ESC-Songcheck kompakt 2024 (14) – Portugal: „Grito“ von iolanda

Quelle: Instagram @iolandamusic

Auch in dieser Saison diente das Festival da Canção als portugiesischer Vorentscheid für den Eurovision Song Contest. In einem spannenden Finale mit Voting von Jury und Zuschauer*innen setzte sich schlussendlich die Mitfavoritin iolanda (Aufmacherbild) mit dem dramatischen „Grito“ durch und vertritt damit Portugal beim ESC in Malmö. Mitfavorit João Borsch konnte das Televoting für sich entscheiden, während iolanda das Juryvoting klar gewann und im Televoting Zweite wurde.

Bereits im November letzten Jahres veröffentlichte der für das 57. Festival da Canção verantwortliche Sender RTP alle 14 Komponist*innen, die direkt eingeladen waren, ein Lied für das Festival zu schreiben. Dabei war ihnen freigestellt, wer das jeweilige Lied im Wettbewerb vorträgt. Alle Eingeladenen entschieden sich dafür, selbst beim 60. Geburtstag des Festivals aufzutreten. Zu diesen eingeladenen Musiker*innen und Songwriter*innen gesellten sich weitere sechs, die im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt wurden. Bei dieser Ausschreibung konnten stolze 809 Einreichungen gezählt werden. Aus zwei Halbfinalen qualifizierten sich letztendlich zwölf Beiträge für das Finale.

FdC-Siegerin iolanda stammt aus dem Nordwesten Portugals, genauer gesagt aus dem Distrikt Coimbra. Nach ihrer Zeit am Musikkonservatorium zog sie – gerade erst 17 Jahre alt – nach Lissabon, wo sie ihren Abschluss in Kommunikationswissenschaften machte. Die Künstlerin macht dort auch ihre ersten Schritte im Musikgeschäft mit Auftritten in Bars und bei nationalen Talentwettbewerben.

Anschließend zog iolanda nach London, wo sie am British and Irish Institute of Modern Music der University of Sussex Songwriting studierte. Nach einigen Teilnahmen an Talentshows –  unter anderem auch an der zweiten Staffel von The Voice Portugal –  debütierte sie 2022 beim Festival da Canção als Co-Autorin und Co-Komponistin des Liedes „Mar No Fim“, gesungen von Blacci. Im letzten Jahr veröffentlichte iolanda zudem ihre erste EP mit dem Titel „Cura“, die sie während der COVID-19-Pandemie geschrieben hatte.

Das Lied

Mit dem zusammen mit dem Co-Komponisten Luar geschriebenen und abwechslungsreichen „Grito“ („Schrei“) will iolanda daran erinnern, dass wir uns jederzeit in verschiedene Versionen von uns selbst verwandeln können, uns verändern können und keine Angst davor zu haben brauchen, was als nächstes im Leben geschieht. Das Lied verbindet moderne mit traditionellen Elementen wie etwa dem portugiesischen Fado.

Visuell wird dies von fünf gesichtslosen Tänzer*innen unterstützt, die um die Sängerin herumtanzen. Die einzelnen Bewegungen sind dabei unterschiedlich, geben sich mal der Melodie und mal dem Rhythmus hin, während iolanda stets im Zentrum bleibt und sich zum Ende hin durch einen ergreifenden Schrei von ihren „Geistern und Dämonen“ befreit. Ein Schrei, der sagt, dass wir noch am Leben sind, unsere Flamme immer noch brennt.

Der Check

Song: 3/5 Punkten
Stimme: 5/5 Punkten
Darbietung: 4/5 Punkten
Instant Appeal: 2/5 Punkten

Benny: Eine sehr emotionale bis dramatische Fado-Ballade mit gutem Text, die mich ziemlich packt und drei Minuten fesseln kann. Dazu trägt auch die kreative Inszenierung bei, die für Malmö sicherlich nochmal auf ein höheres Level gehoben wird. Allerdings ist das Lied für sich genommen doch ziemlich sperrig und hat sich vielleicht auch deshalb nicht ganz so tief in mein Herz gegraben. 6 Punkte

Berenike: Den Song musste ich einige Mal hören, bis ich einen Zugang gefunden habe. Aber das ist ja für portugiesische Beiträge nichts Ungewöhnliches, die sind ja gerne mal etwas sperrig. Mittlerweile mag ich den Titel auf Grund seiner schwebenden Traurigkeit und Sehnsucht. Und genau wegen seiner Sperrigkeit. 7 Punkte

