ESC-Songcheck kompakt 2024 (23) – Schweiz: „The Code“ von Nemo

Copyright: SRF/Ella Mettler

Wettquotendarling Nemo erobert derzeit in Riesenschritten Europa. Vor der Qualifikation für den internationalen Wettbewerb hat sich Nemo in der Schweiz gegen insgesamt 426 Einreichungen durchgesetzt. Jeder Titel wurde von mindestens 240 internationalen Publikumsjurymitgliedern bewertet. Zusätzlich kam eine 30-köpfige internationale Experten-Jury zum Einsatz, die aus Mitgliedern aus 20 Ländern bestand – alle mit ESC-Jury-Erfahrung. Publikums- und Experten-Jury entschieden im Verhältnis 50:50 und schickten fünf Acts ins Bootkamp in Zürich, wo sich schließlich Nemo durchsetzte.

Nemo stammt ursprünglich aus Biel, lebt aber mittlerweile in Berlin. Nemo hat bereits mehrere EPs und Singles veröffentlicht, darunter die Top-10-Single „Du“ im Jahr 2017. Im zugehörigen Video gibt es ein wunderbares ABBA-VHS-Videokassetten-Zitat. Nemo nahm an der zweiten Staffel von „The Masked Singer Switzerland“ teil und war im Frühjahr diesen Jahres bei der Schweizer Ausgabe von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ dabei.

Ende 2023 machte Nemo in einem Artikel der Schweizer SonntagsZeitung öffentlich, nichtbinär zu zu sein. Nemo erklärte, in Bezug auf sich selbst den Namen Nemo anstelle von Pronomen zu bevorzugen, ansonsten das neutrale they/them. Diesen Schritt in die Öffentlichkeit reflektiert Nemo auch im Songtext von „The Code“. „Der ESC bietet mir die Chance, Brücken zwischen unterschiedlichen Kulturen und Generationen zu schlagen – und als genderqueere Person für die ganze LGBTQIA+-Community einzustehen“, erläuterte Nemo in einer Veröffentlichung des SRF.

Das Lied

Wie Nemo selbst hält sich auch der ungewöhnliche Schweizer ESC-Titel nicht an gängige Konventionen und vereint mit Oper, Rap und Drum’n’Bass drei Genres, die theoretisch nicht zusammenpassen, praktisch aber zu einer absoluten Power verschmelzen. „Die Zauberflöte“ ist eine Oper, welche Nemo geprägt hat (wie Nemo uns bei ESC kompakt LIVE verriet), ein entsprechendes musikalisches Papageno-Zitat findet sich auch in „The Code“. Exzellent funktioniert darüber hinaus auch der intelligente autobiographische Text, der „The Code“ eine zusätzliche Faszination verleiht.

Den ESC-Hit „The Code“ hat Nemo gemeinsam mit Linda Dale, Benjamin „Benji“ Alasu und Lasse „NYLAN“ Nymann geschrieben. Die drei Co-Songwriter:innen sind durch ihre Beteiligung an Beiträgen für die norwegische Vorentscheidung Melodi Grand Prix bereits wettbewerbserprobt; Linda Dale kann mit dem von Alessandra performten „Queen of Kings“ sogar einen ESC-Top-5-Erfolg vorweisen.

Der Check

Song: 4/5 Punkten
Stimme: 4/5 Punkten
Darbietung: 5/5 Punkten
Instant Appeal: 5/5 Punkten

Benny: Nemo ist bei mir stark gestartet und hat dann immer weiter zugelegt. Kurz nach Veröffentlichung hätte ich „The Code“ wohl 8 Punkte gegeben, in unsere Songcheck-Liste hatte ich zuerst 10 eingetragen und dann doch noch auf 12 erhöht. Ein toller Beitrag, mit einer starken musikalischen Bandbreite – perfekt gesungen. Großartig! 12 Punkte

Berenike: Nemo hat Glück, dass der Songcheck von „The Code“ relativ spät an der Reihe ist. Am Anfang habe ich nämlich nicht so recht einen Zugang zu dem Lied gefunden, obwohl ich eigentlich auf dem Papier absolut Zielgruppe bin. Theatralisch, camp, eingängig, schillernd, Falsettgesang sind genau mein Ding. „The Code“ hat mir aber lange Zeit nur rational und nicht ausreichend emotional gefallen. Und dann kamen die ersten Live-Performances und der Knoten ist geplatzt. 12 Punkte.

