
Der Aufgabe einer ESC-Moderation ist nicht jede:r gewachsen – das ist in den vergangenen Ausgaben des Eurovision Song Contest immer wieder aufgefallen. Vor allem in der Fan-Community ist man gegenüber den Hosts besonders kritisch und nicht unbedingt immer zufrieden mit deren Job. Doch wie haben sich die diesjährigen Moderator:innen in Liverpool geschlagen? Wir werfen einen Blick zurück in den Mai und auf die Leistungen von Graham Norton und Co..
Während Schweden und die Rundfunkanstalt SVT bereits vor einigen Wochen Malmö als ESC-Austragungsort 2024 bekannt gegeben haben, ließ man sich in Großbritannien für vieles ein bisschen mehr Zeit. Bis Liverpool als Gastgeber-Stadt feststand, war es bereits Herbst und auch die Hosts des ESC 2023 wurden erst Ende Februar bekanntgegeben. Immerhin überraschte die BBC dabei mit einem beeindruckenden, diversen Line-Up.
An dieser Stelle sei gesagt: wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf die vier „Haupt-Hosts“ des ESC 2023. Kommentator:innen wie Mel Giodroyc oder Timur Miroshnychenko, die auch in der Show selbst kurze Talks mit den Moderator:innen hatten, bewerten wir nicht – auch wenn der Butterstampf-Einsatz von Mel ziemlich unterhaltsam war und anschließend auf der Instagram-Seite des offiziellen Eurovision-Accounts nochmal in einem Post gewürdigt wurde:
Wer sind Alesha, Julia, Hannah & Graham?
Die vier Haupt-Hosts kamen dieses Mal nicht nur aus dem Gastgeberland Großbritannien, sondern bekanntlich auch aus dem Gewinner-Land 2022, der Ukraine. Das Land wurde bei der Moderation durch Sängerin Julia Sanina repräsentiert, die sprachlich an einigen Stellen zwar nicht ganz mit den Kolleg:innen mithalten konnte, was aber auch nicht wirklich störte und authentisch war. Im ersten Halbfinal-Opening konnte Julia zudem gesanglich glänzen. In der Ukraine ist sie mit ihrer Band The Hardkiss seit Jahren eine gefeierte Musikerin.
In den Halbfinals waren Sängerin Alesha Dixon und Schauspielerin Hannah Waddingham an Julias Seite. Alesha ist vor allem durch ihre Tätigkeit als Jurorin von Britian’s Got Talent immernoch ein gefragter Name in Großbritannien. Bekannt wurde sie ursprünglich aber als Mitglied der Girlband Mis-Teeq. Hannah Waddingham wurde für ihre schauspielerische Leistung bereits mit einem Emmy Award ausgezeichnet. Sie machte sich einen Namen unter anderem mit Schauspiel-Rollen in den Serien Game of Thrones, Sex Education und Ted Lasso. Zudem ist sie als Musicaldarstellerin tätig.
Während Graham Norton alle drei ESC-Shows in diesem Jahr für das britische Fernsehen kommentierte, stand er beim großen Finale auch als „Zusatz-Host“ mit auf der Bühne. Er hat seit 2007 mit The Graham Norton Show eine der beliebtesten Talkshows in Großbritannien und begrüßt hier regelmäßig Weltstars wie Madonna, Elton John oder Lady Gaga. Zudem kommentiert Graham schon seit Jahren den ESC für die BBC und trat in mehreren Shows, Serien und Filmen auf.
Eine erfrischend lebendige ESC-Moderation
Insbesondere die Leichtigkeit, die die drei britischen Hosts mit sich brachten, stellte dieses Mal viele Zuschauende zufrieden. Auch in der Fan-Bubble kamen die Moderations-Leistungen der Liverpooler ESC-Ausgabe besser weg als die in den Jahren zuvor. Während man Moderator:innen immer wieder gerne mit Petra Mede und Måns Zelmerlöw verglich, die 2016 eine sehr unterhaltsame und humorvolle Moderation ablieferten, schien es fast so, als haben die diesjährigen Hosts die schwedische Leistung von vor sieben Jahren übertroffen.
Zumindest scheinen die Stimmen nach dem ESC ähnlich zufrieden gewesen zu sein – insbesondere bezüglich Hannah Waddingham. Auch wenn mittlerweile bekannt sein dürfte, dass alle Moderierenden beim ESC von einem Telepromter ablesen und wenig Spontanes in der Show passiert, ließ Hannah vieles sehr locker und mühelos erscheinen. Man konnte – auch in den Proben, die wir als ESC kompakt-Team teilweise mitverfolgen konnten – sehen, wie professionell sie bei der Sache ist.