Douze Points: Portugal bleibt sich mal wieder treu und ignoriert den vermeintlichen Mainstream. Stattdessen setzt man wieder einmal auf ein künstlerisch-modernes, wiewohl weitgehend unverständliches Gesamtkunstwerk. In der Umsetzung auf der Bühne vermag mich das zumindest für knappe zwei Minuten zu fesseln – auch, weil iolanda gleichermaßen faszinierend als auch professionell auftritt und singt. 5 Punkte

Flo: Einmal mehr eine in sich extrem stimmige und schön vorgetragene Nummer aus Portugal. Vor allem der langsame Aufbau vom fast A-cappella-Gesang zum Refrain und die sich steigernde Instrumentation kann auf der Bühne extrem Wirkung entfalten. Die größte Hürde könnte da fast schon das Halbfinale selbst sein, wo allein das Televoting zählt, denn die Jurys werden in diesem balladenarmen Jahr sicher einige Punkte im petto haben. Für das Finale wäre „Grito“ aber aus vielerlei Sicht eine Bereicherung. 7 Punkte

Manu: Von der ersten bis zur letzten Sekunde zieht mich iolanda in ihren Bann – das ging mir schon so, als ich nur das Audio hörte. Umso erfreuter war ich, dass sie es schaffte, dieses Gefühl auch auf die Bühne zu bringen. Der ruhige Beginn voller Harmonie und ihre wunderbare Stimme, der sich ins Ohr fressende Refrain, die melodiös komplett unterschiedliche zweite Strophe voller Drama, Emotionen und interessanten Sounds bis hin zum Befreiungsschrei und dem wieder komplett in sich ruhenden Gesang: Für mich ist „Grito“ das Meisterstück des diesjährigen ESC. Eine Qualität, die einfach ins Finale gehört. Komplett überzeugte 12 Punkte.

Max: Das Land hat nach dem Sieg von Salvador Sobral absolut seinen Weg beim ESC gefunden: sich treu bleiben, auf Authentizität setzen und damit auch gar nicht so schlecht fahren. In diesem Jahr geht es damit prinzipiell munter weiter, auch wenn „Grito“ vermutlich nicht so zugänglich ist wie etwa „saudade, saudade“ und für das breite Publikum etwas sperriger daherkommt. Dennoch mal wieder ein sehr interessanter Beitrag aus Portugal. 7 Punkte

Peter: „Grito“ ist ein eher schwer verdaulicher Schrei. Stark: Die Kantigkeit und dramaturgische Tiefe des Songs, die Stimme von iolanda und vor allem die eindrucksvolle Faceless-Inszernierung im Pina-Bausch-Style ganz in weiß. Nicht so stark: Man kommt nicht rein und eine merkbare Melodie glänzt durch Abwesenheit. 7 Punkte für die Farbe Weiß.

Rick: Tatsächlich war „Grito“ für mich (gemeinsam mit Leo Middea) der einzig brauchbare Song im diesjährigen Festival da Canção, weshalb ich auch denke, dass er eine gute Wahl für den ESC ist. Im Vergleich mit der internationalen Konkurrenz überzeugt mich die Nummer aber einfach nicht so sehr. Dennoch mag ich die artistische Performance und irgendwie auch die Melodie – aber es haut mich halt nicht um. 4 Punkte

Gesamtpunktzahl: 55/96 Punkten.

Beim ESC-kompakt-Index landet „Grito“ auf Platz 20 von 37.

Wie schneidet der portugiesische Beitrag "Grito" von iolanda ab?

  • Bleibt im Halbfinale hängen (36%, 228 Votes)
  • Platz 16-20 (24%, 152 Votes)
  • Platz 21-26 (17%, 108 Votes)
  • Platz 11-15 (17%, 107 Votes)
  • Platz 6-10 (4%, 26 Votes)
  • Top 5 (3%, 18 Votes)

Total Voters: 639

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Bisher erschienene Songchecks:

Erstes Halbfinale

(1) Kroatien: „Rim Tim Tagi Dim“ von Baby Lasagna
(2) Zypern: „Liar“ von Silia Kapsis
(3) Irland: „Doomsday Blue“ von Bambie Thug
(4) Litauen: „Luktelk“ von Silvester Belt
(5) Polen: „The Tower“ von LUNA
(6) Serbien: „Ramonda“ von Teya Dora
(7) Ukraine: „Teresa & Maria“ von alyona alyona & Jerry Heil
(8) Australien: „One Milkali (One Blood)“ von Electric Fields
(9) Aserbaidschan: „Özünlə Apar“ von FAHREE feat. Ilkin Dovlatov
(10) Finnland: „No Rules!“ von Windows95man
(11) Island: „Scared of Heights“ von Hera Björk
(12) Luxemburg: „Fighter“ von TALI
(13) Moldau: „In The Middle“ von Natalia Barbu


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157 Comments
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Felix for ESC since 2000
Felix for ESC since 2000
1 Monat zuvor

Ich bin mit dem Song noch nicht so richtig warm geworden und hatte auch zunächst das Gefühl, dass das trotz der Startnummer vielleicht eng werden könnte mit dem Finale.

