ab, stellenweise nervt mich seine Stimme gar. Im ersten Halbfinale wäre die Frage nach dem Finaleinzug wohl eindeutig gewesen, in diesem Halbfinale halte ich das Weiterkommen tatsächlich für möglich. Sollte es tatsächlich unter die ersten Zehn kommen, so könnte das aber tatsächlich den letzten Platz im Finale machen.

Prognose: Halbfinale 12/16 (50%)
Meinung: Platz 31/37 (4 Punkte)

Teufelchen
Teufelchen
1 Jahr zuvor

Mir gefällt die modern klingende Bass-Linie. Der Song selbst ist für mich zu schnell aus erzählt. Da hätte m.E. 2 Minuten gereicht.

lasse braun 🚜🇪🇪🇪🇸🇨🇿🇦🇩🇫🇮🇩🇪
lasse braun 🚜🇪🇪🇪🇸🇨🇿🇦🇩🇫🇮🇩🇪
1 Jahr zuvor

„Stimme: 4,5/5 Punkten“

hier ist was los. 🤣

Relax
1 Jahr zuvor

Belgien ist dieses Jahr vollkommen anachronistisch.
Schwule Empowerment Lieder sind vollkommen out. Sowas war vor zehn Jahren ok. Conchita hat bewiesen, dass Gay-Empowerment um einiges subtiler abgeht. Heutzutage funktioniert ein Lied wie Belgien einfach nicht mehr. Belgien, wir haben 2023! 🤣

lasse braun 🚜🇪🇪🇪🇸🇨🇿🇦🇩🇫🇮🇩🇪
lasse braun 🚜🇪🇪🇪🇸🇨🇿🇦🇩🇫🇮🇩🇪
1 Jahr zuvor

ich denke auch,daß der song in das finale kommt,dort aber (normalerweise) von den jurys vernichtet wird = platz 21-16.
aber was ist schon normal bei jurys,siehe den juryerfolg von spanien und UK letztes jahr.
waren die jurys in ihrer besetzung bezüglich spanien etwa „choreographengeschwängert“? 🤡
2023 sagen viele zeitgenossen derzeit einen haushohen jurysieg von loreen voraus aber warum?
bestimmt nicht wegen ihrer musikalischen wiederaufbereitung alter kamellen.
so gesehen ist auch top10/12 drin aber nur mit schicken hut. 🤠