Mir selbst ist Hannahs Perfektionismus besonders aufgefallen. Als der Übergang zum Drag Queens-Pausenact des zweiten Halbfinals (siehe Video oben) geprobt wurde, wollte sie mehrere Optionen ausprobieren und eine saubere – und vor allem logisch sinnvolle – Szene erarbeiten, durch die der ganze Pausenact erst Sinn ergab. Das Ganze wirkte wie eine Probe für eine hochwertige Theateraufführung.
Auch hervorzuheben ist Hannahs coole Art beim Verkünden der Votingstimmen im Finale. Hier rief das Publikum während der Bekanntgabe der Televoting-Punkte bekanntlich immer wieder den Namen des finnischen Acts, Käärijä. Selbst wenn Hannah und Graham Norton stellenweise etwas verdutzt wirkten, haben sie die schwierige Situation gekonnt überspielt und für einen geschmeidigen Ablauf gesorgt.
Aber auch Alesha Dixon ist von vielen Fans während der gesamten ESC-Woche in den Himmel gelobt worden. Zwar ist sie als reine Sängerin bekannt geworden, dennoch bringt sie genug Charakter mit, um als empathische Moderatorin zu bestechen. So hat sie beispielsweise neben Maltas The Busker und Alessandra aus Norwegen im Greenroom eine Rap-Darbietung hingelegt (siehe unten) und wirkte generell durchweg sympathich.
Meine persönlichen Highlights der Moderation
Besonders gefallen hat mir persönlich, dass Hannah Waddingham zwar wirkte, als sei sie eine Art Anführerin unter den Gastgeber:innen, aber dennoch allen anderen den Raum gab, sich selbst zu beweisen und zu entfalten. Die vier Hosts haben sich super ergänzt und vor allem mit Herz, Hingabe und viel Unterhaltungswert den ESC 2023 zu etwas ganz Besonderem gemacht. Dass das auch bei den Zuschauenden ankam, beweisen nicht nur positive Kritiken, sondern bereits die Rückmeldung in der Liverpooler Arena selbst. Schon als die Moderator:innen auf die Bühne liefen, wurden sie wie Helden gefeiert und umjubelt.
Ein absoluter Höhepunkt und sozusagen die Kirsche auf der Sahnetorte stellt – meiner Meinung nach – immer ein gemeinsamer Gesangsauftritt der jeweiligen Moderator:innen dar. Einen solchen gibt es allerdings nicht jedes Jahr. Umso schöner, dass die vier ESC-2023-Hosts am Ende des finalen Pausenacts (ehemalige ESC-Stars covern britische Hits) gemeinsam mit Duncan Laurence „You’ll Never Walk Alone“ dargeboten haben. Für mich persönlich einer der berührendsten Momente der diesjährigen ESC-Ausgabe, da der Text einfach super zu den ESC-Grundwerten wie Gemeinschaft, Toleranz und Respekt passt. Zudem spiegelte dieser Auftritt auch die Hingabe und Freude der Moderator:innen ganz gut wider.
Ob es am sprachlichen Vorteil lag, den die britischen Moderator:innen dieses Jahr im Gegensatz zu beispielsweise denen aus Portugal 2018 oder Italien 2022 hatten, oder ob sie einfach besser vorbereitet waren, sei dahin gestellt. Fest steht: Viele Fans haben die Leistung der diesjährigen Moderator:innen, auch die von Julia Sanina, gefeiert und vor allem die Lebensfreude und Lockerheit gelobt. Wir sind gespannt, ob die Schweden da nächstes Jahr mithalten können und ob wir tatsächlich ein drittes Mal Petra Mede als ESC-Moderatorin erleben werden.
Wie hast Du persönlich die diesjährige ESC-Moderation wahrgenommen? Haben Dich Graham Norton & Co. auch mehr überzeugt als die Hosts der letzten Ausgaben? Lass uns Deine Meinung gerne in den Kommentaren da.
Bisher in der Serie „Leaving Liverpool“ erschienen:
- Unser Rückblick auf den Eurovision Song Contest 2023
- (1) Mit dem Auto zum ESC 2023 nach Liverpool – und zurück
- (2) Nach dem ESC 2023: Welche Länder könnten 2024 zurückkommen, welche setzen weiterhin aus?
