Vor Ort den ESC zu erleben, ist immer etwas ganz Besonderes. Ich reise schon seit mehreren Jahren in die Gastgeberstadt, erst nur kurz, später dann immer länger, und ich freue mich immer, wenn die Stadt im ESC-Fieber scheint. Manche Gastgeber zelebrieren den ESC dabei mehr, andere weniger, und Liverpool in diesem Jahr zählte ganz eindeutig in die Gruppe „mehr“.
Auch wenn im letzten Jahr in Turin immer wieder ESC-Werbung angebracht war, hatte man trotzdem immer das Gefühl, dass es eher eine Randerscheinung war. Ganz anders sah es in Liverpool aus: da stolperte man wirklich alle paar Meter über ESC-Bezüge und hatte das Gefühl, dass die Stadt den ESC so richtig gelebt hat.
Zum einen gab es sehr viel „offizielle Werbung“, die einen schon bei Ankunft am Bahnhof überall ins Auge sprang, genauso war die Innenstadt durchweg geschmückt.
Das Partnerland Ukraine war genauso sehr schön eingebunden. Überall standen riesige Nachtigallen, die eine Region der Ukraine repräsentierten, und waren ein beliebtes Fotomotiv.
Und nicht zu vergessen natürlich der extra eröffnete ESC-Fan-Shop.

Aber es war nicht nur das. Zusätzlich zum offiziellen Marketing war der ESC auch „inoffiziell“ extrem präsent. Gefühlt jeder noch so kleine Späti hatte irgendwo eine Fahnenkette ausgegraben, auch in den Supermärkten hing Fahnenschmuck, genauso wie in manchen U-Bahnstationen, der Fährstation, im Handy-Laden… und noch an so vielen anderen Orten.
Sogar in unserem ersten Hotel tauchte am Wochenende vor der ESC-Woche Fahnenschmuck im Frühstücksraum auf.
Dazu warb gefühlt jeder zweite Pub mit dem ESC: es gab extra Angebote, Public Viewing, Karaoke…
Außerdem gab es viele Extra-Veranstaltungen mit ESC-Bezug, die begeisterte Kunstschaffende der Stadt initiierten, ganz unabhängig vom „offiziellen Programm“ im Euro-Village. So trat ein Streich-Quartett, welches bekannte ESC-Songs spielte, im Rathaus und im Liverpool Museum auf.
Im Rahmen der Veranstaltung im Rathaus betonte der Bürgermeister in der Begrüßungsrede auch noch einmal, wie stolz und glücklich seine Stadt sei, den ESC auszurichten.

Und sogar in der Philharmonie wurde am Abend vor dem Finale ein ESC-Programm aufgeführt. Im ersten Teil wurden alte ESC-Klassiker gespielt, im zweiten dann neuere ESC-Songs. Das absolute Highlight: ein britischer Opernsänger, der Stefania auf Ukrainisch rappte! Der Dirigent hatte die Stücke extra für den Abend arrangiert und das Orchester war sich nicht zu fein für den Anlass statt der edlen Garderobe als Outfit Glam und Glitter zu tragen.
Und selbst die Straßenmusikanten spielten zum Teil ESC-Songs.
Darüber hinaus hatte man einfach das Gefühl, dass die als Liverpudlians bezeichneten Einwohner Liverpools alle wussten, was gerade in ihrer Stadt stattfindet. Ich glaube, hätte man einen zufälligen Passanten in Turin oder Tel Aviv gefragt, wäre das nicht unbedingt der Fall gewesen.
Liverpool feierte den ESC nicht nur mit offizieller Vermarktung und offiziellem Programm, es waren auch die Leute vor Ort, die zelebrierten, dass ihre Heimatstadt Gastgeberstadt des ESC war. Und das habe ich bisher in dieser Breite noch nicht so erlebt. Man fühlte sich in Liverpool als ESC-Fan unheimlich willkommen.
Wart Ihr auch vor Ort dabei? Habt Ihr es ähnlich empfunden?
Bisher in der Serie „Leaving Liverpool“ erschienen:
- Unser Rückblick auf den Eurovision Song Contest 2023
- (1) Mit dem Auto zum ESC 2023 nach Liverpool – und zurück
- (2) Nach dem ESC 2023: Welche Länder könnten 2024 zurückkommen, welche setzen weiterhin aus?
- (3) Frankie Goes To Hollywood, Atomic Kitten, Conchita und Jamala live beim Big Eurovision Welcome
- (4) Neue Erfolgsformel? Mit Dance Break, Leichtigkeit und Sexiness in die ESC-Top-5
- (5) Larger than life: Unsere 4. Staffel ESC kompakt LIVE
- (6) So haben sich Juryvoting und Televoting beim ESC 2023 unterschieden
- (7) Das waren die Fan Favourite Fails und Dark Horses des ESC 2023
- (8) Wie hätte das Ergebnis des ESC 2023 mit den Votingsystemen der Vergangenheit ausgesehen?
- (9) War 2023 die letzte Teilnahme Australiens am Eurovision Song Contest?
- (10) Wie gut haben die Wetten, Leser und Blogger den Ausgang des ESC 2023 vorhergesagt?