Douze Points: Auch wenn ich mir damit keine Freunde in der Bubble mache: Mir ist das zu viel und zu gewollt. Rational verstehe ich, was alle in „The Code“ sehen bzw. hören. Dennoch holt mich das Lied nicht ab. Mehr ist mehr, aber nicht immer besser. 4 Punkte

Flo: Auch in diesem Jahr bleibt die Schweiz ihrer Strategie treu und schickt eine auffällige und aufwändig arrangierte Nummer. Und das ist wahrlich kein Selbstläufer: Wenn Nemo live nicht abliefert, kann sowas nach hinten losgehen. Die ersten Live-Auftritte waren aber genau das Gegenteil: Auf den Punkt und makellos. Der Aufstieg bis an die Spitze der Wettquoten  istdie Konsequenz. Für mich kein Song auf Dauerschleife, aber einer, der auf der Bühne sehr gut funktioniert. 8 Punkte

Manu: „The Code“ ist ein energiegeladener wilder Ritt durch verschiede musikalische Genres und Gesangstechniken. Das Video passt daher zu 100 Prozent. Für mich besonders beeindruckend ist der Rap-Part, der kann sich durchaus mit aktuellen Ausnahmetalenten wie beispielsweise NF und Ren messen. Klar, der intensive Mix ist (anfangs?) vielleicht etwas herausfordernd, aber wenn die Jurys ihren Job erledigen, dürfte die Schweiz in diesem Jahr wieder weit oben landen. Well done, 12 Punkte

Max: Episch! Der Song pirscht sich heran, der Zuhörer weiß nicht, wohin die Reise geht und was alles auf ihn zukommt. Hohe Oktaven, Speed-Rap, James Bond, Two Step – was hat das Lied eigentlich nicht? Aber der Mix gelingt gut und die sehr verschiedenen Elemente greifen ineinander und verschmelzen einfach zu einem der interessantesten Beiträge in diesem Jahrgang. Alle Achtung Nemo, alle Achtung Schweiz. 12 Punkte

Peter: Hier kann ich nicht gelassen bleiben, seit unserem ESC kompakt LIVE mit Nemo bin ich hingerissen. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass ich in diesem Jahrgang mit einem Twentysomething eine halbe Stunde nonstop über ABBA schwärmen kann, deren Musik Nemo als erstrebenswertes musikalisches „goal“ definiert. Mehr geht nicht. Das vorausgeschickt gefällt mir der wuchtige Genre-Mix von „The Code“ und die großartig wirkende Identität von Nemo mit seinem selbstgeschriebenen Song und die intelligente Verlängerung und Interpretation des Songtextes im Musikvideo. Ich greife ab und zu mal zur 12, aber hier ganz besonders gerne. 12 Punkte

Rick: Ich bin beim ersten Hören nicht mehr aus dem Staunen herausgekommen. „The Code“ klingt einfach so hochwertig und bleibt bis zum Schluss spannend. Die verschiedenen Styles, die Nemo einbaut, sollten eigentlich nicht zusammen funktionieren – dennoch tun sie es. Es ist einfach wie ein Kunstwerk, das unterhaltsam und extrem interessant ist. Man möchte nach den 3 Minuten mehr über Nemo und die Songwriter erfahren. Die Schweiz steckt voller verborgener Talente. Ganz stark! 12 Punkte

Gesamtpunktzahl: 84/96 Punkten.

Beim ESC-kompakt-Index landet „The Code“ auf Platz 4 von 37.

Wie schneidet der Schweizer Beitrag "The Code" von Nemo ab?