- (3) Frankie Goes To Hollywood, Atomic Kitten, Conchita und Jamala live beim Big Eurovision Welcome
- (4) Neue Erfolgsformel? Mit Dance Break, Leichtigkeit und Sexiness in die ESC-Top-5
- (5) Larger than life: Unsere 4. Staffel ESC kompakt LIVE
- (6) So haben sich Juryvoting und Televoting beim ESC 2023 unterschieden
- (7) Das waren die Fan Favourite Fails und Dark Horses des ESC 2023
- (8) Wie hätte das Ergebnis des ESC 2023 mit den Votingsystemen der Vergangenheit ausgesehen?
- (9) War 2023 die letzte Teilnahme Australiens am Eurovision Song Contest?
- (10) Wie gut haben die Wetten, Leser und Blogger den Ausgang des ESC 2023 vorhergesagt?
- (11) Die Qualifikations-Chancen nach dem ESC 2023
- (12) Die Gastgeberstadt Liverpool lebte den ESC
- (13) Die Streaming-Abschlusstabelle der deutschen Vorentscheidung 2023
- (14) Letzter Platz: Deutsche Promis äußern sich negativ über den ESC
- (15) Ein Koffer auf Abwegen: Die Tücken der Anreise zum ESC 2023
- (16) Voll im Trend: Kondome als Merchandise beim Eurovision Song Contest
- (17) Dance (Our Own Party) – Euro-Clubbing in der ESC-Gastgeberstadt 2023
- (18) Interne Auswahl vs. öffentlicher Vorentscheid: Was hat besser abgeschnitten?
Hannah, Julia und Alesha als Trio waren klasse und das beste was der ESC seit Petra und Måns bekommen hat.
Graham ist prinzipiell immer eine gute Option, aber das hat für mich irgendwie erzwungen gewirkt im Finale.
Auf Biegen und Brechen Graham Norten noch unterbringen.
Hätte es besser gefunden und auch den drei sehr gegönnt wenn sie auch das Finale zu dritt moderiert hätten.
Aber ich habe sowieso ein Problem damit, ein Moderator nur fürs Finale zu buchen – entweder ganz oder garnicht.
Mir haben Alesha und Julia am besten gefallen, beide wirkten finde ich nahbar und natürlich, von mir aus hätten sie das ruhig als Duo moderieren können.
Die allgemeine Begeisterung für Hannah kann ich dagegen nicht so ganz teilen. Auf mich wirkte sie irgendwie sehr streng von der Ausstrahlung her und ihre Versuche lustig zu sein auf mich auch eher bemüht.
Fragt mich auch nicht warum, aber irgendwie stelle ich mir dass Toggies Tante Gertrud so vor. 😉
Ach ja, Graham war auch noch da. Ich fand ihn ehrlich gesagt ziemlich überflüssig und irgendwie auch langweilig.
Kann ich genau so unterschreiben!
@floppy1992
Meinst du meinen Kommentar?? Wenn ja danke dafür. 🙂
Genau. Du hast quasi meine Gedanken perfekt auf den Punkt gebracht. 🙂
Wie alt schätzen wir denn Tante Gertrud? Hannah ist noch nicht mal 50. 😉
@Dina
Auch Tante Gertrud war mal jünger. 😉
Tante Gertrud ist tot!
Bei Tante Gertrud hab ich eher Lys Assia vor Augen 😅
Langweile auf keinen Fall dein Publikum. Diesem Grundsatz wurde das Moderatorenteam – und zwar alle Moderatoren (m/w/d) gemäß ihrem Persönlichkeitsstil auf sehr professionelle und entertainige Art und Weise – sehr gerecht.
Vier Moderatoren waren, sind und bleiben einfach zu viel. Grundsätzlich haben sie es aber ganz gut gemacht, das hat man schon oft schlechter gesehen.
Ich fand Alesha Dixon mit Abstand am besten, sie hat einfach sehr sympathisch und authentisch moderiert. Hannah Waddingham hat sich m.M.n. von Show zu Show gesteigert und im Finale den besten Job gemacht. Sowohl Julia Sanina als auch Graham Nortons zwanghafter Auftritt im Finale fielen dagegen für mich deutlich ab und sahen neben den anderen beiden Moderatorinnen nicht gerade gut aus, was ihre Fähigkeiten als Moderator/-in angeht.