- (11) Die Qualifikations-Chancen nach dem ESC 2023
Vielen Dank Berenike für diesen „Hinter den Kulissen-Bericht“. Das finde ich immer am schönsten, was man so neben den ganzen Showabenden in der Gastgeberstadt oder in der Umgebung so erleben kann.Das ist immer eine ganz besondere Atmosphäre 🤩.
Danke Berenike! Es ist immer wieder schön zu sehen, wenn man nicht live dabei sein konnte, wie es in der Stadt selbst ESC-mäßig so ausgesehen hat. Liverpool hat das ganz klasse gemacht und auch die Ukraine großartig vertreten! Sowohl bei den ESC-Shows selbst, als auch außerhalb.
Turin im letzten Jahr muss ich ein wenig in Schutz nehmen, da bei der Vorbereitung zum ESC 2022 Corona doch noch eine größere Rolle gespielt hat und man deswegen wahrscheinlich keine großartige ESC-Promotion in der Stadt machen konnte/wollte.
Auch von mir danke für den Bericht und die tollen Bilder.
Freue mich immer darauf, wenn Ihr für uns die Atmosphäre vor Ort einfangt.
Dann fühle ich mich fast ein bißchen so, als wäre ich selbst vor Ort. Vielen, vielen Dank.😊
Ich hoffe, Leidenschaft und Hingabe haben sich für Liverpool auch finanziell gerechnet. Wenn man nach den kolportierten Übernachtungspreisen geht, war dem aber ja zumindest für die Hoteliers auch so.
Schöner Bericht, schöne Fotos. 👍
Also ich war letztes und dieses Jahr vor Ort und der Unterschied ist wie Tag und Nacht….
In Turin kam man sich als Fan wie ein Außerirdischer vor.. Die Frage „Ist etwas Besonderes in der Stadt“ oder „Warum seid ihr hier?“ hat man öfter von Einheimischen gehört. Und ESC Bezug hat man abseits der Fanmeile eigentlich nicht gefunden….
Wir mussten uns sogar selbst darum kümmern in einem Pub die Halbfinals schauen zu können… die Leute wussten gar nicht, was in ihrer Stadt abging.
In Liverpool kam man dagegen am ESC gar nicht vorbei! Überall Deko und jeder versuchte einen Bezug herzustellen. Man wurde angesprochen und gefragt nach Herkunft und für wen man denn dieses Jahr sei und das nicht nur von Fans. Eigentlich haben alle den ESC in Liverpool zelebriert und für mich/uns war es einfach nur GEIL!
Dann doch so ein riesiger Unterschied? Und das ausgerechnet beim aktuell erfolgreichsten „Big 5“-Land. Auf der anderen Seite aber dann auch ein wenig verständlich, denn ich denke dass durch Italiens ESC-Abwesenheit von 1998 bis 2010 die Popularität dieses Wettbewerbs (ein wenig) verloren ging. Und dann hat man mit „Sanremo“ auch noch einen eigenen -zwar nationalen, aber dafür großartigen- Wettbewerb im Land.
Meine Vergleichsmöglichkeiten zu Liverpool waren Düsseldorf (als Tagesgast) und Lissabon (mit Übernachtungen).
Ein wirklicher Wettbewerb ist es freilich nicht, weil die anderen Städte den ESC beherbergt haben, Liverpool hat ihn gelebt und geatmet.
Ich habe mich eine Woche lang wie auf einer riesigen Klassenfahrt gefühlt, wobei gefühlt die ganze Stadt zu den Mitschülern gezählt hat. Man war mit jedem schnell im Gespräch und hatte den ESC als verbindendes Thema, egal ob es der Taxifahrer, der Hotelportier oder im Restaurant die Leute am Nebentisch waren.
In Portugal gab es das Eurovision Village (auf einem großen Platz ohne Sonnenschutz, weshalb sich tagsüber dort niemand aufhalten konnte/wollte) und die Halle, wenn man ESC-Bezug haben wollte.
In Liverpool konnte selbst der größte ESC-Muffel dem Thema nicht entgehen und wurde irgendwann hineingezogen – es war ein Traum.
Wir planen auch nächstes Jahr in Malmö dabei zu sein. Ich würde sagen, dass Schweden eines der wenigen Länder ist, die genau solch eine Begeisterung für den ESC haben. Aber der ESC 2023 wird ganz schwer zu toppen sein.
Liverpool war mein allererster ESC vor Ort und es war einfach soooo sooo geil von der ersten Sekunde bis zum letzten Moment. Die Stimmung in der Stadt, das Treffen mit Fans und den Acts, die Fan-Meile, welche immerzu top Programm geliefert hat. Ich kann gar nicht aufhören alles aufzuzählen.
ES WAR EINFACH MAGISCH und ich freue mich schon auf Malmö, selbst wenn es nicht an Liverpool herankommen sollte, der Benchmark ist definitiv gesetzt.
Natürlich kann ich nicht wirklich vergleichen mit anderen Jahren, aber von allen Seiten (Medien, Fans, Blog, etc.) hat es in etwa den gleichen O-Ton gegeben, dass dies der bisher beste ESC vor Ort sei seit mindestens 10 Jahren, Athen 2006 soll glaube ich noch unglaublich toll gewesen sein.