Allerdings sind hier doch einige sehr begeistert. Vielleicht gibt es doch genügend Leute, die Portugal am Ende ins Finale bringen!?

ESCforETERNITY
ESCforETERNITY
1 Monat zuvor

Portugal bleibt sich treu – iolanda hat wirklich eine sehr angenehme Stimme, die viel Wärme ausstrahlt. Die Harmonien lullen einem geradezu ein und man wird ganz ruhig – am Schluss bin ich tiefenentspannt, bevor mich der GRITO kurz vor Ende doch noch etwas aufschreckt😉. Das gehört definitiv ins Finale☺️

Last edited 1 Monat zuvor by ESCforETERNITY
David Z
David Z
1 Monat zuvor

Ich mag den Song 😀

EscFan87
EscFan87
1 Monat zuvor

Uiuiui, schwieriger Song. Mal sehen ob was mit dem Finale wird. Kann mit Black Mamba und Maro nicht mithalten

DerKai
DerKai
1 Monat zuvor

Ich bin begeistert! Viele mögen keinen Zugang zu dem Song finden. Das ist völlig nachvollziehbar. Ich hoffe, dass viele wie ich beim ersten Hören ebenso begeistert sind und für iolanda anrufen. Wegen dieser Beiträge liebe ich den ESC! Wenn sie es ins Finale schafft, kann sie neben Fun und Dance-Beiträgen mit dieser feinen Nummer für eine Überraschung sorgen.

ag9
ag9
1 Monat zuvor

Armenien: Wir nehmen Folk in schnell und laut mit guter Stimme!
Portugal: Wir nehmen Folk in langsam und ruhig mit guter Stimme!

Eigentlich gefällt mir „Grito“ sehr, aber nicht immer, deshalb knapp nicht in meinen Top 10…

Ich sähe Iolanda natürlich gerne im Finale, hab aber große Zweifel, dass das bei reinem Televoting klappt.

Schlippschlapp71
Schlippschlapp71
1 Monat zuvor
Reply to  ag9

Na ja, an Folk erinnert mich „Grito“ nicht gerade….

inga
inga
1 Monat zuvor

Langweilig? Sperrig? Keine Melodie? Für mich stimmt hier das Gesamtpaket von der ersten bis zur letzten Sekunde. Ich kann mich Manus Kommentar voll anschließen. Einer der besten Beiträge des aktuellen Jahrgangs.

Leider fühlt sich durch wenig Wumms und Klamauk die große Masse kaum angesprochen. Damit solche Perlen auch eine Chance haben, sich fürs Finale zu qualifizieren, brauchen wir bitte auch in den Semis wieder ganz dringend das Juryvoting!

Ach ja, wer die Melodie nicht findet, darf mich gerne jederzeit anrufen. Ich summe sie euch dann vor. 🙂

DerKai
DerKai
1 Monat zuvor
Reply to  inga

Absolut meine Zustimmung! Wir brauchen iolanda im Finale!

funtasticc
Mitglied
funtasticc
1 Monat zuvor
Reply to  DerKai

Das sehe ich auch so… bin aber pessimistisch. Das ist nicht nur seeehr ruhig und entspannt (was ich wirklich gut finde), aber es braucht einen guten Grund, warum das Lied ins Finale gewählt werden muss. Und den Grund hab ich noch nicht gefunden, der die Massen begeistern könnte. Vielleicht die Inszenierung? Ich würde es mir wünschen.

Schlippschlapp71
Schlippschlapp71
1 Monat zuvor
Reply to  inga

Soll ich mitsingen ? Die portugiesische Sprache ist mittlerweile kein großes Problem mehr für mich….

Immerhin tippt hier nur eine relative Mehrheit auf Semiaus, nicht eine absolute.

Pablo
Pablo
1 Monat zuvor

Amo!