Ich sehe es ganz ähnlich wie einige hier das Graham im Finale überflüssig war. Das soll nicht heißen das er schlecht war. Er hat seine Sache sogar gut gemacht jedoch hätte es ihn ganz einfach nicht gebraucht weil die drei Damen in den Semis schon grandios waren. Und zu Frau Waddingham, also für mich war sie eine der Besten ever
Das war die Briten da als Moderation fabrizierten war nicht mehr als unterer Standard. Absolut unnötig war Graham Norton. Der hätte lieber Moderator der BBC bleiben. Da wären den deutschen Zuhören sein unsäglich dämliches Gequatsche erspart geblieben. Beste Moderation ever ist somit 2011 in Düsseldorf. Diese Moderation hat Standards gesetzt.
Anke und Stefan, die es allen Ernstes für lustig hielten, sich die Zähne auszuschlafen? Judith Rakers, die so fad und uninteressant war, wie eine Judith Rakers eben immer ist?
Nee, nee, das war für mich eher am unteren Ende der Skala. Allein Ankes Charme, speziell während der Punkteverkündung, hat ein totales Fiasko verhindert.
* auszuschlagen (danke, Autokorrektur!)
disneyfan5000 hat Recht. Die Moderationen fielen nicht weiter ins Gewicht, nötiges Übel wegen Umbaupausen, knappst mögliches Verlesen der Regularien – das muss halt sein. Dieser Beitrag auf esc-kompakt.de ist nahezu komplett durchgegendert. Nur bei den „Hosts“ bleibt man beim generischen Maskulinum. Wo bleiben die „Hostessen“? (hi. hi)
Mir hat die gesamte Moderation sehr gut gefallen. Das war in den vergangenen Jahren doch oft sehr viel steifer. Die vier waren locker und wirkten interessiert. Mein ganz besonderer Liebling ist Hannah. Ich fand sie umwerfend. Mein Dreamteam wären Hannah, Petra Melde und Anke Engelke.
Meins auch und dazu noch Nikki Tutorials
Trotz Ausnahmen, bin ich bei der Moderation ja eher für Understatement und sicher, dass das mit weniger Moderatoren auch leichter zu bekommen ist. Vier um die Publikumsgunst heischende Moderator*innen drohen dagegen ständig zu überdrehen, aber irgendwie scheint das Teil des „modernisierten“ ESCs zu sein.
Sorry für diesen früher-war-alles-besser-Post, aber manchmal bin ich eben doch zu alt für die Scheisse.
Man(n) ist nie zu alt!
Das war definitiv eine der besseren Moderationsleistungen. Die notwendigkeit von 4 Moderator*innen verstehe ich aber auch nicht ganz.
Ich schieße hier mal quer, mir hat die Moderation eher mittelmäßig gefallen, ich wurde die ganze Zeit angeschrien (vor allem von Hannah) und das hat mich entschieden genervt!!!
Natürlich waren die (überflüssigen) vier immerhin deutlich besser als die Moderatoren nach dem letzten ukrainischen Sieg…
Und ich hoffe natürlich wieder auf Petra und Mans (den ich als Sänger hingegen weniger mag). Ich mag selten die schwedischen Songs, aber Show können sie ja nun wirklich…
Volle Zustimmung. Ich kann das Geschreie auch nicht mehr ertragen. Ich habe mir in den letzten Wochen einige ältere ESC angeschaut, und damals waren die Gastgeber mMn wesentlich angenehmer. Heute denkt man immer: Bin ich auf dem Fischmarkt?
Man muss aber auch bedenken dass die früheren ESC deutlich kleiner waren was das Publikum angeht.
Beim nächsten Mal den Fernseher leiser stellen und nicht auf volle Lautstärke!
Ich war auch nicht wirklich begeistert von der Moderation. Dass sie Muttersprachler sind, war allerdings ein großer Pluspunkt, gerade im Vergleich zum letzten Jahr.
Vor allem ist für mich aber noch mal ganz deutlich geworden, dass zwei Gastgeber vollkommen ausreichen. Selbst in den Semis fand ich eine der drei immer überflüssig. So viel Moderationstext gibt es beim ESC halt nicht. Mir ist wirklich schleierhaft, warum die Sender (außer SVT) das nicht merken.
Ehrlich sehe ich nicht die Notwendigkeit für 4 Moderatoren. Einer langt. Das haben die Schweden 2013 doch bewiesen, als Petra Mejde alleine moderiert hat.
In Großbritannien hat die neue Staffel der Show „Strictly Come Dancing“ begonnen und da gibt es ESC-Bezug! Angela Rippon, die den ESC 1977 in Wembley moderierte, ist eine der Kandidatinnen.