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Bisher erschienene Songchecks:

Erstes Halbfinale

(1) Kroatien: „Rim Tim Tagi Dim“ von Baby Lasagna
(2) Zypern: „Liar“ von Silia Kapsis
(3) Irland: „Doomsday Blue“ von Bambie Thug
(4) Litauen: „Luktelk“ von Silvester Belt
(5) Polen: „The Tower“ von LUNA
(6) Serbien: „Ramonda“ von Teya Dora
(7) Ukraine: „Teresa & Maria“ von alyona alyona & Jerry Heil
(8) Australien: „One Milkali (One Blood)“ von Electric Fields
(9) Aserbaidschan: „Özünlə Apar“ von FAHREE feat. Ilkin Dovlatov
(10) Finnland: „No Rules!“ von Windows95man
(11) Island: „Scared of Heights“ von Hera Björk
(12) Luxemburg: „Fighter“ von TALI
(13) Moldau: „In The Middle“ von Natalia Barbu
(14) Portugal: „Grito“ von iolanda
(15) Slowenien: „Veronika“ von Raiven

Zweites Halbfinale

(16) Albanien: „TiTAN“ von Besa
(17) Armenien: „Jako“ von LADANIVA
(18) Österreich: „We Will Rave“ von Kaleen
(19) Tschechien: „Pedestal“ von Aiko
(20) Dänemark: „Sand“ von SABA
(21) Griechenland: „ZARI“ von Marina Satti
(22) Malta: „Loop“ von Sarah Bonnici


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308 Comments
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JoBi
JoBi
1 Monat zuvor

Kennt ihr das? Alle finden ein Lied toll und ihr nicht und versucht herauszufinden warum. So geht mir bei The Code. Ich finde den Song so lala. Aber manchmal fasziniert er mich. Das Musikvideo finde ich super und passt zum Lied. Es würde mich nicht wundern wenn es heißt: „And the Winner of the Eurovision Song Contest 2024 is… …THE SWITZERLAND!“

Ich denke das die Schweiz es schafft Jury und Televoting gleichermaßen zu begeistern und in die Top 5 kommt. Vielleicht sogar gewinnt.

In meinem Ranking ist die Schweiz auf Platz 13/37

Gerd Geomax
Gerd Geomax
22 Tage zuvor

Zumindest von den Wettquoten her der derzeitige Favorit auf den Sieg. Und womit? Mit recht! Nemo schafft es diese wunderbare Reise durch die ESC-Genres der letzten Jahre (Elktropop, P-Opera, Rap, bondeske Ballade und Uptempo) mit ihrem persönlichen Hintergrund zu verknüpfen. Das ist zwar an der ein oder anderen Stelle etwas drüber, wirkt aber nie aufgesetzt. Wir können unseren Süd-Nachbarn wieder einmal dazu gratulieren, hier den richtigen Riecher zu haben, vor allem vor dem Hintergrund, dass Nemos erste Liveauftritte krass gut waren. Ich bin jedenfalls total auf die Bühnenshow gespannt und vergebe freudig in diesem Jahr meine einzige 10/10.

Damit steht es nun so:

2. Halbfinale
1. Schweiz 10/10
5. Griechenland 7,5/10
7. Armenien 6,5/10 
10. Dänemark 6/10
11. Albanien 5,5/10
13. Tschechien 4,5/10
14. Österreich 4/10
16. Malta 2,5/10

Gesamt:
1. Schweiz 10/10
4. Litauen 9/10
6. Ukraine 8,5/10
7. Luxemburg 8,5/10
9. Portugal 8/10
10. Slowenien
12. Irland 7,5/10
13. Griechenland 7,5/10
15. Polen 7/10
16. Kroatien 7/10
18. Serbien 7/10
20. Aserbaidschan 6,5/10
21. Armenien 6,5/10
25. Australien 6/10 
26. Dänemark 6/10
27. Albanien 5,5/10
28. Zypern 5,5/10
31. Tschechien 4,5/10
32. Moldau 4,5/10
33. Österreich 4/10
35. Island 3,5/10
36. Malta 2,5/10
37. Finnland 1/10

Meine Einschätzung für Malmö: ganz sicher in den Top 5, vielleicht tatsächlich nach 1956 und 1988 der dritte Schweizer Sieg, da der Song gleichermaßen gut bei den Jurys als auch bei den Zuschauern ankommen könnte. Aber genauso, wie die Wettquoten in diesem Jahr noch keinen ganz eindeutigen Favoriten herausgegeben haben, könnte es am Ende dann doch auch einer der Mitfavoriten aus Kroatien, den Niederlanden oder Italien sein.

Last edited 22 Tage zuvor by Gerd Geomax