In meiner Top 5

Delta
Mitglied
Delta
1 Monat zuvor

Portugal mochte ich in den letzten Jahren entweder sehr gerne oder der Beitrag nervte mich eher. In diesem Jahr sind wir leider wieder bei zweiteren, obwohl ich durchaus anerkenne, dass das an meinem Geschmack liegt und nicht daran, dass der Song schlecht ist.
Wie dem auch sei, mir ist das ganze zu mhm… künstlerisch ausdrucksvoll. Eine richtige Stimmung und Zugang zu dem Lied finde ich irgendwie nicht.

Das macht von mir 5 von 12 Punkten und einen NQ. Wobei gerade das letztere nichts heißen will, Portugal hat mich häufig genug überrascht 🙂

Last edited 1 Monat zuvor by Delta
Cali
Mitglied
Cali
1 Monat zuvor

Beim ersten Hören habe ich den Song sehr schnell wieder vergessen, mittlerweile konnte ich mich aber damit schon anfreunden. Die Contemp-Tänzer kann man mögen, muss man aber nicht, aber vielleicht bringen sie ja schon die nötige Dynamik in den Auftritt. Ich schätze ihre Stimmfarbe sowie ihre Ausstrahlung auf der Bühne, der Song, naja, flacht zum Ende hin etwas ab. Dennoch als Gesamtpaket ein guter Beitrag aus Portugal – ob es das Finale auch erreicht? Ich kann mir vorstellen, dass es entweder Slowenien oder Portugal schafft. Noch sehe ich eher Slowenien im Finale, die Startreihenfolge bevorzugt jetzt Portugal ein wenig mehr. Wir werden sehen. Viel Erfolg, Portugal!

Prognose: Halbfinale 11/15 (60%)
Meinung: Platz 18/37 (7 Punkte)

dirtsa
dirtsa
1 Monat zuvor

Mir gefällt’s, gerade auch wegen der „Sperrigkeit“ und Andersartigkeit. Leider werden viele es zu langweilig finden, besonders diejenigen die eher was mit „Dancebreak“ bevorzugen, was ich persönlich eher nicht mag.
Daher habe ich mal auf 16-20 getippt.
Ich fände es schade, wenn sie nicht ins Finale käme.

JoBi
JoBi
1 Monat zuvor

Grito habe ich als Ohrwurm im Kopf. Ein Ohrwurm den ich so lala finde. Die Performance ist interessant. Manchmal merke ich das, dass Lied durch seine ruhige Art mich beruhigen kann.

In meinem Ranking ist Portugal auf Platz 31/37
Ich denke das er Platz 16 – 20 im Finale erreicht.

italojeck
italojeck
1 Monat zuvor

Meine portugiesische Gewinnerin 😥

Gerd Geomax
Gerd Geomax
23 Tage zuvor

Portugal ist Portugal bleibt Portugal.
Ein wunderbarer mystischer Song mit Fado-Elementen. Sehr modern und vor allem iolandas Gesang ist sehr ergreifend. Dazu kommt dann noch die sehr gute Choreo, die den Text und den typisch klagenden Gesang sehr gut aufnimmt.
Visuell und akustisch gefällt mir das sehr gut. Da es insgesamt ein wenig zu ruhig ist und stellenweise das immerzu wiederholte Wort „Ainda“ zu einer gewissen Redundanz führt gebe ich eine immer noch sehr gute 8/10.

Halbfinale 1:
1.Litauen 9/10
2. Ukraine 8,5/10
3. Luxemburg 8,5/10
4. Portugal 8/10
6. Irland 7,5/10
7. Polen 7/10
8. Kroatien 7/10
9. Serbien 7/10
10. Aserbaidschan 6,5/10
11. Australien 6/10
12. Zypern 5,5/10
13. Moldau 4,5/10
14. Island 3,5/10
15. Finnland 1/10

Gesamt:
4. Litauen 9/10
6. Ukraine 8,5/10
7. Luxemburg 8,5/10
9. Portugal 8/10
12. Irland 7,5/10
15. Polen 7/10
16. Kroatien 7/10
18. Serbien 7/10
20. Aserbaidschan 6,5/10
25. Australien 6/10
28. Zypern 5,5/10
32. Moldau 4,5/10
35. Island 3,5/10
37. Finnland 1/10

Meine Einschätzung für Malmö: Blöderweise konkurriert „Grito“ mit dem sehr ähnlich angelegten „Ramonda“ aus Serbien. Außer Luxemburg und vielleicht noch Island gibt es keine natürlichen Verbündeten und daher fürchte ich, dass das sehr schwer mit einer Qualifikation, so leid mir das auch tut, da ich „Grito“ besser als „Ramonda“ finde.